Im Vorfeld des Heiligen Jahres investiert Rom in neue Unterkünfte für Obdachlose. Doch mit nur 240 Plätzen für über 22.000 Betroffene stoßen die Maßnahmen an ihre Grenzen.
In den letzten Wochen wurde viel darüber diskutiert, wie die Stadt Rom im Vorfeld des Heiligen Jahres 2025 mit der Unterbringung von Obdachlosen umgeht.
Der Stadtrat von Rom hat beschlossen, im Frühjahr 2024 4,3 Millionen Euro in eine außergewöhnliche Maßnahme zu investieren, um Obdachlosen Schutz zu bieten.
Das Projekt umfasst den Bau von vier temporären Unterkünften, die vor allem in den Wintermonaten genutzt werden sollen. Diese sollen an zentralen Standorten errichtet werden: zwischen dem Bahnhof Termini und San Lorenzo, in der Nähe des Bahnhofs Tiburtina, am Bahnhof Ostiense und unweit des Bahnhofs San Pietro.
Jede dieser Unterkünfte ist darauf ausgelegt, bis zu 70 Personen täglich rund um die Uhr aufzunehmen.
Nur zwei Zelte rechtzeitig fertiggestellt
"Alle vier Zeltkonstruktionen werden gebaut. Sie liegen im Zeitplan und werden pünktlich zum Beginn des Heiligen Jahres fertiggestellt", versicherte Bürgermeister Roberto Gualtieri seit dem vergangenen Frühjahr mehrfach.
Doch kurz vor dem Heiligen Jahr konnten lediglich zwei der vier Zelte eingeweiht werden: Eines in der Nähe des Viertels San Lorenzo am Bahnhof Termini mit Platz für 40 Personen sowie ein weiteres am Piazzale dei Partigiani beim Bahnhof Ostiense, dessen Baukosten etwa eine Million Euro betrugen.
Carlo Santoro, der den Empfang im Palazzo Migliori leitet, sieht in den neuen Unterkünften einen wichtigen Schritt: "Das ist eine Lösung, die es in dieser Form seit Jahren nicht mehr gegeben hat.
Die Menschen auf der Straße haben sie sehr vermisst. Sie hilft ihnen, den Winter zu überstehen, und wir hoffen, dass sich daraus stabilere Lösungen ergeben." Doch nicht alle sehen das so. Giovanni, selbst obdachlos und von der Gemeinschaft Sant’Egidio unterstützt, äußerte sich kritisch: "Wir sollten nicht nur im Winter an die Obdachlosen denken. Die Politiker sollten unsere Lage verstehen und auch dann helfen, wenn es nicht kalt ist."
Zwischenbilanz: Wenige Plätze, viele Obdachlose
Bisher konnten nur wenige Menschen von den neuen Unterkünften profitieren. Eine von ihnen ist Margherita, die aus Polen stammt und seit 33 Jahren in Italien lebt. "Ich habe vorher in einem katastrophalen Lagerhaus gelebt. Hier ist es warm, und es fehlt an nichts. Aber das ist nur eine vorübergehende Lösung für drei oder vier Monate", erklärte sie gegenüber Euronews.
In Rom gibt es laut einer Zählung der Stadtverwaltung vom April 2024 insgesamt 2.204 Obdachlose, von denen knapp die Hälfte auf der Straße lebt. 82,7 Prozent von ihnen sind Männer, vor allem in der Altersgruppe zwischen 40 und 49 Jahren. Die meisten halten sich in der Nähe der Bahnhöfe Termini und Tiburtina sowie in St. Peter auf. Eine genauere Analyse ergab, dass der Großteil aus Italien, Rumänien, Somalia und Marokko stammt.
Stadträtin Barbara Funari kündigte an, die Kapazitäten mittelfristig zu erhöhen: "Mit Hilfe des nationalen Wiederaufbauplans (NRRP) werden wir bis 2026 zusätzliche 250 Plätze schaffen, verteilt auf Wohnungen und kleinere Unterkünfte in der Stadt."
Doch auch mit den geplanten Erweiterungen bleibt die Versorgung unzureichend: Das Nationale Institut für Statistik (Istat) schätzte die Zahl der obdachlosen und wohnungslosen Menschen in Rom Ende 2022 auf über 22.000 – ein trauriger Rekord in Italien.
Armut auf Rekordniveau
Laut dem Caritas-Armutsbericht 2024 hat die absolute Armut in Italien einen neuen Höchststand erreicht. Rund 5,7 Millionen Menschen – fast zehn Prozent der Bevölkerung – sind betroffen. Besonders dramatisch ist die Situation in Rom, das mit 23 Prozent die höchste Konzentration obdachloser Menschen in Italien verzeichnet.
Das Europäische Parlament hat bereits 2020 gefordert, die Obdachlosigkeit in der EU bis 2030 zu beenden. Es schlägt vor, nationale Strategien durch gezielte Mittelvergabe und bessere Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zu unterstützen. Doch bis dahin bleibt die Lage für viele Menschen in Rom – gerade im Winter – weiterhin prekär.