Der Streit um digitale Regeln spitzt sich zu: Die USA werfen Europäern Zensur vor und verhängen Einreiseverbote. Außenminister Rubio kündigt hartes Vorgehen an.
Die US-Regierung hat mehreren Europäern die Einreise in die USA verboten. Der Vorwurf: Sie sollen dabei geholfen haben, die Meinungsfreiheit auf amerikanischen Onlineplattformen einzuschränken.
Betroffen sind unter anderem Anna-Lena von Hodenberg und Josephine Ballon, die beiden Geschäftsführerinnen der Berliner Organisation HateAid. Aus Sicht des US-Außenministeriums gehören sie zu Gruppen, die Druck auf große US-Techfirmen ausüben, um bestimmte Inhalte im Netz löschen zu lassen.
Die Staatssekretärin im US-Außenministerium, Sarah B. Rogers, sprach auf der Plattform X von einer klaren "roten Linie" gegen ausländische Zensur. Die Maßnahmen richteten sich gegen Organisationen, die sich aus US-Sicht in die Meinungsfreiheit von Amerikanern einmischen.
Ex-EU-Kommissar ebenfalls sanktioniert
Außenminister Marco Rubio kündigte an, hart gegen ein internationales Netzwerk vorzugehen, das er als eine Art "Zensur-Industrie" bezeichnet. Gemeint seien Aktivisten und Nichtregierungsorganisationen, die – oft mit politischer Unterstützung – Einfluss auf amerikanische Plattformen nehmen. Weitere Einreiseverbote schloss er nicht aus.
HateAid weist die Vorwürfe entschieden zurück, wie der Spiegel berichtet. "Die US-Regierung stellt damit die europäische Souveränität infrage", so die Organisation. "Wir sind nicht überrascht. Es ist ein Akt der Repression einer Regierung, die zunehmend Rechtsstaatlichkeit missachtet und versucht, ihre Kritiker mit aller Härte zum Schweigen zu bringen." Erst vor wenigen Monaten wurde von Hodenberg für ihren Einsatz gegen digitale Gewalt mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet.
Neben HateAid sind auch der frühere EU-Kommissar Thierry Breton sowie zwei britische NGO-Vertreter von den Einreiseverboten betroffen. Breton war bis 2024 maßgeblich an europäischen Digitalgesetzen beteiligt, die Plattformen wie Google, Meta oder X verpflichten, illegale Inhalte zu entfernen und transparenter zu arbeiten.
Die US-Sanktionen kommen kurz nach einer Entscheidung der EU-Kommission, die die Plattform X wegen mangelnder Transparenz zu einer hohen Geldstrafe verurteilt hatte. In den USA wurde das als Angriff auf amerikanische Unternehmen verstanden.
Rubio machte deutlich, dass die US-Regierung ausländische Eingriffe in den digitalen Raum der USA nicht länger akzeptieren will. Aus ihrer Sicht soll Schluss sein mit Regeln von außen für amerikanische Onlineplattformen.