Fast Fashion: Modemarken müssen umdenken für nachhaltiges Wachstum

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Von Guy Shone, Laila Humairah, Sabine Sans
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Der rasante Aufstieg der ultraschnellen Mode verursacht nicht nur alarmierende Umweltschäden, sondern vergrößert auch Lohnunterschiede und alarmiert Käufer.

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In dieser Folge von The Exchange geht es um die Modeindustrie und das wachsende Problem der Fast Fashion. Darüber sprechen wir mit dem Geschäftsführer der Lenzing Gruppe, einem Unternehmen, das seit mehr als 50 Jahren nachhaltige Stoffe herstellt. Das Flaggschiff der Lenzing Gruppe, die textile Premiummarke TENCEL, hat Kunden aus dem Mittel- und Luxussegment, darunter H&M, Guess und Levi's. Euronews-Reporterin Laila Humairah stellt die erste Modemarke in Katar vor, die Kleidung aus Stoffen herstellt, die vollständig aus Plastikflaschen bestehen. Und Achim Berg, Senior Partner bei McKinsey im Bereich Luxusmode, erklärt, was es bedeutet, im Metaverse digitale Kleidung zu besitzen.

Die Modeindustrie ist ein 2,8 Billionen Euro schweres Monstrum, das alles von Kleidung über Taschen und Schuhe bis hin zu Sportbekleidung umfasst. Der große Geldmacher ist jedoch die Fast Fashion: die schnelle Produktion von Kleidung, die zu Tiefstpreisen verkauft wird.

Fast Fashion hat einen hohen ökologischen Preis

Der Markt wird täglich mit Tausenden neuen Designs überschwemmt, was ihn zu einem lukrativen Segment macht. Aber das Ganze hat einen hohen ökologischen Preis

Zu den bekannten Fast-Fashion-Marken gehören Zara, H&M, UNIQLO, GAP, Forever 21 und TopShop. Laut einem Bericht der Ellen MacArthur Foundation, einer in Großbritannien ansässigen Wohltätigkeitsorganisation, die sich für eine Kreislaufwirtschaft einsetzt, wird in den USA jede Sekunde das Äquivalent eines Müllwagens mit Kleidung auf Mülldeponien entsorgt oder verbrannt. Dem Bericht zufolge gehen jährlich schätzungsweise 475 Milliarden Euro durch Kleidung verloren, die kaum getragen oder nicht recycelt wird.

Insgesamt wirft die Industrie jedes Jahr 92 Millionen Tonnen Textilabfälle weg. Und sie verbraucht 93 Milliarden Kubikmeter Wasser. Das reicht aus, um den Bedarf von fünf Millionen Menschen zu decken.

Umweltfreundliche Stoffe

Eine der effektivsten Möglichkeiten, ethische Kleidung herzustellen, ist die Beschaffung umweltfreundlicher Stoffe, und ein Unternehmen, das seit mehr als 50 Jahren im Faser- und Textilgeschäft tätig ist, ist die Lenzing Gruppe. Vielleicht haben Sie beim Kauf eines Kleidungsstücks schon einmal bemerkt, dass es mit einem TENCEL-Etikett versehen ist. Das ist Lenzings textile Premiummarke, die in einem geschlossenen Herstellungsprozess produziert wird, um die Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren. 

Laut Stephan Sielaff, Vorstandsvorsitzender der Lenzing Gruppe, hat die Industrie noch einen langen Weg vor sich, um nachhaltig zu werden.

"Es ist immer gut, in Zahlen zu denken, und Null ist natürlich ein Ziel, wenn man über Kohlenstoffneutralität spricht", sagt er. "Aber sehen Sie sich an, wo wir heute stehen. Die Industrie hat aktuell eine Recyclingrate von einem Prozent. Wir als Industrie haben noch einen langen Weg vor uns, und das beginnt auch mit Ihnen und mir als Verbraucher. Wir müssen die richtigen Entscheidungen treffen: weniger, gute Qualität kaufen, weniger waschen - ich meine, die Kleidung, nicht uns -, diese Richtung einschlagen. Dann können wir gemeinsam die Industrie zu einer sehr geringen Abfallmenge bewegen."

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Stephan Sielaff, Geschäftsführer der Lenzing Gruppeeuronews

Um den Abfall in der Modeindustrie zu reduzieren, müssen also sowohl die Marken als auch die Verbraucher bewusste Entscheidungen treffen.

