Behauptungen über Flüchtlinge: Richtig oder haltlos?

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Die Flüchtlingswelle löst bei manchen Menschen Ängste aus. Hier sind einige oft gehörte Behauptungen. Entscheiden Sie selbst: Richtig oder haltlos

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Die Flüchtlingswelle löst bei manchen Menschen Ängste aus. Hier sind einige oft gehörte Behauptungen. Entscheiden Sie selbst: Richtig oder haltlos?

  1. Orban: Die meisten sind Wirtschaftsmigranten

“Die Mehrheit der Menschen sind Wirtschaftsmigranten und keine Flüchtlinge.”

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hatte Deutschland und Österreich aufgefordert, ihre Grenzen zu schließen, um zu verhindern, dass sich “mehrere Millionen” Menschen nach Europa aufmachen. Viele von ihnen kämen aus wirtschaftlichen Gründen, meint der ungarische Regierungschef.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International haben im Jahr 2015 bisher 244.000 Menschen die grieschen Inseln über den Seeweg erreicht. 90 Prozent kämen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Iverna McGoean, die Flüchtlingssprecherin von Amnesty International, sagt, diese Zahlen sprächen gegen die These, dass die Mehrheit Wirtschaftsmigranten seien.

Das ungarische Parlament hatte mit großer Mehrheit für eine Regelung gestimmt, die unter anderem härtere Strafen für den illegalen Grenzübertritt vorsieht. Orban betont, viele Syrer kämen nicht aus dem Kriegsgebiet nach Europa, sondern aus Flüchtlingslagern in den Nachbarländern Syriens: “Sie kommen nicht nach Europa, weil sie Sicherheit suchen, sondern weil sie ein besseres Leben haben wollen als in den Lagern”, so Ungarns Ministerpräsident.

Die Organisation Pro Asyl meint: “Niemand setzt sich leichtfertig nachts in ein marodes Boot, wissend, dass der Tod droht. Niemand setzt alles aufs Spiel, lässt alles los – die Heimat, Besitz, Familienangehörige, vielleicht sogar Kinder – und das alles nur in der Hoffnung auf den Bezug von Sozialleistungen.” 2. Farage: Die Flüchtlinge werfen ihre Pässe weg

“Flüchtlinge kommen nach Europa und behaupten dann, Syrer zu sein”

Nigel Farage von der britischen Unabhängigkeitspartei (UKIP) sagte in einem Interview mit dem Sender “Channel 4 News”, es gebe Beweise, dass Flüchtlinge ihre Ausweisdokumente ins Meer werfen und sich nach ihrer Ankunft in Europa dann als Syrer ausgeben, um als Bürgerkriegsflüchtling anerkannt zu werden.

Dafür gebe es keine Beweise, meint hingegen Iverna McGowan von Amnesty International: “Aber es gibt natürlich Asylverfahren und Identifikatonsverfahren, die durchgeführt werden.” Der Direktor der EU-Grenzbehörde Frontex, Fabrice Leggeri, sagt, in Syrien habe sich ein Markt für gefälschte Ausweise entwickelt. Zahlen konnte der Frontex-Direktor nicht nennen, allerdings haben Behörden europäischer Länder bereits Fälle gefälschter syrischer Pässe registriert. 3. Kommen IS-Kämpfer nach Europa?

“Mithilfe des Flüchtlingsstroms kommen auch Kämpfer der Miliz Islamischer Staat nach Europa”

Der UKIP-Vorsitzende Farage sagte gegenüber “Channel 4 News”: “Wenn die IS-Miliz sagt, sie werde die Flüchtlingswelle nutzen, um den europäischen Kontinent mit 5.000, 500.000 oder wie vielen Dschihadisten auch immer zu überschwemmen, dann müssen wir sehr vorsichtig sein, wie wir in der europäischen Asylpolitik verfahren.” Während des Sommers tauchten im Internet Videobotschaften auf, in denen mutmaßliche IS-Kämpfer in deutscher Sprache zu Anschlägen in Deutschland und Österreich aufriefen.

Der Präsident des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutes, Hans-Georg Maaßen, sagte der Zeitschrift “Stern”, man müsse davon ausgehen, dass unter den Flüchtlingen auch Menschen seien, die im Krieg Kampferfahrung gesammelt hätten. Konkrete Hinweise gibt es bisher nicht, doch die Gefahr besteht. Im Zuge von Asylverfahren werden zwar auch die Sicherheitsbehörden kontaktiert, um möglicherweise vorhandene Daten abzufragen, doch die Datenbanken seien nicht komplett, so Maaßen, man habe nicht die Personalien aller Islamisten der Welt gespeichert.

In einem Bericht der Zeitung “Passauer Neue Presse” hatte es geheißen, in Deutschland seien bislang 29 Menschen identifiziert worden, die im syrischen Bürgerkrieg gekämpft hätten. Das deutsche Innenministerium sagte, es gebe bis dato keine Beweise, dass sich Kämpfer der IS-Miliz unter die Flüchtlinge gemischt hätten, auch wenn immer wieder Hinweise eingingen. 4. xxxxx

“Die Mehrheit der Flüchtlinge kommt nach Europa, um Sozialleistungen zu kassieren”

Die deutsche Arbeitsministerin Andrea Nahles rechnete vor, dass auf das Land aufgrund der Aufnahme der Flüchtlinge und der folgenden Integrationsbemühungen (Sprachkurse, Arbeitssuche usw.) in diesem Jahr Mehrkosten zwischen 1,8 und 3,3 Milliarden Euro zukämen. Andererseits profitiere das Land aber auch von den Ankömmlingen, meint Nahles – etwa in Sachen Arbeitskraft.

Der Innenminister Bayerns, Joachim Herrmann, forderte in einem Gespräch mit der Tageszeitung “Die Welt”, zumindest den Asylsuchenden aus den Ländern des Balkans das Taschengeld zu kürzen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte, es könne für Flüchtlinge keine freie Wahl des Aufenthaltsortes geben. Sollten sie sich weigern, auf andere Länder innerhalb der Europäischen Union verteilt zu werden, könnten keine “Leistungen nach deutschen Recht” gezahlt werden, so de Maizière.

Die Organisation Pro Asyl hat diese Zahlen zusammengestellt: “Die hetzerische Behauptung von der ‘Einwanderung in die Sozialkassen’ ist falsch. Die Bertelsmann-Stiftung errechnete 2014, dass Menschen ohne deutschen Pass im Schnitt pro Jahr 3.300 Euro mehr an Steuern zahlen, als sie an staatlichen Leistungen erhalten. Für 2012 brachte das 22 Milliarden Euro Überschuss für den deutschen Staat.”

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