Fernando S. hat seine Frau über Jahre sediert und sexuell missbraucht. Videos davon teilte er im Internet. Jetzt ist ein Urteil gegen ihn gefallen.
In Aachen ist ein Mann zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Über mehr als 15 Jahre hat er seine Frau unter Drogen gesetzt und anschließend sexuell missbraucht. Seine Taten filmte er und stellte die Videos ins Internet. Am Freitag ist das Urteil am Aachener Landgericht gefallen.
Achteinhalb Jahre soll der 61-Jährige in Haft verbringen. Er wurde wegen schwerer Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und Persönlichkeitsrechten verurteilt. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, der Mann hat die Möglichkeit, Revision einzulegen.
Urteil: Mehrjährige Haftstrafe
Von 2018 bis 2024 sollen die Taten in der gemeinsamen Wohnung des ehemaligen Paares in Stolberg staatgefunden haben. Es gibt auch Videos aus dem Jahr 2009, in denen die Staatsanwaltschaft allerdings die Identität beider Personen nicht eindeutig nachweisen konnte. Fernando S. soll seine Frau heimlich betäubt haben. Die Übergriffe hat er filmisch dokumentiert und die Aufnahmen in Messenger-Gruppen verbreitet. Ermittler gehen davon aus, dass Tausende Nutzer auf das illegale Material zugreifen konnten.
Die Videos wurden im Laufe der Ermittlungen sichergestellt. Der Angeklagte Fernando S. saß bereits seit Februar des laufenden Jahres in Untersuchungshaft. Der Hausmeister wurde an seinem Arbeitsplatz, einer Gesamtschule in Alsdorf, festgenommen. Ein Zusammenhang zwischen den Taten und der beruflichen Tätigkeit des Angeklagten an der Schule bestand nach Angaben der Ermittler nicht.
Ausgelöst wurden die Ermittlugnen durch eine journalistische Recherche des Formats Strg F. Die Journalisten waren auf einschlägige Online-Gruppen gestoßen und gaben die Hinweise an die Behörden weiter.
Parallelen zu Gisèle Pelicot
Der Fall weckt Erinnerungen an den Prozess gegen den Ehemann von Gisèle Pelicot. Dominique Pelicot wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt. Er hat seine damalige Frau über Jahre hinweg mit Medikamenten betäubt und vergewaltigt. Er ludt systematisch andere Männer über Internetforen in das gemeinsame Zuhause ein.
Der Prozess von Gisèle Pelicot im Jahr 2025 war auf ihr Wirken hin größtenteils öffentlich. Der deutsche Prozess am Landgericht Aachen fand größtenteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Mit dem Satz "Die Scham muss die Seite wechseln!" ist sie in Frankreich eine Figur für Frauenrechte und gegen sexualisierte Gewalt geworden. Neben Pelicot wurden 50 weitere Männer zu Haftstrafen verurteilt.
Beide Verfahren machten sichtbar, wie systematisch solche Verbrechen innerhalb einer Ehe verborgen bleiben können.
Sexualisierte Gewalt gegen Frauen nimmt zu
Eine Statistik des Bundeskriminalamt zeigt auf, dass im Jahr 2024 erneut die Zahl von Sexualdelikten gegen Frauen gestiegen ist. 2024 wurden 53.451 Frauen Opfer von Sexualdelikten, 2,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Knapp die Hälfte der Opfer war zum Tatzeitpunkt minderjährig.
Sowohl bei Sexualstraftaten als auch bei häuslicher Gewalt, die sich innerhalb von Familien und Partnerschaften abspielt, sind die Opfer überwiegend weiblich. Bei häuslicher Gewalt liegt der Anteil bei 70,4 Prozent, bei Sexualstraftaten bei 85,9 Prozent, so die Auswertung des Bundeskriminalamtes, die im November 2025 veröffentlicht wurde. Gliedert man im Lagebild Häusliche Gewalt nach Straftaten, so ist der Anteil von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen gegen Frauen bei 97,8 Prozent.
Das Bundeskriminalamt geht allerdings weiterhin von einer höheren Dunkelziffer aus. Zwar ist die öffentliche Sensibilisierung für das Thema Häusliche und Sexualisierte Gewalt gestiegen, doch explizite Aussagen über die Häufigkeit seien schwer zu treffen.