Länger arbeiten? Viele Russen gegen Rentenreform

Länger arbeiten? Viele Russen gegen Rentenreform
Copyright 
Von Euronews
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

In Russland sollen die Menschen später in Rente gehen. Dagegen gehen sie auf die Straße, kaum dass die WM-Demo-Verbote nachlassen. Auch, weil viele Russen schon jetzt vor der Rente sterben.

WERBUNG

In Russland sollen die Menschen später in Rente gehen. Dagegen gehen sie auf die Straße, kaum dass die WM-Demo-Verbote nachlassen. Das Renteneintrittsalter soll ab 2019 stufenweise steigen. Für Frauen von 55 auf 63, für Männer von 60 auf 65 Jahre. Der Widerstand gegen die von Ministerpräsident Dimitri Medwedew geplante Rentenreform in Russland wächst. Auch, weil viele Russen schon jetzt vor der Rente sterben.

Oleg Kovalenko aus Moskau:

"Ich verlange ja gar nicht, dass die meine Jugend verlängern. Ich will bezahlt werden, wofür ich gearbeitet habe. Ich habe gearbeitet und ich habe meine Renten-Beiträge bezahlt. Plötzlich stellt sich jetzt raus, dass ... ich dass ich nicht davon leben kann. "

Die Menschen tragen Plakate mit der Aufschrift: “Die Rentenreform Ruhestand Reform ist Völkermord“.

Im Schnitt werden russische Männer nur 67,5 Jahre alt, 25 Prozent von ihnen sterben, bevor sie 55 Jahre alt sind. Laut einer Berechnung der Hochschule für Wirtschaft in Moskau würde dann etwa ein Sechstel der Männer das Rentenalter nicht mehr erleben. Dabei spielen auch Alkohol- und Tabakkonsum der vergangenen Jahrzehnte eine Rolle. Und: Gut jeder dritte Rentner arbeitet weiter, um die offizielle Durchschnittsrente von 186 Euro aufzubessern.

Elya Kovalova aus Moskau:

"Ich mag die Trend nicht, meine Lebensqualität, die Lebensqualität meiner Verwandten und generell aller Menschen zu senken. Ich meine, die Politik, die unsere Regierung betreibt, richtet sich gegen das Volk."

Was die Menschen ausblenden: Es gibt zu wenige Kinder, 43 Millionen Rentner, immer weniger Beitragszahler und immer mehr ältere Menschen, die vom Staat versorgt werden wollen. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist seit 2005 um sieben Jahre gestiegen. Seit 2012 erhöhte Präsident Wladimir Putin die Rente um 40 Prozent, was die Staatskasse belastet. Zu finanzieren ist dies nur, wenn die Öl- und Gaspreise hoch sind. Moskau steckt jährlich rund 45 Milliarden Euro in die Rentenkasse. Sparen fürs Alter können oder wollen die meisten nicht. Jetzt schaut Russland wegen der Rentenreform auch zurück - etwa auf die vielen prekären Jobs nach dem Untergang der Sowjetunion.

Ministerpräsident Dmitri Medwedew hatte seine Rentenpläne am Vorabend des Beginns der Fußball-Weltmeisterschaft verkündet – für viele ein Eigentor: Mehr als 80 Prozent der Russen sind gegen die Rentenreform. Und Putins Beliebtheitswerte sind gesunken.

An diesem Donnerstag hat russische Parlament in erster Lesung für die umstrittene Erhöhung des Rentenalters gestimmt. Für die Reform sprachen sich 328 Abgeordnete aus, 104 stimmten dagegen, wie die Agentur Tass in Moskau meldete.

Sigrid Ulrich mit dpa

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Nach Protesten: Putin rudert bei Rentenreform zurück

Rente mit 65? Russen protestieren gegen Reformpläne

Zusammenstöße und Verhaftungen bei Protesten in Georgien gegen "Agentengesetz"