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Deutsche Politiker außer sich: „Für diesen Zoll-Deal sollte von der Leyen zurücktreten“

EU-Chefin Ursula von der Leyen (CDU) machte einen Zoll-Deal mit US-Präsident Donald Trump
EU-Chefin Ursula von der Leyen (CDU) machte einen Zoll-Deal mit US-Präsident Donald Trump Copyright  Jacquelyn Martin/Copyright 2025 The AP. All rights reserved
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Von Zara Riffler
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In der deutschen Wirtschaft und Politik ist man schockiert über den Zoll-Deal, den EU-Chefin Ursula von der Leyen mit Trump verhandelt hat. „Für diesen Zoll-Deal sollte von der Leyen zurücktreten“, sagt ein deutscher EU-Politiker zu Euronews. Der Deal könnte Deutschlands Wirtschaft schaden.

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Der Druck auf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) war groß. Am 1. August wäre die Zoll-Frist von Trump abgelaufen. Druck bekam von der Leyen vor allem aus Deutschland: Von Kanzler Friedrich Merz (CDU).

Merz forderte vor und hinter den Kulissen von der EU-Chefin einen raschen Deal. Der Tenor: Die von Trump angedrohten 30 Prozent-Zölle müssen schnell vom Tisch. Der Bundeskanzler selbst wirkte zunächst zufrieden. "Mit der Einigung ist es gelungen, einen Handelskonflikt abzuwenden, der die exportorientierte deutsche Wirtschaft hart getroffen hätte", sagte er Sonntag.

Montagabend dann folgten plötzlich stärkere Bedenken vom Kanzler. Die vereinbarten Abgaben seien eine "erhebliche Belastung" für die deutsche Wirtschaft.

Das ist der Zoll-Deal:

  • Statt 30 Prozent Strafzölle auf EU-Produkte gilt künftig ein Basiszollsatz von 15 Prozent. Die USA hingegen müssen 0,0 Zoll an die EU zahlen.

    Für die EU bleibt bei Stahl- und Aluminiumimporte der US-Zollsatz bei 50 Prozent.

  • Die EU hat sich verpflichtet, US-Energien im Wert von 750 Milliarden US-Dollar zu importieren. Obendrauf kündigte die EU-Chefin Investitionen europäischer Unternehmen von 600 Milliarden US-Dollar in den USA an.

In der deutschen Politik ist man – Lager übergreifend – außer sich. Das gabs schon lange nicht mehr: Durchgehend aus allen deutschen Parteien hagelt es Kritik, sogar vereinzelnd aus den eigenen Reihen.

Er scheint äußerst zufrieden: Donald Trump
Er scheint äußerst zufrieden: Donald Trump Jacquelyn Martin/Copyright 2025 The AP. All rights reserved

"Aufgrund des Drucks des deutschen Bundeskanzlers hat die EU einem Deal zugestimmt, der grundlegende Prinzipien des regelbasierten Welthandels aufgibt. Statt langfristiger Stabilität schafft die Vereinbarung Unsicherheit", kritisiert Sandra Detzer von den Grünen im Bundestag.

Denn: Das treffe vor allem hart Deutschland! Laut dem Institut für Wirtschaft (IfW) kostet der Deal die deutsche Wirtschaft rund 6,5 Milliarden Euro Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Jahr.

"Das ist ein unzureichender Kompromiss und sendet ein fatales Signal an die eng verflochtene Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks", mahnte Wolfgang Niedermark vom Bundesverband Deutscher Industrie (BDI). Ein Satz von 15 Prozent hätte immense negative Auswirkungen. Ein "zusätzlicher Tiefschlag" sei die fehlende Einigung für Stahlexporte.

"Frau von der Leyen sollte für diesen schlechtesten Deal aller Zeiten zurücktreten"

Auch der deutsche EU-Politiker Fabio De Masi (BSW) ist schockiert. "Dieser schlechte Deal wird wirtschaftlich Europa immens schaden - es ist ein Verrat an Europa. Frau von der Leyen sollte für diesen schlechtesten Deal aller Zeiten zurücktreten", sagt er zu Euronews.

EU-Politiker und Finanzspezialist Fabio De Masi (BSW)
EU-Politiker und Finanzspezialist Fabio De Masi (BSW) BSW

Der Finanzexperte meint: "Während die USA zollfrei in die EU exportieren sollen, werden EU-Exporteure mit einem 15 Prozent Zollsatz belegt. Zusätzlich sollen europäische Unternehmen im Wert von hunderten Milliarden US-Dollar Direktinvestitionen tätigen. Trump überzieht also uns mit neuen Strafzöllen und als Geschek hauen wir ihm die Auftragsbücher mit Käufen von schmutzigen US-Fracking-Gas und Rüstingsgütern voll."

