Papst Benedikt XVI. - kurzer Versuch einer Bilanz

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Von Euronews
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Die Welt staunte an jenem 19. April vor 8 Jahren – und ein deutsches Boulevardblatt schrieb Pressegeschichte mit der Schlagzeile: “Wir sind Papst!” Zur allgemeinen Überraschung war der Theologieprofessor und langjährige oberste Glaubenshüter der katholischen Kirche zu deren Oberhaupt gewählt worden. Aus Kardinal Joseph Ratzinger wurde Papst Benedikt XVI. Als konservativ bezeichneten Insider den langjährigen Kurienkardinal – und diesem Ruf wurde er alsbald gerecht.
Nach rund tausend Jahren wieder ein aus Deutschland stammender Papst. Der folgte alsbald dem Ruf aus der Heimat und besuchte schon im ersten Amtsjahr Köln – und dann im Jahr darauf die Universität von Regensburg, an der Professor Ratzinger lange Theologie gelehrt hatte. Seine Rede dort geriet zum Eklat. wegen dieser Worte: “Zeige mir doch, was Mohammed Neues hervorgebracht hat. Und du wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigt, durch das Schwert zu verbreiten.” Auch wenn er damit “nur” einen byzantinischen Herrscher zitiert hatte – die islamische Welt war komplett vor den Kopf gestoßen und es kostete den Papst einige Mühe, bei seiner Reise in die Türkei zwei Monate später wenigstens einige Mißverständnisse – wie er es nannte – auszuräumen. Das Mißtrauen zwischen den Weltreligionen aber blieb. Auch nach seinem Besuch in Jerusalem. Da betete das Oberhaupt der Katholiken an der Klagemauer, dem Heiligtum der Juden. Aber gleichzeitig ließ er Katholiken wieder dafür beten, die Juden zum “einzig wahren Glauben” bekehren. Und über alle Glaubensgrenzen hinweg sorgte er für Unverständnis bis Aufruhr, indem er die Exkommunizierung des Holocaust-Leugners Richard Williamson aufhob. Der darf nun also weiter verbreiten, die Juden seien die Feinde der Christen und das Mordprogramm der Nazis, dem Millionen Juden zum Opfer fielen, habe es nie gegeben. Konservativ, wie man ihn von Anfang an einschätzte, blieb er auch in der Sexualmoral. Auf dem Flug nach Afrika erklärte er den mitreisenden Journalisten, Kondome seinen nicht geeignet, die in Afrika sich rasant ausbreitende Aidswelle zu stoppen.
Und dann kamen auch noch die massiven Enthüllungen zu pädophilen Übergriffen von katholischen Geistlichen. Hier versuchte der oberste Hirte sein Bestes, sprach mit Opfern, bat um Verzeihung – die Schuldigen aber von der weltlichen Justiz aburteilen zu lassen, das mochte er dann doch nicht.
So blieb es eben beim “deeply sorry”, als er sagte: “I would like to pause to acknowledge the shame which we have all felt as a result of the sexual abuse of minors by some clergy and religious in this country. Indeed, I am deeply sorry.”
Den Rest gab ihm dann wohl “Vatileaks” – wobei er seinen diebischen Kammerdiener begnadigte. Die Ermittlungen zu dieser Affäre aber hält er über seine Amtszeit hinaus unter Verschluß. Er hat sie versiegeln lassen und verordnet, nur der nächste Papst dürfe das Siegel öffnen und all die schrecklichen Details lesen. Aber sein letzter Schritt ist ein progressiver – dieser Papst wagte das Tabu zu brechen, dass ein Papst im Amte sterben müsse.

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