Der Hurrikan Melissa, einer der stärksten jemals aufgezeichneten Stürme, wütete in der Karibik, wobei Wissenschaftler den Klimawandel als Hauptgrund für die Stärke des Sturms ausmachen.
Hurrikan Melissa, einer der stärksten jemals aufgezeichneten Stürme, hat in weiten Teilen der nördlichen Karibik, einschließlich Jamaika, Kuba und Haiti, eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Die Zahl der Todesopfer war am Donnerstag nach offiziellen Angaben etwa 50 gestiegen. In Haiti kamen 30 Menschen ums Leben - darunter mindestens 10 Kinder - und 20 weitere Personen wurden noch vermisst.
Die Behörden in Jamaika meldeten mindestens 19 Tote und rechneten damit, dass die Zahl der Opfer weiter steigen wird, denn die Such- und Rettungsarbeiten dauern an.
Erste Hilfe erreicht Jamaika
Am Donnerstag erreichten 12 Nothilfeflüge mit Wasser, Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern Montego Bay, sagte der jamaikanische Verkehrsminister Daryl Vaz.
Sangster International Airport, der wichtigste Flughafen des Landes, war am späten Mittwochabend wieder geöffnet worden.
Über schwerer zu erreichenden Orten auf Jamaika warfen Hubschrauber Lebensmittel ab, da der Hurrikan Straßen und Brücken zerstört hat. Besonders im Südosten der Insel waren zahlreiche Gemeinden noch isoliert.
Am Donnerstag landete ein US-amerikanisches Such- und Rettungsteam in Jamaikas Hauptstadt.
Der Sturm machte viele Häuser dem Erdboden gleich und riss die Dächer von vielen Gebäuden. Mehr als 13 000 Menschen blieben laut Behörden zunächst in überfüllten Notunterkünften. 72 Prozent der Insel waren ohne Strom und nur 35 Prozent der Mobilfunknetze funktionierten.
Langsame Erholung auf Kuba
Nachdem der Zivilschutz vor dem Sturm über 735 000 Menschen im Osten Kubas evakuiert hatte, kehrten die ersten Bewohner nach Hause zurück. Es wurden keine Todesfälle gemeldet.
Das Militär half bei der Rettung von Menschen, die in abgelegenen Gemeinden eingeschlossen und von Erdrutschen bedroht waren. Starke Regenfälle und extreme Trockenheit haben die Karibik anfälliger für Überschwemmungen und Erdrutsche gemacht, sagte Nicole Leotaud, Geschäftsführerin des Caribbean Natural Resources Institute.
Inzwischen haben Teams mit schwerem Gerät damit begonnen, blockierte Straßen zu räumen.
Nach offiziellen Angaben waren die Provinzen Santiago, Granma, Holguín, Guantánamo und Las Tunas von dem Sturm betroffen.
Der Wirbelsturm kappte zahlreiche Stromleitungen und Telekommunikationskabel, so dass viele Gemeinden ohne Strom-, Internet- oder Telefon blieben.
Die Stadt El Cobre in der östlichen Provinz Santiago de Cuba, in der etwa 7.000 Menschen leben, war mit am stärksten betroffen. Viele Häuser stürzten ein. Auch die berühmte Basilika der Stadt wurde beschädigt.
Tod und Überschwemmungen in Haiti
In Haiti wurden Dutzende Todesfälle gemeldet, nachdem das Land von katastrophalen Überschwemmungen heimgesucht worden war. Etwa 15.000 Menschen waren in Notunterkünften untergebracht.
Der Hurrikan Melissa tötete mindestens 20 Menschen, darunter 10 Kinder, in Petit-Goâve, so die haitianische Katastrophenschutzbehörde. Der Ort liegt unweit der Hauptstadt Port-au-Prince.
Mindestens 160 Gebäude wurden beschädigt, weitere 80 wurden vollständig zerstört.
"Es ist ein trauriger Moment für das Land", sagte Laurent Saint-Cyr, Vorsitzender des haitianischen Übergangspräsidialrats. Er ging davon aus, dass noch nicht alle Todesopfer gefunden wurden.
Folge des Klimawandels
Melissa war am Dienstag als Hurrikan der Kategorie 5 mit Rekordwindgeschwindigkeiten von 300 km/h auf Jamaika getroffen, bevor er sich abschwächte und auf Kuba zusteuerte. Am Mittwoch zog der Hurrikan an den südöstlichen Bahamas vorbei, wo 1.400 Menschen zuvor evakuiert worden waren.
In der Nacht zum Donnerstag schwächte sich Melissa nach Angaben des Nationalen Hurrikan-Zentrums der USA in Miami zu einem Sturm der Kategorie 2 mit einer maximalen anhaltenden Windgeschwindigkeit von 165 km/h ab. Dann driftete er weiter nach Nordosten.
Als Melissa am späten Donnerstag westlich der Bermudas vorbeizog, nahm der Sturm wieder an Geschwindigkeit zu, bevor eine weitere Abschwächung erwartet wurde.
Wissenschaftler konstatierten eine extrem schnelle Intensivierung, die es Melissa ermöglichte, mit ungewöhnlicher Stärke über die Karibik zu ziehen. Experten gehen davon aus, dass der Sturm durch eine überdurchschnittliche Erwärmung des Meereswassers verschärft wurde, was viele mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel in Verbindung bringen.
"Der Sturm verstärkte sich rasch, während er träge über außergewöhnlich warmes Ozeanwasser kroch, das 1,4 °C wärmer war als der Durchschnitt und bis zu 700 Mal wahrscheinlicher auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückzuführen ist", heißt es in einer Studie der Wissenschaftler von Climate Central.
Warmes Wasser ist eine der wichtigsten Energiequellen für Hurrikane. Je wärmer und tiefer das Wasser ist, desto stärker kann ein Sturm sein.
Nach Schätzungen von AccuWeather hat der Hurrikan Melissa in der Karibik wirtschaftliche Schäden in Höhe von mindestens 50 Milliarden US-Dollar (43,2 Mrd. Euro) verursacht.