Bildungschaos in Großbritannien: Wenn der Computer die Noten verteilt

Bildungschaos in Großbritannien: Wenn der Computer die Noten verteilt
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Von Frank Weinert
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Wenn der Lehrer wegen der Corona-Krise keine Noten geben kann, dann macht das der Computer. Die Folge: Völlig überfüllte Universitäten, verunsicherte Schüler und jede Menge Ärger.

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Großbritanniens Universitäten haben ein Problem: Es gibt zu viele Studierende und zu wenig Plätze. Schuld daran ist - ein Computer-Algorithmus. Das hatten sich die Oberaufsicht für Benotung "Ofqual" und die Regierung fein ausgedacht. Corona-bedingt waren die Abschlussprüfungen nach der 10. und 12. Klasse ausgefallen. Also gab's keine Noten vom Lehrer, sondern vom Rechner.

Reichlich Ärger gab's von den Schülern: "Es ist unfair, vor allem für die Schülerinnen und Schüler - wir haben gearbeitet - ich habe hart gearbeitet, bevor das Coronavirus auftauchte. Was sie da mit unseren Noten angestrellt haben ist unglaublich! Die Schülerinnen und Schüler hätten Besseres verdient, aber sie wollten uns nicht geben, was wir verdient haben."

Auch wenn die Regierung jetzt eine Kehrtwende vollführt hat - die Zukunft Tausender Kinder bleibt in der Schwebe. Die Universitäten haben bereits Studienplätze auf der Grundlage des Algorithmus' vergeben. Die Universitäten müssen jetzt zusätzliche Plätze für diejenigen finden, deren Noten aufgewertet wurden oder nicht.

Rosa Mckay studiert Kunst im ersten Semster am Chelsea College of Arts - damit ist sie eine der Glücklichen, die einen Studienplatz ergattert haben. Andere hatten weniger Glück: "Ich weiß nicht, wie jeder einen Studienplatz bekommen soll. Man kann doch nicht plötzlich sagen: "DU kannst hier einen Platz haben - DU nicht, weil DU jetzt andere Noten hast. Also, ich habe keine Ahnung, wie sie das alles gehen soll, und das macht mich wirklich wütend. Ich bin mir sicher, dass die Leute diese Studienplätze wirklich wollten und verdient haben, und jetzt haben sie sie nicht bekommen".

Schüler wurden auch aufgrund der Durchschnittsnoten der letzten drei Jahre an ihrer Schule bewertet. Benachteiligt wurden so vor allem Schulabgänger an staatlichen Schulen, während an Privatschulen teilweise sogar bessere Noten herauskamen. Bildungsminister Gavin Williamson lenkte schließlich ein. Wenig überzeugend, findet Pancho Lewis, Labour-Stadtrat von Westminster: "Es herrscht absolutes Chaos an der Spitze der Regierung - Inkompetenz ist noch sehr höflich formuliert. Sie hätten wirklich viel sorgfältiger darüber nachdenken sollen. Sie haben das Leben von Kindern und Jugendlichen verwüstet."

Die Regierung hat sich zwar für das verursachte Chaos entschuldigt und Fehler eingeräumt. Doch das ist wohl nur ein schwacher Trost für die Studierenden, die entweder weiter im Wartestand sind oder an völlig überfüllten Universitäten lernen müssen. Und das alles wegen eines Computer-Algorithmus.

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