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Wie Desinformation Gewalt gegen Migranten in Spanien befeuert hat

Lokale Polizeibeamte und Vertreter der spanischen Guardia Civil gehen während der Unruhen in Torre-Pacheco am 12. Juli 2025 in Stellung.
Lokale Polizeibeamte und Vertreter der spanischen Guardia Civil gehen während der Unruhen in Torre-Pacheco am 12. Juli 2025 in Stellung. Copyright  Martin C./AP
Copyright Martin C./AP
Von Mared Gwyn Jones
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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In der spanischen Stadt Torre-Pacheco ist es nach einem Angriff auf einen Rentner zu gewaltsamen, rassistischen Ausschreitungen gekommen. Wie Desinformation in den sozialen Medien die Eskalation anheizte, erklärt EuroVerify.

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In Torre-Pachecho im Südosten Spaniens ist am 9. Juli ein Rentner von drei jungen Männern angegriffen worden. Danach brachen in dem Ort fremdenfeindliche, gewalttätige Unruhen aus.

Domingo, das 68-jährige Opfer des Angriffs, sagte, er sei auf seinem routinemäßigen Morgenspaziergang gewesen, als drei Männer auftauchten, von denen sich einer auf ihn stürzte und ihm gegen Kopf, Gesicht und Körper schlug.

Die Polizei schließt einen Raubüberfall als Motiv aus und geht davon aus, dass der Angriff im Rahmen einer "Challenge" in den sozialen Medien gefilmt wurde, die sich gegen ältere Menschen richtete.

Drei Personen nordafrikanischer Herkunft wurden festgenommen. Einer von ihnen, ein 19-jähriger Mann, bei dem es sich vermutlich um den Angreifer handelt, wurde in der baskischen Provinz Gipuzkoa bei dem Versuch festgenommen, nach Frankreich zu fliehen.

Der Vorfall löste zwei Nächte der Proteste aus, die rasch in gewalttätige Ausschreitungen umschlugen. Berichten zufolge zogen Gruppen auf der Suche nach Personen ausländischer Herkunft durch die Straßen. Trotz eines verstärkten Polizeiaufgebots wurden mehrere Menschen verletzt.

Rechtsextreme, migrationsfeindliche Gruppen wie "Deport Them Now" haben zu Angriffen auf Menschen nordafrikanischer Herkunft aufgerufen. Ein spanischer Anführer der Gruppe, der nur unter den Initialen C.L.F. bekannt ist, wurde wegen des Verdachts der Anstiftung zur Gewalt in der Provinz Barcelona festgenommen.

Seine Verhaftung ist eine von mindestens 14 im Zusammenhang mit den Unruhen, bei denen Berichten zufolge Geschäfte von Einwohnern ausländischer Herkunft, darunter ein Kebab-Laden, verwüstet wurden.

In Torre-Pacheco leben rund 40.000 Einwohner, von denen nach Angaben des Statistikamtes der Regionalregierung von Murcia 6.829 afrikanischer Herkunft sind.

Die Bilder der Verletzungen sind echt. Ein Video aber, gibt es nicht

Die Bilder des blutverschmierten Gesichts von Domingo, dem 68-jährigen Opfer des Angriffs, haben sich im Internet verbreitet. Diese Bilder sind echt und zeigen das Ausmaß und die Schwere seiner Verletzungen.

Ein Video, das im Internet kursiert und angeblich den Angriff zeigt, hängt nicht mit dem Vorfall zusammen. Auch prominente Politiker, darunter der Vorsitzende der Anti-Establishment-Partei SALF, teilten das irreführende Video.

Im Internet kursiert ein Video, das angeblich den Angriff in Torre-Pacheco zeigt. Es war aber ein anderer Vorfall.ein Fake.
Im Internet kursiert ein Video, das angeblich den Angriff in Torre-Pacheco zeigt. Es war aber ein anderer Vorfall.ein Fake. Euronews 2025

Sowohl das Opfer Domingo als auch die örtlichen Behörden haben bestätigt, dass die Täter den Angriff zwar gefilmt haben, es sich aber nicht um das entsprechende Video handelt.

Inzwischen hat sich herausgestellt, dass das viel verbreitete Video tatsächlich einen Angriff auf einen anderen Mann aus Almería zeigt, einer Stadt etwa 200 km von Torre-Pacheco entfernt.

