Im November 2000 dockten erstmals drei amerikanische und russische Astronauten an der Internationalen Raumstation an. Euronews blickt auf die bedeutendsten Momente der ISS zurück - und auf das nahende Ende ihrer Mission.
Am 31. Oktober 2000 starteten drei Astronauten aus den USA und Russland in Kasachstan zu einem zweitägigen Flug ins All. Ihr Ziel: eine 109 Meter lange Station, die über der Erde schwebt.
Die Besatzung von Expedition 1 sollte die neue Internationale Raumstation ISS zum Leben erwecken. Dafür taten sie, was noch niemand getan hatte: vier Monate im Orbit bleiben und Lebenserhaltungs- und Kommunikationssysteme für einen Langzeitaufenthalt aufbauen.
In den vergangenen 25 Jahren besuchten mehr als 290 Menschen aus 26 Ländern die Raumstation. Meist waren es Profi-Astronauten. Manchmal kamen aber auch Weltraumtouristen und sogar Filmregisseure vorbei.
Das Weltraumlabor beherbergte mehr als 4.000 Experimente von über 5.000 Forschenden aus 110 Ländern, so die US-Raumfahrtbehörde NASA.
Es ist auch die wichtigste Trainingsstätte für Missionen in den Tiefraum. Astronauten bereiten dort die kommenden Artemis-Missionen vor, die erstmals seit mehr als 50 Jahren Menschen wieder auf die Mondoberfläche bringen sollen. Wenn alles klappt, geht es weiter zum Mars.
Euronews Next blickt auf die Geschichte der ISS zurück, zum 25-jährigen Jubiläum des Lebens im All.
Wie entstand die ISS?
Das ISS National Laboratory führt die Idee auf denselben Traum zurück, den viele Raumfahrtpioniere heute haben: im All leben.
Schon in den 1950er-Jahren begann die US-Regierung mit diesem Ziel. Sie entwarf eine modulare Orbitalstation, die Besatzungen aufnehmen und Raumfahrzeuge auf dem Weg zu einer dauerhaften Mondbasis betanken sollte.
In den 1960er-Jahren verfolgten sowohl die USA als auch Russland eigene Vorstellungen davon, wie eine Raumstation aussehen könnte.
1984 gab US-Präsident Ronald Reagan grünes Licht, stellte Mittel bereit und holte Partner in Europa, Kanada und Japan an Bord, so das Labor.
George Abbey, zur Entwicklungszeit der ISS Direktor des Johnson Space Center der NASA, sagte 2020 zum 20. Jahrestag, die Russen hätten den Amerikanern erlaubt, fast 1.000 Tage im Orbit an Bord ihrer Raumstation Mir zu leben.
Von 1994 bis 1998 bereitete das Programm Shuttle-Mir den Weg für die ISS und leitete eine Ära der Zusammenarbeit und Erkundung im All ein, erklärte die NASA.
Europas Rolle
Die Europäische Weltraumorganisation ESA stieg 1988 ein und unterzeichnete eine Absichtserklärung mit der NASA.
Die ESA baute zwei Elemente der Station, darunter das Europäische Columbus-Labor. Es ist auf Forschung in Physik, Materialwissenschaften und Lebenswissenschaften spezialisiert. Außerdem entwickelte sie mehrere Automated Transfer Vehicles (ATV), also Versorgungsraumschiffe, die bis zu sieben Tonnen Fracht, wissenschaftliche Nutzlasten und Treibstoff zur ISS brachten.
Europa steuerte zudem Ausstattung und Design bei. Nach Angaben der Agentur wurden mehr als ein Drittel der Druckmodule der Station von europäischen Zulieferern entworfen und gebaut.
Ergebnis dieser internationalen Zusammenarbeit, einschließlich des ESA-Beitrags, ist das größte menschengemachte Objekt, das je die Erde umkreist.
Die NASA beschreibt die ISS als größer als ein Haus mit sechs Schlafzimmern. Es gibt zwei Badezimmer, einen Fitnessraum und ein 360-Grad-Panoramafenster. Das Druckvolumen beträgt 1.005 Kubikmeter, die Masse fast 420.000 Kilogramm.
25 Jahre Erinnerungen
Die ISS war in den vergangenen 25 Jahren Bühne für historische und persönliche Momente. Einer der ersten Astronauten an der Station, der Russe Yuri Malenchenko, heiratete 2003 seine Frau Ekaterina Dmitriev aus 380 Kilometern Höhe.
