Wo das Infektionsrisiko mit SARS-CoV-2 besonders hoch ist

Geschlossenes Restaurant in Montmartre
Geschlossenes Restaurant in Montmartre Copyright Michel Euler/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved.
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Von Kirsten RipperInstitut Pasteur ComCor, BAG
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Das Institut Pasteur hat zusammen mit Ipsos und den Gesundheitsbehörden tausende Französinnen und Franzosen befragt, die sich mit dem Coronavirus angesteckt haben.

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In der gerade veröffentlichten ComCor-Studie geben 44 Prozent der mit dem Coronavirus infizierten Menschen in Frankreich an, dass sie wissen, bei wem sie sich angesteckt haben. 22 Prozent kennen das Ereignis, das zu ihrer Infektion führte. 35 Prozent wissen nicht, wie sie sich angesteckt haben.

Bei der ComCor-Studie hat das Institut Pasteur zusammen mit dem Umfrage-Institut Ipsos und den französischen Gesundheitsbehörden Fragebögen per Mail an 370 000 sehr wahrscheinlich mit dem Coronavirus Infizierte geschickt. Mehr als 30.000 Menschen, die sich Mitte bis Ende Oktober 2020 mit SARS-CoV-2 angesteckt haben, haben die Fragen beantwortet.

Von den Französinnen und Franzosen, die wissen, wer ihnen das Virus übertragen hat, nennt ein Drittel ihren Haushalt als Ort der Ansteckung. Meist ist es der Ehepartner oder die Ehepartnerin, bei dem oder bei der sie sich angesteckt haben. Den Forschern erscheint das logisch, weil zu Hause keine Barriereregeln beachtet werden.

Ansteckung durch Kinder unterschätzt?

Das Institut Pasteur geht auch davon aus, dass die Übertragung durch Kinder, die oft asymptomatisch oder fast asymptomatisch sind, unterschätzt wird. 

Für die zwei Drittel, die sagen, dass jemand außerhalb des eigenen Haushalts sie angesteckt hat, ist es für 33,1 Prozent dennoch "im Familienkreis" geschehen.

28,8 Prozent nennen den Arbeitsplatz als Infektionsort, 20,8 Prozent sagen, es seien Freunde.

Mahlzeiten spielen "zentrale Rolle"

Die Studie weist darauf hin, dass Mahlzeiten "eine zentrale Rolle spielen", ebenso wie gemeinsame Büros und alle Arten von physischen Treffen.

Die ComCor-Studie nennt auch Faktoren, die das Risiko einer Ansteckung reduzieren. Dazu gehören Home Office, das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel, Sport im Freien und Einkaufen im Supermarkt. Das erscheint nicht allen besonders logisch. 

Einige Journalisten bemerkten bei der Auswertung, dass die Regierung beim zweiten Lockdown Wert darauf legten, dass die Menschen in Frankreich weiter arbeiten und die öffentlichen Verkehrsmittel weiter benutzen. Die Studie scheint also die getroffenen Maßnahmen zu bestätigen. In Frankreich gilt seit dem Frühjahr Maskenpflicht in Bahn, Bus und Metro, allerdings liegt keine zuverlässige Studie zur möglichen Übertragung dort vor.

Etwa 20 Prozent der Antworten kamen aus der Hauptstadtregion Paris, weitere 20 Prozent aus Auvergne-Rhônes-Alpes - der Gegend um Lyon.

Zu beachten ist auch, dass die Umfrage zum Teil während des Lockdown in Frankreich stattfand. In dieser Zeit waren aber Schulen und Kitas geöffnet.

Lehren für Weihnachten

Arnaud Fontanet, Direktor der Abteilung für Epidemiologie und neu auftretende Krankheiten am Institut Pasteur, meint, man könne aus den Ergebnissen für das Jahresende lernen: "Diese Studie zeigt das hohe Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion bei Mahlzeiten und privaten Treffen. Es ist sehr wichtig, dieses Risiko bei Zusammentreffen an Weihnachten und Silvester zu reduzieren."

Befragung des BAG in der Schweiz mit ähnlichen Ergebnissen

Auch in der Schweiz geht das Bundesamt für Gesundheit davon aus, dass die meisten Covid-19-Patientinnen und -Patienten sich in der Familie infiziert haben. Das BAG hat von Mitte Juli bis am 9. Dezember 65.152 Meldeformulare zu positiven Fällen ausgewertet.

Bei rund 71 Prozent davon (46.496) ist der vermutete Ansteckungsort vermerkt. 29 Prozent haben sich in der Familie angesteckt. Bei gleich vielen Übertragungen ist der Ort der Infektion unbekannt, bei 16 Prozent wurden "andere Kontakte" genannt.

11 Prozent nennen als Ansteckungsort den Arbeitsplatz - hier gilt vor allem die Mittagspause als Infektionsgeschehen.

Das Argument, dass die Infektion in der Familie am häufigsten ist, wird auch immer wieder von denen vorgebracht, die sich für eine rasche Öffnung von Restaurants aussprechen. Doch wie das Virus in die Familien kommt, bleibt in vielen Fällen ungeklärt.

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