In einem Video-Statement, das auf Instagram auf dem Account @josemoya6422 veröffentlicht wurde, bestätigt der Mann, dass das Video ihn zeigt, er hält die Kleidungsstücke, die er während des Angriffs trug, als Beweis hoch.

"Ich komme aus Almería (...), das sind zwei verschiedene Angriffe", erklärt der Mann. In einem anderen Beitrag gibt er an, dass zwei Jugendliche wegen des Angriffs auf ihn bereits in Untersuchungshaft sitzen würden. Er teilt auch einen Link zu einem Artikel einer Lokalzeitung vom 31. Mai 2025, der mit seiner Darstellung der Ereignisse übereinstimmt.

Bislang gibt es keine verifizierten Aufnahmen des Angriffs auf Domingo, aber die Fotos, die die Verletzungen zeigen, sind echt.

Irreführende Videos zeigen angeblich die Unruhen

EuroVerify und spanische Faktenprüfer haben eine Reihe weiterer Videos ausfindig gemacht, die irreführenderweise im Zusammenhang mit den Unruhen in Torre-Pacheco verbreitet werden.

Von einem häufig geteilten Video wird behauptet, es zeige eine Gruppe junger Migranten, die einen älteren Mann auf der Straße in der Stadt angreifen.

Eine Bildersuche ergibt jedoch, dass das Video 2021 in Guadalajara in Mexiko entstanden ist. Seitdem wird es immer wieder zur Desinformation im Zusammenhang mit jungen Migranten genutzt.

Ein anderes Video zeigt, wie Menschen Gegenstände auf spanische Polizisten werfen, während Männer auf der Straße verhaftet werden. In sozialen Netzwerken wird behauptet, es handele sich um Aufnahmen aus Torre-Pacheco. Die Szene ereignete sich jedoch Anfang des Monats in der spanischen Stadt Torrevieja.

Lokale Behörde brachte Kriminalität nicht mit Migration in Verbindung

Im Internet kursiert auch eine gefälschte Mitteilung des Rathauses von Torre-Pacheco, in der angeblich zu einem Protest gegen die "Unsicherheit" in der Gemeinde aufgerufen wird, die auf Vorfälle zurückzuführen sei, bei denen "Migration" ein "gemeinsamer Nenner" sei.

Im Internet kursiert ein gefälschtes Dokument, das angeblich vom Rathaus in Torre-Pacheco veröffentlicht wurde
Im Internet kursiert ein gefälschtes Dokument, das angeblich vom Rathaus in Torre-Pacheco veröffentlicht wurde Euronews 2025

Das Dokument ist jedoch eine Fälschung. Die Stadt Torre-Pacheco bestreitet, dass es jemals existiert hat. Dennoch verbreitete sich das Dokument schnell auf Telegram und wurde auch von russischen Medien verbreitet.

Tatsächlich organisierte das örtliche Rathaus nach dem Angriff auf Domingo eine Versammlung, wie sich auf der offiziellen Website nachlesen lässt.

Die örtlichen Behörden haben nach dem Angriff eine Protestveranstaltung gegen die "jüngsten kriminellen Vorfälle" einberufen.
Die örtlichen Behörden haben nach dem Angriff eine Protestveranstaltung gegen die "jüngsten kriminellen Vorfälle" einberufen. Ayuntamiento de Torre Pacheco

Auf dem Plakat ist zu lesen, dass die Versammlung "gegen die jüngsten kriminellen Vorfälle in der Gemeinde" stattfand. Migration als angeblicher gemeinsamer Nenner der Straftaten findet hier jedoch keine Erwähnung.

Behörden gehen gegen Desinformation vor

Das Schüren von Hass auf sozialen Plattformen spielte nach Angaben der spanischen Behörden eine Rolle beim Aufflammen der Spannungen in Torre-Pacheco.

Euroverify hat in zwei Telegram-Gruppen, die mit der rechtsextremen Gruppe "Deport Them Now" in Verbindung stehen, mehrere Nachrichten gelesen, in denen dazu aufgerufen wurde, Migranten in der Stadt "zur Strecke zu bringen". Während der Ausschreitungen wurden die Gruppen von den Behörden gesperrt.

Polizeiquellen teilten der spanischen Zeitung El Mundo mit, dass "Hunderte" radikaler Extremisten nach Torre-Pacheco gereist seien, um an den Ausschreitungen teilzunehmen, nachdem sie online mobilisiert worden waren.

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