3.500 Tote: Prozess gegen 100-jährigen Wachmann von KZ-Sachsenhausen

In Brandenburg an der Havel steht jetzt ein 100 Jahre alter Mann vor Gericht, der als Wachmann im KZ-Sachsenhausen für den Tod von mehr als 3.500 Menschen mit-verantwortlich gemacht wird. So viele Menschen wurden zwischen Januar 1942 und Februar 1945 im Konzentrationslager Sachsenhausen umgebracht, als der inzwischen 100-Jährige dort Dienst getan haben soll.
Angeklagt ist er wegen Beihilfe beim Erschießen sowjetischer Kriegsgefangener und bei der Ermordung von Häftlingen mit dem Giftgas Zyklon B.
Angeklagter kann bis zu zweieinhalb Stunden vor Gericht stehen
Der Mann lebte jahrelang unbehelligt in Brandenburg. Erst nach dem Urteil der Münchner Landgerichts gegen den KZ-Wachmann John Demjanjuk im Jahr 2011 wurden die Archive neu durchforstet, um auch Mittäter wegen Beihilfe vor Gericht zu stellen. Demjanjuk hatte jahrelang in den USA gelebt.
"Im Falle des Mannes aus Brandenburg/Havel sind wir im Staatlichen Militärarchiv Moskau fündig geworden. Dort liegen Kompanielisten, Personalakten und Verwaltungsunterlagen aus Sachsenhausen", sagt der Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung der NS-Verbrechen in Ludwigsburg, Oberstaatsanwalt Thomas Will laut RBB.
Der 100 Jahre alte Angeklagte kann nach Ansicht von Experten bis zu zweieinhalb Stunden pro Tag vor Gericht gestellt werden.
Der Prozess macht international Schlagzeilen.
Tötungsverfahren in Sachsenhausen ausprobiert
Nebenkläger in dem Prozess sind mehrere Angehörige von Menschen, die im KZ-Sachsenhausen getötet wurden. Zehntausende wurden dort unter der deutschen Nazi-Herrschaft ermordet. Einer der Nebenkläger ist der französische Architekt Antoine Grumbach, dessen Vater in Sachsenhausen umgebracht wurde. Er meint, der Prozess sei wichtig, um die Verbrechen im KZ zu erklären, denn in Sachsenhausen seien viele Tötungsverfahren getestet worden, die dann in anderen Lagern zum Einsatz kamen. „Die Welt muss wissen, wie diese Maschinerie funktioniert hat“, sagt Antoine Grumbach der Berliner Zeitung.
Für den neuen Holocaust-Prozess wurde der sogenannte "Stahlpalast" in Brandenburg an der Havel, in dem sonst Sportveranstaltungen stattfanden, zum Gerichtsaal umgebaut.