Libyen vor der Wahl: Kampf der Korruption?

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Von Euronews
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Euronews spricht mit Fatima Hamroush. Sie ist Gesundheitsministerin der libyschen Übergangsregierung.

Ali Sheikholeslami, Euronews: Frau Ministerin, bei Ihrem Amtsantritt im November 2011 haben Sie die Korruption in Ihrem Land kritisiert. Wie ist die Lage heute?

Fatima Hamroush: Ich sprach damals von Betrug am Ministerium für Gesundheit. Da ging es um Ausgaben für Unterhalt, Austattung und Medikamente. Die meisten Verursacher stammten natürlich aus den Reihen der vorigen Regierung. Manche von ihnen arbeiten noch immer für uns. Es muss ja weitergehen. Sie haben diese Praktiken, wenn auch in geringeren Umfang, am Leben erhalten. Leider wird das Gesundheitssystem auch anderweitig missbraucht, was vor allem mit den Ausgaben für Kriegsverletzte zu tun hat. 127 000 Libyer haben das Land verlassen, angeblich um sich medizinisch versorgen zu lassen. Das hat uns bisher drei Milliarden Dollar gekostet.

EN: Wurde das Geld denn sinnvoll ausgegeben? Wurden damit in der Revolution verletzte Libyer versorgt?

FH: Nein, nicht wirklich. Einige von ihnen wurden noch immer nicht behandelt. Einige sind von Land zu Land gereist, ohne Hilfe zu finden. Andere waren gar nicht krank, sondern haben uns für die Finanzierung ihrer Ferienreisen missbraucht. Ein Versehrten-Komitee hat die Gelder bewilligt. Dieses Komitee wurde von der neuen Regierung eingesetzt und ist eigenständig. Das Gesundheitsministerium hat gezahlt, konnte aber keine Kontrolle ausüben. Das Komitee ist finanziell und administrativ unabhängig und untersteht nur dem Ministerpräsidenten des Landes.

EN: Acht Monate nach Einsetzung der Übergangsregierung steht das Land nun vor Regierungswahlen. Was hat sich in Sachen Korruption seither verändert?

FH: Zuvor herrschte Angst und Anarchie. Die Angst ist fort, doch die Anarchie ist geblieben. Die Ordnung wurde damals ohne Recht und nur aus Angst vor dem Diktator aufrecht erhalten. Das nun geltende Recht scheint diese Macht nicht zu haben. Die Gesetze müssen meiner Meinung nach angewendet werden. Das Volk sollte nun die Gesetze fürchten.

EN: Fast ein halbes Jahrhundert war Libyen der Willkür eines Mannes und seiner Schergen ausgeliefert. Das Problem ist doch, dass die Menschen so keine Selbstständigkeit erlernen konnten. Sie hatten keine Ahnung von ihren Rechten. Die freie Wahl war ihnen völlig unbekannt, nicht wahr? Was hat man dagegen getan?

FH: Gaddafi hat das Volk systematisch verdummen lassen, es willentlich disqualifiziert. Selbst wer etwas lernte, konnte es anschließend gar nicht anwenden. So sollten sie unter Kontrolle bleiben. Folglich kann der Übergang von einer Zeit des Schattens ins Licht kein einfacher sein. Wir befinden uns in einer Übergangsphase, mit einer Übergangsregierung. Um ein Ziel zu erreichen, um von A nach B zu kommen, muss zweifelsohne noch aussortiert und auch sonst viel erst noch erreicht werden.

EN: Fatima Hamroush, danke, dass Sie bei uns waren.

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