Wie sieht die Zukunft des europäischen Green Deals aus?

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Von Oleksandra Vakulina
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Europa soll bis 2050 klimaneutral werden: Dafür hat die Europäische Kommission in ihrer laufenden Amtszeit die Einführung bahnbrechender Umweltvorschriften vorangetrieben. Ziel ist, in den nächsten zehn Jahren mindestens 1 Billion Euro für nachhaltige Investitionen zu mobilisieren.

In der Euronews-Runde auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos mit dem Titel "European Green Deal, Anyone?" hat Euronews-Reporterin Sasha Vakulina mit hochkarätigen Gästen über Chancen und Herausforderungen des europäischen Green Deals diskutiert.

Eingeladen waren der griechische Ministerpräsident Kyriakos MitsotakisMaroš Šefčovič, Vizepräsident der Europäischen Kommission und zuständig für den Green Deal; Ester Baiget, Präsidentin und Chief Executive Officer des dänischen Unternehmens Novozymes und Mitglied der Alliance of CEO Climate Leaders sowie Maxim Timchenko, Vorstandsvorsitzender der ukrainischen DTEK Group

Europas Zukunft hängt von einem gesunden Planeten ab. Die EU-Mitgliedstaaten haben sich das Ziel gesetzt, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen und damit ihren Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens von Paris nachzukommen. Der europäische Grüne Deal ist die Strategie, mit der die EU ihr Ziel für 2050 erreichen will. Sehen die Podiums-Teilnehmer die Zukunft des Green Deals eher optimistisch oder pessimistisch?

Kyriakos Mitsotakis, griechischer Ministerpräsident

"Energieversorgungssicherheit und welche Rolle könnte Griechenland in dieser sich entwickelnden Landschaft spielen? Wir sind derzeit ein Nettoimporteur von Energie. Und um das Ganze in den richtigen Kontext zu stellen: Als Griechenland vor vier Jahren beschloss, radikal aus der Kohle auszusteigen, haben wir uns für Erdgas als Übergangsbrennstoff entschieden. Da wir keine Kernenergie haben, war das die einzige, naheliegende Wahl. 2022 haben wir sieben Milliarden Euro für den Import von Erdgas ausgegeben. Normalerweise beträgt diese Rechnung eine Milliarde Euro. Nur um die Dinge in den Kontext zu stellen. Wir wollen kurzfristig ein Energieversorger werden, zumindest für den Balkan, indem wir starke Verbundnetze, Pipelines, schwimmende Speicher und Regasifizierungsanlagen in Nordgriechenland nutzen, unser einzigartiges geografisches Potenzial und vielleicht sogar Gas in die Ukraine exportieren. Denn wenn man sich die Karte ansieht, ist die Entfernung gar nicht so groß. Mittel- bis langfristig streben wir jedoch an, Exporteur von grüner Energie zu werden, indem wir das beträchtliche Potenzial nutzen, das wir vor allem im Bereich der Offshore-Windenergie haben. Wenn man sich die Karte des Mittelmeers anschaut, sieht man, dass die Ägäis das Gebiet ist, in dem es die meisten starken und anhaltenden Winde gibt. Deshalb ist es Teil unseres mittel- bis langfristigen Plans, der Offshore-Windenergie zum Durchbruch zu verhelfen. Dazu müssen wir aber auch die notwendigen Verbindungsleitungen bauen.

Schließlich sollten wir auch die Verbindungen zu Afrika berücksichtigen. Afrika hat ein beträchtliches, wenn nicht unbegrenztes Potenzial für die Erzeugung grüner Energie, insbesondere Solarenergie. Wir führen Gespräche mit Ägypten über den Bau einer Verbindungsleitung zwischen Griechenland und Ägypten. Und natürlich glaube ich, dass all diese Projekte in den Rahmen der Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse gehören, weil sie nicht nur für Griechenland, sondern für ganz Europa wichtig sind."

