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Vier Palästina-Aktivisten droht Abschiebung aus Deutschland

Großes Polizeiaufgebot bei einer der zahlreichen pro-palästinensischen Kundgebungen in Berlin - 18. Mai 2024
Großes Polizeiaufgebot bei einer der zahlreichen pro-palästinensischen Kundgebungen in Berlin - 18. Mai 2024 Copyright  AP Photo
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Von Tamsin Paternoster & Liv Stroud
Zuerst veröffentlicht am
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Vier Staatsangehörige aus Irland, Polen und den USA haben Einspruch gegen eine Anordnung eingelegt, derzufolge sie Deutschland wegen ihrer Teilnahme an pro-palästinensischen Aktionen noch in diesem Monat verlassen müssen. Sonst drohe ihnen die Ausweisung.

Wegen ihrer Teilnahme an pro-palästinensischen Aktionen hat der Berliner Senat vier Staatsangehörige der EU und der USA aufgefordert, bis zum 21. April Deutschland zu verlassen, sonst drohe ihnen die Ausweisung.

Die Behörden sehen in den vier Personen - zwei aus Irland, eine aus Polen und eine aus den USA - eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit, weswegen sie Deutschland so schnell wie möglich verlassen sollten, so Anwalt Alexander Gorski, der zwei der Betroffenen vertritt. Er hat dagegen Klage eingereicht.

Laut Gorski laufen gegen seine Mandanten Strafverfahren wegen Hausfriedensbruch, Beleidigung der Polizei und Widerstand gegen die Festnahme im Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an mehreren Pro-Gaza-Protesten. Ihnen wird angeblicher Antisemitismus und Sympathie mit der Terrororganisation Hamas vorgeworfen. Alle vier sollen unter anderem im Oktober 2024 an der pro-palästinensischen versuchten Besetzung eines Gebäudes der Freien Universität Berlin beteiligt gewesen sein.

Die Berliner Senatsinnenverwaltung will laut Gorski trotz Bedenken der Berliner Ausländerbehörde die Ausweisung durchsetzen. Die Ausländerbehörde habe Bedenken geäußert, dass die Abschiebung von EU-Bürgern nicht rechtmäßig sei.

Die Senatsinnenverwaltung bestätigte, dass sie den Aktivisten die Aufenthaltsgenehmigung entzogen habe, und brachte diese Entscheidung mit dem Protest an der Universität in Verbindung. Im Oktober soll eine "gewalttätige und maskierte" Gruppe in das Universitätsgebäude eingedrungen und "erheblichen Sachschaden" angerichtet haben, darunter Graffiti mit Bezug auf den Krieg in Gaza sowie andere Straftaten, so die Behörde. Derzeit laufe ein Strafverfahren. Unter Berufung auf Datenschutzgesetze lehnte sie die Weitergabe weiterer Informationen ab.

Studentische Proteste an der Freien Universität Berlin, 7. Mai 2024
Studentische Proteste an der Freien Universität Berlin, 7. Mai 2024 AP Photo

Die Freie Universität hatte den Vorfall damals unmittelbar danach als "gewalttätigen Angriff" verurteilt, bei dem 40 maskierte Personen versucht hätten, ein Campus-Gebäude zu stürmen, "Mitarbeiter verbal zu bedrohen und körperliche Gewalt anzuwenden". Nach Angaben der Universität wurden IT-Geräte zerstört, Räume verwüstet und ein Hamas-Symbol an eine Wand gesprüht.

Der Allgemeine Studentenausschuss der Universität erklärte im Oktober, die Universität habe es versäumt, "die Komplexität der Ereignisse zu erfassen". Die Polizeipräsenz vor Ort sei "exzessiv" gewesen, und die Strafverfolgungsbehörden hätten im Zusammenhang mit der Unterdrückung ähnlicher Demonstrationen gewaltsam auf die Demonstranten reagiert.

Hohe Hürden für Abschiebung von EU-Bürgern

Laut der Webseite The Intercept, die zuerst über die Geschichte berichtete, wurde nur einer der beiden irischen Staatsangehörigen vor Gericht gestellt, weil er einen Polizeibeamten als "Faschist" bezeichnet hatte, letztlich aber freigesprochen.

Den vier wird laut The Intercept unter anderem das Rufen von Parolen wie "From the river to the sea, Palestine will be free" vorgeworfen - eine Parole, die zwar verboten ist, über deren Verwendung deutsche Gerichte aber bisher unterschiedlich entschieden haben.

Die Aktivisten haben ihrerseits Deutschland vorgeworfen, "das Migrationsrecht zu einer Waffe zu machen", und den Vorwurf der Unterstützung einer terroristischen Organisation und des Antisemitismus als willkürlich zurückgewiesen.

Laut Gorski haben die vier sowohl Berufung eingelegt als auch eine einstweilige Verfügung beantragt, um eine drohende Abschiebung zu verhindern. Er bezeichnete es als "sehr, sehr ungewöhnlich", dass drei EU-Bürgern die Abschiebung aus einem anderen Mitgliedstaat droht, ohne dass sie strafrechtlich verurteilt wurden.

Die Behörden begründeten ihre Entscheidung mit den Bestimmungen, die eine Abschiebung von Ausländern erlauben, wenn diese eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Die Senatsinnenverwaltung erklärte, eine strafrechtliche Verurteilung sei keine Voraussetzung für eine Abschiebung, werde aber bei der Bewertung der Entscheidung "berücksichtigt".

Von Seiten der Europäischen Kommission hieß es in dieser Woche, die innere Sicherheit falle in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten, Freizügigkeit sei jedoch "ein Grundrecht der EU-Bürger", und Fälle, in denen diese Freizügigkeit aus Gründen der öffentlichen Sicherheit eingeschränkt werde, müssten "gerechtfertigt und verhältnismäßig" sein.

In Irland hat die mögliche Abschiebung der zwei irischen Staatsangehörigen für Aufsehen gesorgt. Regierungschef Micheál Martin erklärte, die Angelegenheit sei von "grundlegender Bedeutung für die Freizügigkeitsrechte der EU-Bürger". Der Vorfall spiegele eine "völlig unterschiedliche Herangehensweise" an den Krieg in Gaza zwischen Deutschland und Irland wider. Er werde das Problem bei den deutschen Behörden zur Sprache bringen. Das irische Außenministerium erklärte sich bereit, konsularischen Beistand zu leisten.

Weitere Quellen • euronews

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