"Ursula von der Leyen hat dem Ansehen und der wirtschaftlichen Stärke der EU geschadet"

Auch die EU-Politikerin Svenja Hahn (FDP) sagt zu Euronews: 15 Prozent Zölle sind besser als die angedrohten 30 – aber ein Erfolg ist der Deal nicht. Höchstens Schadensbegrenzung." Er sei "unausgeglichen zu Lasten der EU, enthält keine substanziellen Erfolge", schwäche den "regelbasierten Handel".

EU-Abgeordnete und Handelsexpertin Svenja Hahn (FDP)
EU-Abgeordnete und Handelsexpertin Svenja Hahn (FDP) Svenja Hahn/Niels Biermann

Die liberale Handelsspezialistin fordert: „Ursula von der Leyen hat mit ihrer schwachen Verhandlungsführung dem Ansehen und der wirtschaftlichen Stärke der EU geschadet, sie muss endlich liefern: Weniger Bürokratie, ein starker Binnenmarkt und echte Fortschritte bei Freihandelsabkommen, allem voran Mercosur.“

"Werde mich im EU-Parlament einsetzen, dass die Vereinbarung verhindert wird"

Der deutsch-polnische EU-Abgeordnete Tomasz Froelich (AfD) meint bei Euronews, dass die getroffene Vereinbarung "kein Deal" ist, sondern "eine Kapitulation der EU". Man habe gar nicht ernsthaft versucht, Druck auf die USA auszuüben.

AfD-Politiker Tomasz Froelich
AfD-Politiker Tomasz Froelich EU Parlament

"Diese Bankrotterklärung steht im krassen Widerspruch zum sonst so großspurigen Auftreten der EU auf internationaler Bühne: Konfrontation in alle Himmelsrichtungen, dadurch kaum noch Optionen insbesondere im Bereich der Energieimporte."

Weiter sagt der erste stellvertretende Leiter der AfD-Delegation in Brüssel: "Ich werde mich im EU-Parlament dafür einsetzen, dass diese demütigende und ruinöse Vereinbarung doch noch verhindert wird."

Kritik aus Regierungsparteien Union und SPD

Aus der Union selbst wagte sich JU-Chef Johannes Winkel nach vorne. "Diese Demütigung Europas durch die USA muss vor allem Anlass zur Selbstkritik sein", mahnte er auf X. "Energiesparen, Bürokratie, ESG statt Innovation, Wachstum, Technologie. Diese politisch gewollte wirtschaftliche Selbstverzwergung muss vorbei sein."

Auch aus der Koalitionspartei SPD wagte sich jemand mit besonders scharfer Kritik vor. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) teilte auf X mit: „Das Schlimmste ist, wie sich unsere EU-Chefin dazu erniedrigen lässt, Trump die Stiefel zu lecken und ihn auch noch als ‚harten – sogar fairen – Dealmaker‘ zu umschmeicheln. Kein Funken Ehre im Leib!“

In Bremen wackeln tausende Stahl-Jobs bei ArcelorMittal. Später nahm der SPD-Politiker seine Aussagen zurück: „Ich nehme das mit der Ehre zurück. War etwas zu hart.

Markus Söder (CSU)
Markus Söder (CSU) Matthias Schrader/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.

Ehrlich gab sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Er lies am Montag durch die Zeilen deutlich mitteilen: So kann es nicht weitergehen. "Mit dem Zoll-Deal­ wurde das Schlimmste verhindert" – DOCH: "Aber: Die Situation ist besonders für die Automobilindustrie nun schwieriger als vorher. Deshalb muss klar sein: In Europa darf es keine zusätzlichen Steuern geben, wie es die EU derzeit plant."

Es bräuchte nun Entlastungen um die Zölle auszugleichen. Söders Kritik in Richtung von der Leyen: "Wir müssen einfach weniger Green Deal machen in Europa, sondern einen Economic Deal.“

Deutlich wurde auch Wirtschaftsexperte und langjährigster deutscher EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU) gegenüber der Bild-Zeitung: „Wenn man bedenkt, dass unser Angebot der vollständige Abbau aller Zölle war, dann ist der Deal kein großer Erfolg. 15 Prozent verteuern europäische Produkte massiv in den USA und werden insbesondere die deutsche Wirtschaft hart treffen. Auch wenn eine Nichteinigung noch teurer geworden wäre, ein guter Deal schaut anders aus.“

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