Eigentlich sollte am Donnerstag Vormittag der Prozess gegen eine ehemalige KZ-Sekretärin beginnen. Doch die 96-jährige Angeklagte erschien nicht zum Prozess, jetzt ist sie gefasst worden.
Im NS-Prozess im norddeutschen Itzehoe ist die zwischenzeitig flüchtige Angeklagte gefasst worden. Die 96-jährige werde jetzt dem Gericht vorgeführt, so eine Gerichtssprecherin. Ein Arzt solle feststellen, ob sie hafttauglich sei. Der Beginn der Hauptverhandlung wurde zuvor vertagt.
Die ehemalige KZ-Sekretärin hatte ihr Altenheim in Quickborn nördlich von Hamburg mit dem Taxi verlassen. Ziel sei ein U-Bahnhof im anliegenden Norderstedt gewesen, so die Sprecherin. Wo die Frau gefasst wurde, sagte sie nicht.
Anklage: Beihilfe zum Mord in über 11.000 Fällen
Die heute 96-jährige Irmgard F. war von 1943 bis 1945 Stenotypistin und Schreibkraft in der Kommandatur des Konzentrationslagers Stutthof bei Danzig. Ihr wird vorgeworfen an der systematischen Tötung von Gefangenen beteiligt gewesen zu sein. Die Anklage lautet Beihilfe zum Mord in mehr als 11.000 Fällen. Das Verfahren findet vor einer Jugendkammer statt, da F. zum Tatzeitpunkt erst 18 beziehungsweise 19 Jahre alt war. Die Angeklagte hatte bereits vor der Verhandlung in einem Brief angekündigt, dem Prozess fernzubleiben.
Da die 96-Jährige gesund genug sei um zu fliehen, sei sie auch gesund genug, um ins Gefängnis zu gehen, twitterte der israelische Historiker und Nazi-Jäger Efraim Zuroff.
Seit einer Gesetzesänderung von 2011 ist in Deutschland auch die Verfolgung von NS-HelferInnen möglich, die nicht direkt an Ermordungen beteiligt waren. Zuletzt wurde 2020 ein ehemaliger KZ-Wachmann verurteilt.