Bidens neue Regierung: Wer bekommt welchen Posten?

Mögliche Kandidaten für Bidens neues Kabinett
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Von Cornelia Trefflich mit AP
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Noch bleibt etwas Zeit bis zum Amtsantritt Bidens im Januar. Die Arbeit geht dennoch schon los - und auch die Überlegung, wer welchen Posten im Kabinett Biden bekommen könnte.

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Die Wahlen in den USA sind entschieden. Nun geht es an die Arbeit für Joe Biden und sein Übergangsteam. Schon vor seiner Wahl zum künftigen Präsidenten der USA hatte er angekündigt, dass seine oberste Priorität die Bekämpfung der Corona-Pandemie sein wird.

So hat der Demokrat bereits ein Expertenteam unter dem Vorsitz des Generalstabsarztes Dr. Vivek Murthy aufgebaut, das die Koordination bei der Virus-Bekämpfung übernehmen soll. Er wird auch als Favorit für die Leitung des Gesundheitsministerium gehandelt. In dieser Woche hatten USA den Zahlen der John-Hopkins-Universität zufolge mehr als 200.000 Corona-Neuinfektionen verzeichnet, ein Rekordwert.

Ron Klain, Bidens langjähriger Berater, wird Stabschef im Weißen Haus

Die Besetzung der Top-Posten im Weißen Haus wird sicher nicht einfach werden. Eines ist jetzt schon klar. Bidens langjähriger Berater Ron Klain wird die Position des Stabschefs bekommen. Er bringt jahrzehntelange Erfahrung im Weißen Haus mit, auch das sei ein Grund für seine Auswahl, erklärte Biden: "Seine tiefgreifende, vielfältige Erfahrung und seine Fähigkeit, mit Menschen aus dem gesamten politischen Spektrum zusammenzuarbeiten, ist genau das, was ich in einem Stabschef des Weißen Hauses brauche, wenn wir uns diesem Krisenmoment stellen und unser Land wieder zusammenführen."

Jacquelyn Martin/AP
Gilt als erfahren: Ron Klain, neuer Stabschef unter Joe Biden, 22.10.2014Jacquelyn Martin/AP

Unter Ex-Präsident Barack Obama hatte er die Ebola-Antwort 2014 koordiniert, ebenso wie die Antwort von Obamas Regierung auf die Finanzkrise. Danach dürfte Biden darüber entscheiden, wer welche Ministerien leiten soll. Dabei wird der Demokrat nicht nur Rücksicht auf die Wünsche seiner Partei nehmen müssen, sondern muss auch Zugeständnisse an die Republikaner machen. Denn sie könnten den Senat dominieren. Dieser wiederum bestätigt die Kandidaten.

Die Demokraten fordern, dass die Besetzung der Spitzenposten die Vielfalt des Landes angemessen repräsentieren sollte: Männer und Frauen, mit unterschiedlichen Wurzeln und sexueller Orientierung.

Susan Rice im Außenministerium?

Die frühere UN-Botschafterin und Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice hat gute Chance auf das Amt der Außenministerin. Mit ihr hat Biden bereits unter Obama eng zusammengearbeitet - sie ist also mit den internen Abläufen im Weißen Haus vertraut. Das könnte ein Vorteil sein, wenn Biden sich in den ersten Monaten ganz der Pandemie-Bekämpfung widmen muss. Allerdings ist sie bei den Republikanerin nicht unumstritten. Im Gespräch sind auch Chris Coons, ein langjähriger Freund Bidens und Senator aus Delaware und William Burns, der Erfahrung als stellvertretender Außenminister vorweisen kann und als weithin respektierter Karrierediplomat gilt.

Erstmals eine Chefin im Pentagon?

Diesen wichtigen Posten hatte in der Geschichte der USA weder eine Frau noch ein Angehöriger einer Minderheit inne. Als Favoritin gilt Michèle Flournoy, die schon unter Obama einen hohen Posten im Verteidigungsministerium innehatte. Für sie sind China und wie die USA dem aufstrebenden Land mit Spitzentechnologie entgegentreten könnte, ein Anliegen. Im Gespräch ist auch Illinois-Senatorin Tammy Ducksworth, die Kriegsveteranin ist und im Irakkrieg beide Beine verlor. Sie machte auch Schlagzeilen als erste Senatorin, die während ihrer Amtszeit im Alter von 50 Jahren ein Kind bekam.

Auch dem Finanzministerium standen bislang nur Männer vor. Das könnte sich unter Biden ändern. Lael Brainard, Gouverneurin der Zentralbank gilt als aussichtsreiche Kandidatin für den Posten. Als schwarze Anwärter für das wichtige Amt sind der frühere Zentralbankvize Roger Ferguson und die Investorin Mellody Hobson. Dem zukünfitgen Finanzminister wird vor allem eine Aufgabe zufallen: Die Bewältigung der Corona-Krise, von der die USA sehr stark betroffen ist.

