Trumps oberste Sicherheitsbeamte haben ihre Verachtung für Europa in einem Gruppenchat offengelegt, der eigentlich geheim bleiben sollte. Ein Journalist wurde versehentlich zu dem Gespräch hinzugefügt.
"Ich teile voll und ganz deine Abscheu vor der europäischen Trittbrettfahrerei. Es ist erbärmlich" - so äußerte sich US-Verteidigungsminister Pete Hegseth in einem (streng geheimen) operativen Gruppenchat mit den nationalen Sicherheitsschwergewichten der Trump-Regierung.
Der Inhalt des Chats, an dem US-Verteidigungsminister Pete Hegseth, Vizepräsident J.D. Vance, Außenminister Marco Rubio und Michael Waltz, Trumps nationaler Sicherheitsberater, teilnahmen, wurde von Jeffrey Goldberg, dem Chefredakteur von The Atlantic veröffentlicht, der offenbar aus Versehen zu der Diskussion hinzugefügt wurde.
In dem Chat, der laut dem Nationalen Sicherheitsrat der USA "authentisch" ist, diskutierte die Gruppe geplante Angriffe auf die vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen im Jemen, die Stunden später begannen.
Der Chat enthüllte nicht nur streng geheime operative Informationen über die Angriffe, sondern auch eine Verachtung der USA für Europa, die Vance erstmals in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz zum Ausdruck gebracht hatte.
In dem durchgesickerten Gespräch, das über die für offizielle Geheimgespräche eigentlich nicht zugelassene App Signal geführt wurde, sagte Vance, wie sehr er es hasse, "Europa wieder herauszuhauen", und meinte, dass die Angriffe auf die Houthis und die anschließende Freigabe der Handelswege Europa am meisten nutzen würden.
"Drei Prozent des US-Handels laufen durch den Suez. 40 Prozent des europäischen Handels. Es besteht ein echtes Risiko, dass die Öffentlichkeit (der USA) nicht versteht, warum das notwendig ist", sagte der US-Vizepräsident zu Beginn der Diskussion.
"Ich bin mir nicht sicher, ob sich der Präsident bewusst ist, wie inkonsistent dies mit seiner derzeitigen Botschaft gegenüber Europa ist", so Vance weiter, der dafür plädierte, die Angriffe auf die Houthis um einen Monat zu verschieben.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs kritisierte Waltz die begrenzten Fähigkeiten der europäischen Seestreitkräfte.
"Die Vereinigten Staaten müssen diese Schifffahrtswege wieder öffnen. Auf Wunsch des Präsidenten arbeiten wir mit dem Verteidigungsministerium und dem Außenministerium zusammen, um herauszufinden, wie wir die damit verbundenen Kosten berechnen und sie den Europäern aufbürden können", sagte Trumps nationaler Sicherheitsberater.
Hegseth erwiderte: "Ich teile deine Verachtung für Europas Trittbrettfahrerei voll und ganz. Es ist ERBÄRMLICH." Aber, fügte er hinzu, "wir sind die Einzigen auf dem Planeten (auf unserer Seite der Bilanz), die das tun können."
Andere Beamte fügten hinzu, die USA sollten Ägypten und Europa klar sagen, "was wir im Gegenzug erwarten". Ein Account unter dem Namen des Stabschefs des Weißen Hauses, Steve Miller, kommentierte: "Wir müssen auch herausfinden, wie wir eine solche Forderung durchsetzen können. Wenn Europa zum Beispiel nicht zahlt, was dann?"
US-Vizepräsident Vance hatte die europäischen Staats- und Regierungschefs erstmals Mitte Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz verblüfft, wo er die Mediengesetze des Kontinents scharf kritisierte und verkündete, Europa müsse sich vor einem "Feind im Inneren" fürchten.
Anfang März sorgte Vance für Kontroversen, als er Großbritannien und Frankreich im Zusammenhang mit den Waffenstillstandsverhandlungen in der Ukraine als "irgendwelche Länder, die seit 30 oder 40 Jahren keinen Krieg mehr geführt haben" bezeichnete, obwohl beide Länder an der Seite der USA in Afghanistan gekämpft hatten.
Hegseths Kommentare reihen sich ein in andere öffentliche Äußerungen des Verteidigungsministers über eine unfaire Unterstützung Europas durch die USA, wie etwa seine Worte vom Februar, dass Washington "nicht länger ein unausgewogenes Verhältnis" zu seinen Verbündeten toleriere.
Trump selbst hatte schon vor seiner Wiederwahl ins Weiße Haus eine harte Haltung gegenüber Europa eingenommen. Der US-Präsident warf der Europäischen Union vor, die USA auszunutzen, und in einem laufenden Handelskrieg mit Zöllen von 200 Prozent auf europäischen Alkohol gedroht.
Er verärgerte die europäischen Verbündeten auch mit der Forderung, die USA wollten Grönland, das zum EU-Mitglied Dänemark gehört, übernehmen.
Die Chefin der EU-Außenpolitik, Kaja Kallas, warf Vance nach seiner Rede in München vor, er wolle "einen Streit" mit Europa anzetteln.
"Wenn man sich diese Rede anhört, versuchen sie, einen Streit mit uns anzuzetteln, und wir wollen keinen Streit mit unseren Freunden anzetteln", sagte Kallas damals.