Tsipras bei Putin - Athen beantragt offenbar keine Hilfe

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“In Brüssel hat man den Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras beim russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Spannung verfolgt

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“In Brüssel hat man den Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras beim russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Spannung verfolgt. Während Athen den Beziehungen zu Moskau neuen Schwung verleihen will, warnte die EU-Kommission vor den Folgen”, so unsere Korrespondentin Efi Koutsokosta. “Darüber, was Tsipras mit seinem Besuch verbindet und welche Botschaft er den europäischen Geldgebern übermittelt, sprachen wir mit einem Politikexperten in Athen. Er sagte uns, welche Risiken die Athener Regierung eingeht.”

Der Besuch, der eigentlich erst für später geplant war, findet bereits jetzt statt, weil Athen der EU signalisieren will, dass es Sanktionen gegen Russland künftig nicht mehr zustimmen könnte oder dass die Zustimmung einen Preis hat. Die Europaabgeordneten der in Athen regierenden Partei Syriza stimmten im vergangenen Herbst gegen das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine.

Tsipras hatte die Russland-Sanktionen bereits im Vorfeld des Besuchs kritisiert. In Moskau hört man das gern. Denn Putin versucht, sich Athens zu bedienen, um die bisher harte Haltung Brüssels zu unterlaufen.

Über den Moskau-Besuch des griechischen Regierungschefs sprachen wir mit Konstantinos Filis, der in Athen Politikwissenschaften lehrt.

euronews:
“Was erwartet die griechische Seite von diesem Besuch?”

Konstantinos Filis:
“Die Europäer haben Griechenland zwar aufgefordert, die Beziehungen zu Russland in bestimmten Grenzen zu halten, doch die großen europäischen Staaten gestalten ihre Beziehungen zu Moskau in Übereinstimmung mit ihren eigenen nationalen Interessen. Andererseits sollte Griechenland aus zwei Gründen davon absehen, seine Beziehungen zu Russland zu intensivieren, solange es mit seinen Geldgebern verhandelt. Zum einen würde es damit seinen europäischen Partnern die falsche Botschaft übermitteln, nämlich die, dass die griechische Politik opportunistischen Charakter hat: Die Botschaft lautete: Wenn ihr unsere Forderungen nicht erfüllt, suchen wir uns einen anderen Partner. Zweitens stellt Russland nicht wirklich eine Alternative für Griechenland dar, es kann eine solche nur ergänzen. Nicht zuletzt besteht die Gefahr, dass Drittländer das falsche Signal erhalten.”

euronews:
“Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, hat die griechische Regierung davor gewarnt, die Einigkeit der EU in der Frage der Russland-Sanktionen zu gefährden. Alexis Tsipras hat sich jedoch russischen Medien gegenüber ganz anders geäußert. Ist das nicht gefährlich?”

Konstantinos Filis:
“Ich denke nicht, dass sich Athen von der gemeinsamen Haltung der EU distanziert, wenn es sich damit isoliert. Athen wird sich gemeinsam mit anderen Mitgliedsstaaten, die ähnliche Prioritäten haben – mit Italien, der Slowakei, mit Österreich, Zypern, Ungarn – um eine gemeinsame Haltung der EU bemühen, selbst wenn Ungarn ein Sonderfall ist. Griechenland sollte jedoch darauf achten, dass es nicht die Haltung Ungarns einnimmt, es muss deutlich machen, dass sich Europa in dieser Frage einig ist.”

euronews:
“Der griechische Außenminister hat am Dienstag in Ungarn eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, derzufolge Athen den Bau einer Pipeline unterstützt, mit der russisches Gas durch die Türkei nach Europa gelangen soll. Heißt das nicht, dass einige EU-Staaten von einer gemeinsamen Haltung abweichen, während die EU die Energieabhängigkeit von Russland verringern will?”

Konstantinos Filis:
“Damit sich Griechenland an diesem neuen Projekt beteiligt, müssen einige Bedingungen erfüllt werden, die dafür unerlässlich sind. Zuallererst müssen auch Österreich und Italien gewillt sein, sich daran zu beteiligen, die von dem Aus für die transeuropäische Pipeline South Stream ebenfalls betroffen sind. Zweitens müssen Unternehmen gefunden werden, die bereit sind, das Gas zu kaufen. Denn Russland will das Gas nur bis zur griechisch-türkischen Grenze bringen und alle anderen Verantwortlichkeiten vermeiden. In einem nächsten Schritt muss sichergestellt werden, dass es in Brüssel zumindest einen Minimalkonsens zu dem Projekt gibt. Unterstützt Brüssel es aber nicht, wie das bei South Stream der Fall war, kann es leicht verhindert werden.”

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