Sollte Scholz von Trudeau lernen? Solidarität mit Protestierenden in Iran

Kanadas Regierungschef Justin Trudeau beim Menschenkette für Protestierende in Iran
Kanadas Regierungschef Justin Trudeau beim Menschenkette für Protestierende in Iran Copyright Justin Tang/AP
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Von Euronews mit AP
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Kanadas Premierminister Justin Trudeau hat bei der Menschenkette für die Protestierenden in Iran mitgemacht. Viele Exil-Iranerinnen und -Iraner wünschen sich ein ähnliches Engagement vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz.

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Kanadas Premierminister Justin Trudeau hat sich ganz bewusst an die Seite der Protestierenden gestellt. Er nahm an der Menschenkette in Solidarität mit den Demonstrierenden in der kanadischen Hauptstadt Ottawa teil.

Die Journalistin und langjährige Iran-Korrespondentin Natalie Amiri schreibt auf Twitter, sie werde in Telefongesprächen von Iranerinnen und Iranern gefragt: "Wie heißt nochmal Euer Kanzler jetzt? Warum sagt er nichts über unsere Revolution im #Iran, schaut Euch JustinTrudeau an?"  Darauf sage sie nur: "Er heißt Olaf Scholz."

Einer der größten Solidaritätsproteste fand in Berlin statt.

Sowohl in Deutschland als auch in Kanada leben viele Exil-Iranerinnen und -Iraner oder Menschen mit iranischen Wurzeln. Schätzungen zufolge sind es in Deutschland etwa 187.000, in Kanada einer Volksbefragung aus dem Jahr 216 zufolge etwa 210.000. Aber Kanada hat nur etwa 38 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner.

Bei dem Protestmarsch sagte der kanadische Regierungschef: "Wir sind vereint - vereint in der Unterstützung iranischer Frauen, vereint gegen das abscheuliche Verhalten des Iran und vereint in unserer Entschlossenheit, dieses unterdrückerische Regime zur Rechenschaft zu ziehen."

Den meisten Beifall bekam Trudeau, als er über die Iranerinnen und Iraner sprach, "die von dem korrupten, schrecklichen Regime im Iran profitiert haben". Kanada werde "nie wieder" ein sicherer Hafen für diese Leute sein. 

Die von Kanada verhängten Sanktionen betreffen bereits tausende Iraner und Iranerinnen.

Kanada verhängt Sanktionen gegen Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden

Premierminister Justin Trudeau hat erklärt, dass seine Regierung Maßnahmen ergreift, um die Spitzen des iranischen Regimes - darunter auch Mitglieder der Islamischen Revolutionsgarde - an der Einreise nach Kanada zu hindern.

Trudeau sagte am vergangenen Freitag, die Maßnahme betreffe die obersten 50 Prozent der Armee der Wächter der Islamischen Revolution - etwa 10.000 Mitglieder - und werde dauerhaft sein.

Zur Revolutionsgarde gehören auch die Freiwilligenverbände, die sogenannten Basidsch oder Basij, die bei der Unterdrückung der Proteste eine zentrale Rolle spielen.

Wie CBC berichtet, gehen einigen in Kanada die von Justin Trudeau angekündigten Sanktionen nicht weit genug. Auch im Parlament hatten Abgeordnete verlangt, die Revolutionsgarde - die zu den Streitkräften des Iran gehört - auf die Liste der Terrororganisationen zu setzen. So weit gehen auch die neuen Sanktionen nicht.

Die Journalistin, Ärztin und Politikwissenschaftlerin Gilda Sahebi hatte in einer Kolumne in DER WELT am 17. Oktober das Schweigen des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz zu den Protesten in Iran beklagt.

Und die Atomverhandlungen mit Iran?

Auf Twitter schrieb sie jetzt, dass es sein könne, dass Scholz die Atomgespräche wichtiger seien als Menschenrechte. Viele Protestierende in Iran und ihre Unterstützer:innen in Europa verlangen ein Ende der Atomverhandlungen von der Europäischen Union. 

Nach dem Ausscheiden der USA unter Donald Trump aus dem Atomdeal 2018 waren die Gespräche unter der Regierung von Joe Biden wieder aufgenommen worden. Allerdings gab es zuletzt kaum Fortschritte beim der Wiederherstellung des sogenannten JCPoA (Joint Comprehensive Plan of Action) aus dem Jahr 2015.

Weil das Atomabkommen derzeit nicht in Kraft ist, gelten die schärfsten Sanktionen gegen den Iran. Das Land ist vom internationen Zahlungsverkehr ausgeschlossen, was den Handel mit Unternehmen in den Staaten der westlichen Welt so gut wie unmöglich macht.

Und auch Sahebi unterstreicht den Kontrast zwischen Olaf Scholz und Justin Trudeau.

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