Sowohl Südkorea als auch Japan sichteten den Abschuss einer vermutlich neuen, wendigeren ballistischen Interkontinentalrakete, die das Festland der Vereinigten Staaten bedrohen soll.
Nordkorea hat am Donnerstag eine neue ballistische Interkontinentalrakete gestartet, die bei ihrem ersten Test die bisher längste Flugzeit und -höhe auswies. die dieses Jahr gemessen wurde.
Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un ordnete den Raketentest an und war am Startplatz anwesend. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums bezeichnete er den Start als "angemessene militärische Aktion“, um die Entschlossenheit Nordkoreas zu zeigen, auf die Manöver seiner Feinde zu reagieren, die die Sicherheit des Nordens bedrohen.
Die Vereinigten Staaten, Südkorea und Japan hatten die Waffe ebenfalls als Interkontinentalrakete identifiziert und verurteilten den Start als Verschärfung der Spannungen. Der Abschuss erfolgte inmitten von Warnungen Washingtons, laut denen nordkoreanische Truppen in russischen Uniformen auf dem Weg in die Ukraine sind, um vermutlich die russischen Streitkräfte zu verstärken und in den Krieg einzugreifen.
Rakete war auf das Festland der USA gerichtet
Nordkorea bestätigte den Abschuss nur Stunden nachdem seine Nachbarn den Abschuss einer vermutlich neuen, beweglicheren Waffe entdeckt hatten, die auf das amerikanische Festland gerichtet war. Die Bestätigung kam ungewöhnlich schnell. Nordkorea erläutert seine Waffentests in der Regel einen Tag nach deren Durchführung.
„Ich versichere, dass die Demokratische Volksrepublik Korea niemals ihre Linie der Verstärkung ihrer Nuklearstreitkräfte ändern wird“, sagte Kim in einer von den staatlichen Medien verbreiteten Erklärung des nordkoreanischen Verteidigungsministeriums.
Nach Angaben des südkoreanischen Generalstabs könnte Nordkorea eine neue ballistische Langstreckenrakete mit Feststofftreibstoff getestet haben. Raketen mit eingebautem Festtreibstoff sind leichter zu bewegen und zu verstecken und können schneller gestartet werden als Waffen mit Flüssigtreibstoff.
Der Sprecher des südkoreanischen Generalstabs, Lee Sung Joon, sagte, der Start sei möglicherweise auf die US-Wahlen abgestimmt worden, um Nordkoreas künftige Verhandlungsmacht zu stärken. Er fügte hinzu, die nordkoreanische Rakete sei in einem hohen Winkel abgefeuert worden, sodass sie mehr Höhe als Entfernung erreichte, offenbar um Nachbarländer zu umgehen.
Der japanische Verteidigungsminister, General Nakatani, erklärte gegenüber Reportern, die Flugdauer der Rakete von 86 Minuten und ihre maximale Flughöhe von mehr als 7000 Kilometern überstiegen die entsprechenden Daten früherer nordkoreanischer Raketentests. Lee, der südkoreanische Militärsprecher, bestätigte, Südkorea habe eine ähnliche Einschätzung des Starts vom Donnerstag.
Sowohl Südkorea als auch Japan verurteilten den nordkoreanischen Raketenstart als Bedrohung des Weltfriedens und erklärten, dass sie sich wegen des jüngsten nordkoreanischen Waffentests eng mit den USA abstimmen würden. Lee sagte, dass Südkorea und die USA als Reaktion auf die nordkoreanischen Drohungen "ausreichende“ bilaterale Militärübungen und trilaterale Übungen unter Einbeziehung Japans planen.
Nordkoreanische Soldaten ziehen in Richtung Ukraine
In den vergangenen zwei Jahren nahm Kim den Einmarsch Russlands in die Ukraine zum Anlass, Waffentests und Drohungen zu verstärken und gleichzeitig die militärische Zusammenarbeit mit Moskau auszubauen. Südkorea, die USA und andere Länder haben Nordkorea vor Kurzem beschuldigt, Tausende von Truppen zur Unterstützung des russischen Kriegseinsatzes gegen die Ukraine zu entsenden. Angeblich lieferte Nordkorea bereits Artillerie, Raketen und andere konventionelle Waffen nach Russland.
Die mögliche Beteiligung Nordkoreas am Krieg in der Ukraine würde eine ernsthafte Eskalation bedeuten. Südkorea, die USA und ihre Partner machen sich auch Sorgen darüber, was Nordkorea von Russland als Gegenleistung für eine Beteiligung am Krieg gegen die Ukraine erhalten könnte. Experten zufolge erhofft sich Kim Jong Un neben dem Sold für seine Soldaten wahrscheinlich auch russische Hightech-Technologie, mit der er seine nuklearfähigen Raketen perfektionieren und ein zuverlässiges weltraumgestütztes Überwachungssystem aufbauen kann. Kim könnte auch russische Kampfflugzeuge und Hilfe bei der Modernisierung der konventionellen Waffen seines Landes fordern.
Am Mittwoch erklärte Verteidigungsminister Lloyd Austin, dass sich nordkoreanische Truppen in russischen Uniformen und mit russischer Ausrüstung auf die Ukraine zubewegen, was er als gefährliche und destabilisierende Entwicklung bezeichnete. Austin sagte, "die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich hoch“, dass Russland die Truppen im Kampf einsetzen wird.
Austin sprach auf einer Pressekonferenz in Washington mit dem südkoreanischen Verteidigungsminister Kim Yong-hyun. Der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol hatte in der vergangenen Woche die Möglichkeit von Waffenlieferungen an die Ukraine angesprochen und gleichzeitig betont, seine Regierung werde angesichts der vermutlichen Truppenentsendung Nordkoreas "nicht untätig bleiben“.
Südkorea teilte am Mittwoch mit, dass Nordkorea mehr als 11.000 Soldaten nach Russland entsandt habe. Über 3000 von ihnen seien in die Nähe von Schlachtfeldern in Westrussland verlegt worden.