Maroš Šefčovič, EU-Exekutiv-Vizepräsident für den europäischen Grünen Deal

"Was ich in der Tat für sehr wichtig halte, ist, dass wir unser Handeln besser koordinieren müssen. Deshalb haben wir viel in erneuerbare Energien investiert. Im vergangenen Jahr waren wir sehr stolz darauf, mehr Energie aus erneuerbaren Energien als aus fossilen Brennstoffen erzeugt zu haben. Aber der Herr Ministerpräsident weiß sehr gut, dass sehr oft das gesamte Potenzial von Wind und Sonne nicht genutzt werden kann, es gibt sogenannte Drosselungen, da unsere Netze den Strom nicht zu den Endverbrauchern transportieren können, weil sie nicht über die nötige Kapazität verfügen oder weil wir in Europa nicht genügend Verbindungsleitungen haben. Deshalb müssen wir meiner Meinung nach wirklich sicherstellen, dass wir in die Netze investieren und sie so bauen, dass sie bereit sind, nicht für das nächste Jahr, sondern für die klimaneutrale Zukunft im Jahr 2050. Wir müssen das Netz so aufrüsten, dass es für eine klimaneutrale Zukunft bereit ist." 

Ester Baiget, Präsidentin und Chief Executive Officer von Novozymes, Dänemark

"Die aktuelle Situation zeigt den Wert der Risikominderung, den Wert von Optionen und den Wert der Widerstandsfähigkeit. Unsere Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen ist viel zu groß. Wir müssen Alternativen schaffen. Wir sind auf dem Höhepunkt der auf fossilen Brennstoffen basierenden Lösungen. Die Ära der fossilen Lösungen ist vorbei. Jetzt ist es an der Zeit, noch mutiger zu sein und schneller in die Lösungen der Zukunft, der neuen Ära, zu investieren. Der Green Deal schiebt uns alle in die richtige Richtung. Wir Unternehmen haben die Verantwortung, uns an den Tisch zu setzen und unsere Lösungsansätze vorzuschlagen. Es gibt unnötige Hindernisse, die uns das Leben unnötig schwer machen. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele: Wir investieren gemeinsam acht Billionen US-Dollar pro Jahr, um die Vergangenheit zu subventionieren. Acht Billionen US-Dollar! Das sind acht Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts. Das fließt in Subventionen für fossile Brennstoffe. Es ist nicht so, dass wir die Zukunft nicht ausreichend subventionieren, wir subventionieren die Vergangenheit!"

Maxim Timchenko, Vorstandsvorsitzender der ukrainischen DTEK Group

"Am ersten Tag der groß angelegten russischen Invasion haben wir uns vom russischen und weißrussischen Stromnetz abgetrennt. Das war Teil unseres dreitägigen Tests als Teil unseres Synchronisationsprozesses für 2025. Und ich glaube, dass wir an diesem Tag die Verbindung für immer unterbrochen haben. 
Ich bin unseren europäischen Partnern, der Europäischen Kommission und allen Beteiligten sehr dankbar, dass es uns innerhalb von drei Wochen gelungen ist, eine Verbindung herzustellen. Es war eine Notverbindung, aber der Strom aus Europa half uns zu überleben. Und, natürlich, nach diesem historischen Moment für unseren Sektor haben wir gesagt: Jetzt ist es an der Zeit, darüber nachzudenken, wie wir Europa helfen können. Und selbst jetzt, während des zweijährigen Krieges, tun wir das wirklich. Unser Unternehmen hat während des Krieges 200 Millionen Euro in einen 140-Megawatt-Windpark investiert. Erst vor einem Monat haben wir die zweite Phase dieses Windparks angekündigt, in die wir mit Unterstützung Dänemarks 450 Millionen E__uro investieren und Turbinen von Vestas bekommen. Während des Krieges haben wir die Übertragungsleitung mit Polen wiederhergestellt, sodass wir unseren Verbund verbessert haben.

Das sind nur einige Beispiele dafür, was während des Krieges getan werden und welche Rolle die Ukraine spielen kann, auch unter den gegenwärtigen Umständen. Der Green Deal und alle Ziele, die wir hier diskutieren, sind eine treibende Kraft für die Ukraine. Und die meisten der Wirtschaftsreformen, die wir durchführen müssen, sind auf die eine oder andere Weise mit dem Europäischen Green Deal verbunden. Das ist die Grundlage für unsere Zukunft."

Die ganze Diskussion können Sie im obigen Video verfolgen.

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