Argentiniens rechtspopulistischer Präsident Javier Milei hat im Internet die Behauptung aufgestellt, Louis Boyard, ein Politiker der linken Partei "La France Insoumise", habe vor einem Fernsehinterview seine Luxusuhr abgelegt. Stimmt das?
Der französische Politiker Louis Boyard, Mitglied der linken Partei "La France Insoumise" (LFI), dürfte durch diese Geschichte deutlich an Bekanntheit gewonnen haben.
User sozialer Medien und rechte Politiker haben behauptet, Boyard habe seine Luxusuhr vor einem Interview mit dem französischen Sender BFMTV, in dem der Linke die "Ultrareichen" kritisierte, ganz bewusst abgenommen.
Sogar der rechtspopulistische argentinische Präsident Javier Milei verbreitet die Story auf X. Der Post mit einem Clip geht viral und wurde mehr als 7 Millionen Mal aufgerufen. Milei spricht darin von der "Heuchelei der Linken".
Was im Internet behauptet wird...
Die Journalisten von BFMTV beendeten gerade ein Interview mit dem rechtsextremen Politiker Laurent Jacobelli im Parlament in Paris, als Boyard dabei gefilmt wurde, wie er im Hintergrund seine Uhr abnimmt. Das bringt viele Internetnutzer zu der Behauptung, der Linkspolitiker sei dabei ertappt worden, wie er seine Luxusuhr oder seine Rolex ablege.
In Wirklichkeit ist selbst bei maximaler Vergrößerung eines Screenshots von Boyards Handgelenk die Marke der Uhr nicht zu erkennen. Man sieht nur, dass die Uhr ein silbernes Armband und ein schwarzes Zifferblatt hat.
Das hat die Nutzer sozialer Medien jedoch nicht davon abgehalten zu behaupten, Louis Boyard habe eine Luxusuhr verstecken wollen.
Die Anschuldigungen wurden zuerst von einer Reihe von X-Accounts geteilt, die kritisch gegenüber der Linken eingestellt sind, andere stehen ideologisch der Rechten und der extremen Rechten nahe.
Dazu gehören die Konten "YouTubeGauchiste", "Bastion", "Fdesouche" und "Bleu Blanc Rouge".
Auf X haben Nutzer sogar eine Reihe möglicher Rolex-Modelle geteilt, die Boyard getragen haben könnte, ohne sich auf ein Modell zu einigen. Andere zeigen Bilder einer Uhr mit goldenem Armband und schwarzem Zifferblatt, die eindeutig nicht zu dem silbernen Armband mit schwarzem Zifferblatt passen.
Louis Boyard schlägt zurück
In einem Video, das in den sozialen Medien gepostet wurde und bei X mehr als 2,5 Millionen Mal angeklickt wurde, weist Louis Boyard die Behauptungen über die Luxusuhr zurück. Er spricht von einer "Desinformationskampagne", die von den Rechtsextremen im Vorfeld der französischen Präsidentschaftswahlen 2027 inszeniert worden sei.
"Es tut mir leid, Sie zu enttäuschen, aber ich habe keine Rolex, sondern diese Uhr, die 295 Euro kostet. Meine Freunde haben sie mir zu meinem 25. Geburtstag geschenkt, danke, Leute", erklärt Boyard in dem Video, während er die Armbanduhr in die Kamera hält.
"Ich trage [die Uhr] in vielen Videos, aber da ich viel mit den Händen spreche und mich zum Beispiel manchmal am Tisch anstoße, habe ich mir angewöhnt, sie vor Interviews abzunehmen", erklärt Boyard.
Der Post trägt den Titel "Die extreme Rechte redet über meine Uhr, ich stelle die Zeiger auf richtig" (im Sinne von: "ich stelle es richtig").
Auf die Frage, ob die Partei "La France Insoumise" eine Kleiderordnung habe und sich gegen das Tragen von Uhren ausspricht, antwortet Louis Boyards parlamentarischer Assistent, Ismaël El Hajri, gegenüber Euronews, dass dies nicht der Fall sei.
"Es gibt eine Reihe von ideologischen Überzeugungen, die von allen Parteimitgliedern geteilt werden", sagt El Hajri. "Leute, die Rolex-Uhren besitzen, sollten Steuern zahlen und einen nationalen Beitrag leisten, was heute nicht der Fall ist, und das kritisiert unsere Partei."
"Diese Art von Desinformationskampagnen hat Auswirkungen auf Louis' Privatleben; er musste bereits zweimal umziehen, weil seine Adresse durchgesickert war", erläutert der Assistent des Abgeordneten aus der Region Val de Marne bei Paris.
In dem Video zitiert Boyard eine Reihe von Kampagnen, die in den letzten Jahren versucht haben, seinen Ruf zu schädigen. So gab es eine Petition, die 2023 veröffentlicht wurde und Politiker anprangert, die angeblich Drogen konsumieren.
Die Petition, die sich gegen Boyard richtete, wurde auf Change.org von einer Nutzerin mit dem Namen "Carole Delval" gestartet. Diese hat offenbar zugegeben, in ihrer Jugend mit Drogen gedealt zu haben.
Im Februar veröffentlichte die französische Nachrichtenplattform Mediapart jedoch einen Bericht, aus dem hervorging, dass diese Petition offenbar Teil einer Verleumdungskampagne des französischen Medienmoguls Vincent Boloré war, der den Rechtsextremen nahe steht und den Medienkonzerns Canal+ übernommen hat.
Die Petition tauchte auf, nachdem Boyard wenige Monate zuvor Boloré in einer Live-TV-Sendung auf C8, einem Sender der Canal+-Gruppe, kritisiert hatte.