Homeoffice: Müssen Arbeitnehmer:innen bald wieder ins Büro gehen?

Viele Arbeitnehmer:innen arbeiten auch 2023 noch aus dem Homeoffice. Damit könnte bald Schluss sein.
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Von Giulia Carbonaro
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Viele Unternehmen fordern ihre Mitarbeiter:innen auf, ins Büro zurückzukehren - Arbeitnehmer:innen sträuben sich dagegen.

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Mehr als drei Jahre, nachdem die Arbeit von zu Hause aus während der COVID-19-Pandemie zur Regel wurde, wendet sich der Trend wieder. Mehrere Unternehmen fordern ihre Mitarbeiter:innen auf, ins Büro zurückzukehren, und große Firmen der Tech-Branche verurteilen die Arbeit im Homeoffice sogar.

Im Mai erklärte der Geschäftsführer von OpenAI, Sam Altman, dass das Homeoffice ein "gescheitertes Experiment" sei. Er sprach von einem der "schlimmsten Fehler der Tech-Industrie seit langem" und behauptete, dass die Arbeit von zu Hause der Kreativität schade, insbesondere bei Start-ups.

Im März erklärte Elon Musk den Mitarbeiter:innen von Twitter, dass das Büro "nicht optional" sei.

Im Juni teilte Google seinen Mitarbeiter:innen mit, dass sie mindestens drei Tage pro Woche im Büro verbringen müssten und dass die Anwesenheit im Büro bei der Leistungsbeurteilung positiv berücksichtigt würde, wie das Wall Street Journal zuerst berichtete.

Einige der größten Zeitungen der Welt, wie zum Beispiel die New York Times, haben in diesem Jahr Kolumnen veröffentlicht, in denen behauptet wird, dass das Homeoffice junge Arbeitnehmer:innen im Stich lasse und ihnen das Gemeinschaftserlebnis eines gemeinsamen Arbeitsplatzes vorenthalte.

Aber ist das Home Office wirklich gescheitert?

"Auf keinen Fall", sagt Mansoor Soomro, Dozent für Nachhaltigkeit und internationale Wirtschaft an der Universität Teesside in Großbritannien, gegenüber Euronews.

"Ausgehend von den Umfragen, den Treffen und Interviews, die wir durchführen, ist es nicht gescheitert. Das Homeoffice wird nicht verschwinden", bekräftigt er.

Was ist also wirklich los? Expert:innen zufolge ist die Situation komplizierter als die Frage, ob das Homeoffice-Projekt gescheitert ist oder nicht.

Homeoffice neu verhandeln

"Was während COVID-19 geschah, führte zu der anfänglichen Auffassung, dass sich die Dinge nach der Pandemie erheblich ändern würden, dass es diesen Schritt hin zu mehr Homeoffice geben würde und dass es keine Möglichkeit gäbe, das Blatt zu wenden", erklärt Mark Stuart, Dozent an der Leeds University Business School, gegenüber Euronews.

Während die Arbeitgeber:innen mit der Idee, dass Arbeitnehmer:innen zu Hause bleiben, zunächst "recht zufrieden" waren, so Stuart, war in den letzten 12 Monaten zu sehen, dass die Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen zunehmend auffordern, ins Büro zurückzukehren.

"Was jetzt passiert, ist ein Prozess der Neuverhandlung zwischen Arbeitgebern und ihren Arbeitnehmern darüber, wie die Arbeit im Homeoffice in Zukunft aussehen soll", sagt Stuart.

Es gibt zwar Arbeitnehmer:innen, die noch nie von Zuhause aus arbeiten konnten, nicht einmal während der Pandemie, aber es gibt auch viele Unternehmen, die flexible Vereinbarungen mit ihren Mitarbeiter:innen getroffen haben und sie entweder in Vollzeit oder in Teilzeit von zu Hause aus arbeiten lassen.

Diejenigen, die aus dem Homeoffice arbeiten, schätzen die wegfallende Pendelei, die gesparten Kosten für den Weg ins Büro und sogar die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, so Stuart, während diejenigen, die lieber im Büro arbeiten, die Geselligkeit, die Vernetzung und die Spontaneität schätzen.

Homeoffice oder Rückkehr ins Büro?

Stuart ist der Ansicht, dass die Neuverhandlung der Arbeit von zu Hause zu "verschiedenen Spannungen" zwischen Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen führen wird. Diese Spannungen werden sich in der derzeitigen Belastung der Arbeitnehmer:innen in verschiedenen Branchen niederschlagen, die gegen stagnierende Löhne protestieren, die nicht mit der Inflation Schritt gehalten haben.

"Aber vieles davon wird auf lokale Vereinbarungen und unterstützende Vorgesetzte zurückzuführen sein", sagt er. "Die Vorgesetzten müssen sich daran gewöhnen, dass ihre Teams und Mitarbeiter nicht ständig im Büro sind und aus der Ferne arbeiten, aber es muss eine Art gegenseitige Akzeptanz geben."

Stuart hält es für wahrscheinlicher, dass die Neuverhandlung des Homeoffice zu einem Kompromiss zwischen den Wünschen der Arbeitnehmer:innen - mehr Arbeitstage von zu Hause aus - und den Forderungen der Arbeitgeber:innen - mehr Tage im Büro - führen wird.

Soomro ist der festen Überzeugung, dass die Arbeit aus dem Homeoffice auf Dauer Bestand haben wird.

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"Die Menschen sind umgezogen, und sie wollen nicht mehr pendeln", erklärt er. "Die Menschen haben sich an die neu entdeckte Flexibilität gewöhnt und wollen sie nicht mehr aufgeben".

Um das Büro für Arbeitnehmer:innen attraktiver zu machen, müssen die Unternehmen Vergünstigungen anbieten und "den Ort gemütlicher gestalten", so Soomro - aber eine massenhafte Rückkehr aller Arbeitnehmer:innen scheint vorerst unwahrscheinlich.

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