Etwa eineinhalb Monate nach dem Mord an dem Bürgermeister von Gdansk/Danzig, Pawel Adamowicz, hat die seine Nachfolgerin gewählt. Aleksandra Dulkiewicz, bisher Stellvertreterin des parteilosen Politikers, hat laut der Webseite der Stadt 82 Prozent der Wählerstimmen geholt
Etwa eineinhalb Monate nach dem Mord an dem Bürgermeister von Gdansk/Danzig, Pawel Adamowicz, hat die nordpolnische Stadt seine Nachfolgerin gewählt. Aleksandra Dulkiewicz, bisher Stellvertreterin des parteilosen Politikers, hat laut der Webseite der Stadt - offiziell – 82 Prozent der Wählerstimmen geholt, bei 48,6 Prozent Wahlbeteiligung.
Beim Urnengang sagte sie:
„Wir haben alles getan, um die Wahl hier vorzubereiten, die keiner von uns wollte, in einer ganz besonderen, tragischen Situation, damit die Einwohner von Danzig teilnehmen können.
Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Sonntag und einen noch besseren Montag. ''
Die Juristin und alleinerziehende Mutter einer elfjährigen Tochter hat soziale Themen – Krippen und Kindergärten, Sozialstationen, Altersheime und Hospize – an die Spitze ihres Wahlprogramms gestellt. Vor allem aber setzt Dulkiewicz auf Kontinuität der Amtsführung ihres ermordeten Vorgängers.
PAWEL ADAMOWICZ BÜRSTETE GEGEN DEN STRICH
Adamowicz, mehr als 20 Jahre Danziger Bürgermeister, war Mitte Januar
während einer Spendenveranstaltung niedergestochen worden und an
seinen schweren Verletzungen gestorben. Inoffiziellen Berichten zufolge war der vorbestrafte Angreifer psychisch krank.
Erst im Oktober 2018 war Adamowicz mit absoluter Mehrheit als Bürgermeister wiedergewählt worden. Die nationalpopulistische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit PiS stellte deshalb erst gar keinen Kandidaten auf, auch die größte Oppositionspartei, die liberalkonservative Bürgerplattform (PO) verzichtete. PiS-Chef Jarosław Kaczyński: „Bei der Wahl im vergangenen Herbst hat Paweł Adamowicz einen eindeutigen Sieg errungen. Daher hat die Partei beschlossen, keinen eigenen Kandidaten aufzustellen.“
Paweł Adamowicz war bis 2015 Mitglied der liberalkonservativen PO gewesen.
Später forderte er offen das, was sich viele in der Opposition nicht mehr zu sagen trauten, aus Angst, sie würden damit in der zunehmend nach rechts neigenden Gesellschaft an Popularität einbüßen. So machte sich Adamowicz für die Aufnahme von Flüchtlingen in Danzig stark. Als PiS-Politiker verächtlich über Homosexuelle sprachen und sich die PO gleichzeitig weigerte, offen über die Rechte der polnischen LGBT-Community zu sprechen, eröffnete Adamowicz in Danzig eine Gay-Pride-Parade. Er verweigerte die Genehmigung nationalistischer Demonstrationen in seiner Stadt – Demonstrationen, die die PiS-Regierung unterstützte und für die sie sogar Polizeikolonnen geschickt hatte.
Sigrid Ulrich