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Brennpunkt Bahnhof: Mehr als 1000 Verbrechen am Tag

Polizisten am Frankfurter Hauptbahnhof, 12. März 2024
Polizisten am Frankfurter Hauptbahnhof, 12. März 2024 Copyright  Copyright 2024 The Associated Press. All rights reserved
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Von Laura Fleischmann
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Angespuckte und gebissene Polizisten sind in Deutschland längst Alltag. Trotz insgesamt sinkender Kriminalität nehmen Gewalt- und Sexualdelikte zu. Das Täterprofil ist geprägt von Migration, Alkohol- und Drogenkonsum – und belastet die Polizei stark.

Wieder ist die Gewalt an Bahnhöfen gestiegen. Das zeigt der nun veröffentlichte Jahresbericht der Bundespolizei 2024. Im Vergleich zum Vorjahr gab es 6 % mehr registrierte Gewaltdelikte, im Vergleich zu 2019 ein Plus von 51 %. Insgesamt verzeichnete die Bundespolizei 27.160 Gewaltdelikte an Bahnhöfen und in Zügen. Neben Großstädten geraten zunehmend auch kleine und sogar ländliche Bahnhöfe in den Fokus.

Problematisch sind auch die zunehmenden Sexualdelikte an Bahnhöfen und in Zügen. Die Bundespolizei registrierte 2024 19,2 % mehr Fälle von Exhibitionismus, sexueller Belästigung, Vergewaltigung sowie anderen Sexualdelikten. Insgesamt gab es 381.894 Straftaten an Bahnhöfen und in Zügen – 10,1 % weniger als 2023.

"Der Bericht bereitet uns Sorgen", erklärt der stellvertretende Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft Manuel Ostermann im Gespräch mit Euronews. "Die Zahl der Straftaten insgesamt ist gesunken, doch wo es wirklich darauf ankommt – bei Gewalt- und Sexualdelikten sowie Verstößen gegen das Waffengesetz – sieht es schlecht aus."

Ähnlich wie an Bahnhöfen ist auch die Zahl der Straftaten insgesamt im Vergleich zum Vorjahr gesunken – um 18,8 %. Sie liegt nun bei etwa 640.000 registrierten Straftaten. Ein Erfolg, der maßgeblich auf die gesunkene Zahl an Straftaten nach dem Aufenthaltsgesetz zurückgeht.

Der Bericht zeigt ein zwiespältiges Bild: Denn deutschlandweit ist die Zahl der Gewalt- und Sexualdelikte gestiegen – um 6,6 % und um 13 %. Die Zahlen beziehen sich nur auf angezeigte Delikte, über Verfahren oder Verurteilungen geben sie keinen Aufschluss.

Polizei und Spurensicherung nach einem Messerangriff am Hamburger Hauptbahnhof, 23. Mai 2025
Polizei und Spurensicherung nach einem Messerangriff am Hamburger Hauptbahnhof, 23. Mai 2025 (c) Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Ostermann vermutet mehrere Ursachen für die zunehmend registrierte Gewalt: Zum einen gebe es mehr "abgehängte" Menschen in Deutschland, die wegen fehlender sozialer Infrastruktur wie beispielsweise Streetworkern und Lehrkräften zunehmend auf sich allein gestellt sind.

Täterprofil: männlich, betrunken, nicht-deutsch

Familien seien immer häufiger überfordert, häusliche Gewalt und Drogenkonsum nähmen zu. "Extremisten sind gut darin, entsprechende Jugendliche für sich zu vereinnahmen", so Ostermann. "Die Debatte beginnt eigentlich schon im Elternhaus."

Doch auch die Migration macht Ostermann mitverantwortlich: "Das Täterprofil ist in erster Linie männlich, und in zweiter Linie sind es mit Blick auf das Verhältnis zur Gesamtbevölkerung Männer aus den Asylhauptherkunftsländern."

Dem Bericht zufolge sind rund 79 % der Täter männlich. Die Hälfte (49 %) stand zum Tatzeitpunkt unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Etwas mehr als die Hälfte (53 %) hatte keine deutsche Staatsangehörigkeit.

An Bahnhöfen versuchen Bundespolizei und Deutsche Bahn, mit erhöhter Präsenz, Gefährderansprachen, Waffenverbotszonen und 11.000 Kameras der Kriminalität entgegenzuwirken.

Ostermann fordert, die Deutsche Bahn AG stärker in die Pflicht zu nehmen: "Sie muss auch selbst ihre Bahnhöfe mit mehr Sicherheitspersonal schützen. Bahnhöfe müssen grundsätzlich schneller modernisiert werden." Gut beleuchtete und saubere Bahnhöfe würden das Sicherheitsempfinden stärken und führen gegebenenfalls zu weniger Straftaten.

"Viel versäumt in den vergangenen zehn Jahren"

Gewalt bekommen immer häufiger auch Bundespolizisten zu spüren. 2024 ist die Zahl der Angriffe leicht gesunken, von 2.979 im Jahr 2023 auf 2.967 – der zweithöchste Wert seit Einführung der Statistik im Jahr 2001.

"Jeder Angriff auf die körperliche Unversehrtheit unserer Beamtinnen und Beamten ist ein Angriff auf unsere Gesellschaft als Ganze, auf unser friedliches Zusammenleben", heißt es dazu von Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) in dem Bericht.

Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) in München am 4. Oktober 2025
Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) in München am 4. Oktober 2025 Copyright 2025 The Associated Press. All rights reserved

Verletzt wurden vergangenes Jahr 804 Bundespolizisten, die meisten von ihnen Männer. "Die Angriffe erfolgten fast immer mittels körperlicher Gewalt, durch Fußtritte, Faustschläge, Anspucken, Bisse sowie Kopf- und Körperstöße. Bei jedem achten Angriff wurden auch Gegenstände als Tatmittel verwendet. Am häufigsten Flaschen, Steine und Dinge des täglichen Gebrauchs", so die Bundespolizei.

Mit der Arbeit von Innenminister Alexander Dobrindt zeigt sich Ostermann, der selbst CDU-Mitglied ist, sehr zufrieden, doch in den vergangenen zehn Jahren sei viel versäumt worden.

"Wir werden sicherheitsspezifisch auf dunkle Jahre blicken. Mehr Kameras sind gut, aber wenn die Technik fehlt, die gesetzliche Nivellierung und das Personal, hat man Probleme. Daran wird kaum gedacht. Wir sind weit entfernt von guter politischer Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Wenn wir beispielsweise in die Schulen blicken, liegt alles brach und wurde über Jahrzehnte verschlafen. Es wird ein Sprint wie ein Marathon, das wieder aufzubauen", sagt Ostermann zu Euronews.

Am Ende bleibt ein deutliches Signal: Trotz positiver Entwicklungen in einigen Bereichen verschärft sich die Lage vielerorts, wo sie am empfindlichsten ist.

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