Für das Justizministerium gilt Sally Yates, eine frühere stellvertretende Generalstaatsanwältin, als chancenreich. Sie wurde 2017 von Donald Trump entlassen. Sie hatte sich geweigert, seinen "Travel ban", das Reiseverbot für Bürger aus muslimischen Staaten vor Gericht zu verteidigen. Sie gilt jemand, der die Unabhängigkeit des Ministeriums gewährleisten würde. Zudem macht sich Doug Jones aus Alabama Hoffnung auf den Posten. Er hatte in den Wahlen in der vergangenen Woche gegen den republikanischen Kandidaten verloren. Er hat sich bei der Überführung von zwei Ku-Klux-Klan-Mitgliedern, die für den Anschlag auf eine Kirche in Birmingham verantwortlich gemacht wurden, verdient gemacht.

Wer wird Botschafter bei den Vereinten Nationen?

Nachdem Rückzug der USA aus zahlreichen multilateralen Organisationen in den vergangenen Jahren wird unter Biden eine Kehrtwende erwartet. Ein Posten, der von besonderer Bedeutung ist, ist der Posten des UN-Botschafters. Zu den Vereinten Nationen hatte Trump die Brücken abgebrochen und sich aus den Verpflichtungen gegenüber der Organisation zurückgezogen. Als Anwärter auf den Posten gelten altgediente Diplomaten wie Nicholas Burns, früherer NATO-Botschafter und hochrangiger Mitarbeiter im Außenministerium, der sowohl unter demokratischen als auch republikanischen Regierungen gedient hat und Wendy Sherman, die bei den Verhandlungen mit dem Iran über das historische Atomabkommen federführend dabei war. Ihre Expertise könnte für ein Wiederaufleben des Atomabkommens von großer Bedeutung sein. Als relativer Newcomer mit guten Chancen für das Amt wird auch Pete Buttigieg gehandelt. Er war ebenfalls in den Vorwahlen zu den diesjährigen Präsidentschaftskandidaten angetreten. Der frühere Bürgermeister von South Band, Indiana, und Militärveteran wird von den Demokraten hoch geschätzt. Sollte er für das Amt nominiert und vom Senat bestätigt werden, wäre er der erste offen homosexuelle US-Botschafter bei den Vereinten Nationen.

Umweltschutz: zukünftig groß geschrieben?

Der Posten des Umweltschutzministers könnte an Jay Inslee gehen. Er ist Gouverneur des Bundesstaates Washington und war zuvor im US-Repräsentantenhaus. In seinem Wahlkampf Präsidentschaftskandidatur 2020 waren Umweltthemen und die Bekämpfung des Klimawandels von zentraler Bedeutung. Während seiner Zeit im US-Repräsentantenhaus war er im Energie- und Handelsausschuss und im Sonderausschuss des Repräsentantenhauses für Energieunabhängigkeit und globale Erwärmung tätig.

Zuständig für Einwanderungsfragen: Heimatschutzministerium

Als Chef des Heimatschutzministeriums könnte Experten zufolge Kaliforniens Justizminister Xavier Becerra ernannt werden. Chancen werden auch Alejandro Mayorkas, der bereits unter Obama als Vizechef des Ministerium arbeitete, eingeräumt. Sie wären die ersten Heimatschutzminister mit hispanischen Wurzeln. Mayorkas war zudem Direktor der Abteilung, die für Staatsbürgerschaften und Einwanderung (USCIS) zuständig ist. In dieser Funktion war zuständig für die Umsetzung des Programms "Deferred Action for Childhood Arrivals", einer Maßnahme, die Kinder und Jugendliche ohne Papiere, vor einer Abschiebung schützte. 

Auch Republikaner ins Kabinett?

Doch als Zugeständnis wird erwartet, dass Biden auch Republikaner für Kabinettsposten in seine Regierung holt. Was der Demokrat von seiner Wahlkampf-Agenda wirklich umsetzen kann, wird auch davon abhängen, welche Partei den Senat kontrollieren wird. Das ist noch offen, und hängt an zwei Stichwahlen um Senatssitze im Bundesstaat Georgia Anfang Januar.

Schon jetzt haben die Demokraten eingeräumt, dass sie ihre Erwartungen bei der Umsetzung ihrer Wahlversprechen zurückschrauben müssen, selbst wenn sie die Mehrheit im Senat haben sollten. Auch eine knappe Mehrheit wird sich vermutlich darauf auswirken, welche Kandidaten Biden in Spitzenpositionen holen kann - denn das Kabinett muss diese bestätigen.

Die wichtigste Frage im Raum ist derzeit jedoch, inwieweit Trump und seine Regierung mit dem designierten Präsidenten zusammenarbeiten werden. Die für Abwicklung des Übergangs zuständige Behörde hat Biden formell nicht anerkannt, genauso wie der Übergangsprozess noch nicht eingeleitet worden ist. Wann das passiert, ist unklar.

Weitere Quellen • CNN, New York Times

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