Verwandlung von Plastikflaschen in Kleidung

In Katar gewinnt die nachhaltige Mode in einer Branche an Bedeutung, die Doha als Modehauptstadt der Region etablieren will. Es gibt eine wachsende Gemeinschaft von Öko-Fashionistas, die sich mit bequemer, funktioneller, modischer und nachhaltiger Kleidung verantwortungsbewusst ins Rampenlicht drängen wollen.

RSPR ist die erste Bekleidungsmarke in Katar, deren Kollektion vollständig aus recycelten Plastikflaschen hergestellt wird.

Die Gründerin Rina Saleh verwendete den antimikrobiellen Stoff erstmals zu Beginn der Pandemie zur Herstellung von Masken. Bestellungen des katarischen Königshauses machten ihre Marke schlagartig bekannt.

"Es liegt in unserer Verantwortung, Verbraucher über die Vorteile aufzuklären und ihnen klar zu machen, dass man auch mit einer umweltfreundlichen, ethischen Modewahl modisch oder cool sein kann", sagt RSPR-Gründerin Rina Saleh.

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RSPR-Gründerin Rina Saleheuronews

Tausende Masken später hat die Unternehmerin die Activewear-Linie RSPR auf den Markt gebracht, die inzwischen in den Regalen von Harvey Nichols und Galéries Lafayette in Doha zu finden ist.

Es war nicht einfach, einen kosteneffizienten Weg zu finden, Plastikflaschen in Kleidung zu verwandeln, aber Rina Saleh plant bereits eine zweite RSPR-Kollektion, deren Erlös sozialen Zwecken auf der ganzen Welt zugute kommen soll. 

Man findet immer mehr nachhaltige Mode in Katar. Gymnasiasten starteten das Projekt Upcycle. Ihre Initiative wurde kürzlich von THIMUN Qatar mit dem Global Act with Impact Awards (GAIA)  ausgezeichnet, weil sie alten Kleidungsstücken neues Leben einhaucht. Es muss noch mehr getan werden, um Fast Fashion abzuschaffen. Diese Schüler zeigen, dass sie dafür gerüstet sind. 

Virtuelle Kleidung im Metaverse

Genau wie in der Welt der Kunst und des Investments, sind NFTs (Non-fungible token) und das Metaverse auch in der Modewelt in aller Munde. Marken und große Einzelhandelsunternehmen sind auf den Trend aufgesprungen und bieten exklusive Kleidung in der virtuellen Welt an. Digitale Plattformen sind wichtige Wachstumsmotoren, aber können sie auch dazu beitragen, der Fast Fashion ein Ende zu bereiten? 

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Achim Berg ist Senior Partner bei McKinsey. Er ist außerdem Mitherausgeber des jährlichen McKinsey-Berichts "State of Fashion"euronews

Achim Berg ist Senior Partner bei McKinsey. Er ist außerdem Mitherausgeber des jährlichen McKinsey-Berichts "State of Fashion". Er antwortet auf die Frage, ob der Besitz von Kleidung im Metaverse der Fast Fashion den Rang ablaufen kann? 

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"Das ist eine gute Frage, denn der große Elefant, der im Raum steht, ist, ob Wachstum und Nachhaltigkeit kompatibel sind. Beim Metaversum ist das ganz klar. Das könnte sehr nachhaltig sein, weil es digital ist. Es gibt eindeutige Wachstumschancen auf der digitalen Seite, aber es muss auf nachhaltige Weise geschehen. Und die Nachhaltigkeit muss auf eine Art und Weise erfolgen, die vom Kunden geschätzt wird und andererseits für Marken immer noch eine realisierbare Geschäftsmöglichkeit darstellt."

Konsumverhalten kehrt auf das Niveau vor der Pandemie zurück

Nach ein paar schwierigen Jahren ist man in der Modeindustrie auf dem besten Weg, ein Konsumverhalten wie vor der Pandemie zu beobachten, was sich positiv auf den Gesamtumsatz auswirkt. 

Aber der rasante Aufstieg der ultraschnellen Mode verursacht nicht nur alarmierende Umweltschäden, sondern vergrößert auch Lohnunterschiede und alarmiert Käufer. Modemarken müssen anfangen, ethische Praktiken ernst zu nehmen, wenn der Sektor nachhaltig wachsen soll.

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