Sorge um Italien: Berlusconi will mit einem Paukenschlag abtreten

Sorge um Italien: Berlusconi will mit einem Paukenschlag abtreten
Copyright Andrew Medichini/Copyright 2019 The Associated Press. All rights reserved
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Von Giorgia Orlandi
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Vor der Wahl des Präsidenten machen sich Politikexperten mehr oder weniger Sorgen um das Land und seine Politiker und Politikerinnen.

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Tritt er an oder tritt er doch nicht an? Urgestein Silvio Berlusconi ist zurück in der politischen Arena in Italien - auch wenn es Beobachtern derzeit kaum wahrscheinlich erscheint, dass er zum Präsidenten gewählt wird.

Politikexperten zeichnen ein trauriges Bild der politischen Landschaft in Italien.

Berlusconi möchte seine politische Karriere mit einem enormen Paukenschlag beenden und das ganze Land auf seiner Seite haben, er möchte als bedeutend anerkannt werden.
Giovanni Orsani
Luiss School of Government

Der Direktor der Luiss School of Government, Giovanni Orsani, sieht die Lage kritisch. Er sagt: "Dass Silvio Berlusconi noch immer präsent ist, verheißt nichts Gutes über die italienische Politik. Mit anderen Worten, es zeigt, dass die Politik nicht in der Lage ist, sich selbst zu erneuern. Die Institutionen in diesem Land sind nicht in der Lage, eine neue Klasse von Politikern auszubilden. Berlusconi möchte seine politische Karriere mit einem riesigen Paukenschlag beenden und das ganze Land auf seiner Seite haben, er möchte als bedeutend anerkannt werden, und es gibt keinen besseren Weg, dies zu tun, als zum Präsidenten von Italien gewählt zu werden."

Und offenbar geht es bei der Wahl des Präsidenten, die in mehreren Etappen von Abgeordneten in mehreren Versammlungen stattfindet, um mehr.

Francesco Clementi, Juraprofessor an der Universität Perugia erklärt im Gespräch mit Euronews: "Wir werden bald erfahren, wer der nächste Ministerpräsident sein wird und wer für die Umsetzung des "Next Generation EU-Programms" verantwortlich sein wird, aber bei den Wahlen geht es auch darum, sicherzustellen, dass das Land bald aus der Pandemie herauskommt, und es geht auch um die Neuorganisation der politischen Parteien vor den Parlamentswahlen 2023. Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt, der diese Wahl von früheren unterscheidet, und zwar die Tatsache, dass sie diesmal Auswirkungen auf das übrige Europa haben wird. Was auch immer in Rom entschieden wird, wird Auswirkungen auf Brüssel, Paris und London haben."

Die Glaubwürdigkeit und das internationale Ansehen von Mario Draghi machen den aktuellen Ministerpräsidenten zu einem glaubhaften Kandidaten für die Präsidentschaftskandidatur. Die politischen Parteien stehen aber nun vor dem Dilemma, ihn als Regierungschef ablösen zu müssen, wenn er Präsident wird.

Francesco Clementi von der Uni Perugia glaubt, dass es wichtiger ist, dass Draghi Regierungschef bleibt.

"In Anbetracht der Ereignisse halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass Draghi gezwungen sein wird, auf seinem Posten zu bleiben, und dass es einfacher sein wird, sich auf einen neuen Präsidenten zu einigen, als Draghi Nummer 2 zu finden, der Draghi Nummer 1 ersetzt.

In Italien hat politische Instabilität Tradition. Ein Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen wachsen die Befürchtungen, dass es zu einer Regierungskrise kommen könnte.

Giovanni Orsani von der Luiss School of Government meint, Italien komme mit der eigenen Instabilität immer irgendwie klar. "Sowohl eine Regierungskrise als auch vorgezogene Neuwahlen sind nicht auszuschließen. Ich gehöre zu denen, die glauben, dass vorgezogene Neuwahlen nicht so katastrophal wären, wie die meisten Leute denken. Ich würde das nicht ausschließen, obwohl es ein weniger wahrscheinliches Szenario ist. Italien kann mit seiner mangelnden Stabilität umgehen. Am Ende findet es immer eine Lösung. Das war immer der Fall".

Eine Sache ist sicher. Unabhängig davon, wer Italiens nächster Präsident wird, der Wahlkampf kommt bald richtig in Gang, und die politischen Querelen könnten die Umsetzung der längst überfälligen Reformen in Italien gefährden. Und genau das braucht das Land, um nach der Pandemie Gelder von der EU zu erhalten und die Wirtschaft zu retten.

Journalist • Kirsten Ripper

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