2004 hörte der US-Astronaut Mike Fincke von der ISS aus zu, wie seine Frau nahe Houston, Texas, die gemeinsame Tochter Tarali zur Welt brachte. Im indischen Dialekt der Familie seiner Frau bedeutet Tara „Stern“.
Auch Tragödien trafen die Menschen an Bord. Der Amerikaner Daniel Tani trauerte 2007 aus der Ferne, als ihn die Bodenkontrolle darüber informierte, dass seine 90-jährige Mutter bei einem Autounfall gestorben war.
2011 erfuhr der US-Astronaut Scott Kelly, dass seiner Schwägerin, die US-Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords, in den Kopf geschossen worden war und sie überlebt hatte.
Eine der jüngsten ISS-Missionen blieb besonders in Erinnerung. 2024 starteten die Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams zur ISS, um Boeings neue Starliner-Kapsel zu testen. Geplant war eigentlich nur eine Woche.
Sie blieben jedoch mehr als neun Monate auf der Station, wegen Sicherheitsbedenken gegen die Kapsel. Am Ende beauftragte die NASA SpaceX, das Elon Musk gehört, die beiden zurück zur Erde zu bringen.
Die meisten Menschen, die die Station besuchten, trugen die Flagge ihres Landes. Doch einige Enthusiasten bezahlten ihren Weg ins All selbst.
Der erste Weltraumtourist, der kalifornische Milliardär Dennis Tito, flog 2001 mit den Russen ins All, trotz Einwänden der NASA. Die Russen nahmen weiter private Kundschaft mit, darunter 2021 ein Filmteam, das zur Station aufbrach.
Die Station empfängt weiterhin neue Crews. Im Juni wurden die ersten Astronauten seit Jahrzehnten aus Indien, Polen und Ungarn an Bord begrüßt, zusammen mit Peggy Whitson, der ersten Kommandantin der Station.
Auf der ISS laufen auch Tausende Forschungsprojekte. Durch Tests an Bord entwickelten Wissenschaftler Lebenserhaltungssysteme, die auf kommerziellen Flügen zwischen Raumstationen für die kommenden Artemis-Missionen eingesetzt werden können, erklärte die NASA.
Forschende zogen mehr als 50 Pflanzenarten auf, darunter Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte. Sie testen, wie sich der Anbau so skalieren lässt, dass Leben im All ohne Nachschublieferungen möglich wird.
Astronauten trieben außerdem den 3D-Druck von Werkzeugen und Ersatzteilen voran.
Das Ende der ISS
Die ISS nähert sich dem Ende ihrer Lebensdauer. NASA, Russlands Roskosmos und die übrigen Partnerstaaten planen, die Station kontrolliert aus dem Orbit zu holen.
Grund ist die begrenzte „technische Lebenszeit“ der Station. Sie leidet unter der großen Zahl von An- und Abkopplungen in 25 Jahren Betrieb, ebenso unter extremen Temperaturwechseln im All, so die NASA.
Russland arbeitet mit den Amerikanern bis 2028 an der ISS weiter. Die USA werden das gesamte System nach der Außerdienststellung 2030 aus dem Orbit holen.
Nach Angaben der NASA ersetzen die USA die ISS durch kommerziell betriebene Plattformen im Orbit, für künftige Missionen zum Mond und zum Mars.
Außer Dienst gestellt wird die Station, indem sie zunächst näher an die Erde abgesenkt wird. Danach folgt eine Wiedereintrittsmission, die sie in ein unbewohntes Meeresgebiet steuert.
Laut Associated Press zahlt die NASA SpaceX fast 1 Milliarde US-Dollar (866 Millionen Euro), um die Raumstation Anfang 2031 aus dem Orbit zu schieben. Das Unternehmen wird eine schwere Kapsel starten, die an der Station andockt und sie zu ihrem Absturzgebiet im Pazifik steuert.
Europa bleibt seinerseits in niedrigen Erdorbits (LEO) aktiv, etwa mit Terrae Novae, einem Erkundungsprogramm, das Roboter vor Menschen zum Mond und zum Mars schickt.
Zudem sucht die ESA Industriepartner und Verträge für Bordausrüstung, um die wissenschaftliche Arbeit europäischer Forschender im All zu unterstützen.