Neue Studie warnt. Schon Plastik in der Menge von weniger als drei Zuckerwürfeln kann Seevögel wie den atlantischen Papageitaucher töten.
Plastik im Meer ist eine „existenzielle Bedrohung“ für die Vielfalt des Meereslebens. Schon kleine Mengen können tödlich sein.
Eine neue, alarmierende Studie unter Leitung von Expertinnen und Experten von Ocean Conservancy warnt: Tausende auf der Roten Liste geführte Arten nehmen gefährliche Mengen Plastik auf. Und das trotz weltweiter Bemühungen, Strände und Wasserwege vom Müll zu befreien.
Veröffentlicht wurde die Studie in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences. Sie beziffert, welche Kunststoffarten die größten Risiken bergen. Dazu gehören weiche, flexible Materialien wie Tüten und Lebensmittelverpackungen. Ebenso harte Kunststoffe aus Fragmenten und ganzen Gegenständen wie Getränkeflaschen.
Die Forschenden wollten auch verstehen, wie viel Plastik „zu viel“ ist. Sie kommen zu dem Schluss, dass tödliche Dosen für Meerestiere viel kleiner sind, als viele denken.
Wie viel Plastik im Meer ist gefährlich?
Das Team von Ocean Conservancy wertete weltweit 10.412 Tiersektionen aus. Bei diesen Fällen waren Todesursache und Plastikaufnahme bekannt.
Dazu zählen 1.537 Seevögel aus 57 Arten, 1.306 Meeresschildkröten aus sieben Arten und 7.569 Meeressäuger aus 31 Arten.
Fast die Hälfte (47 Prozent) aller Meeresschildkröten, ein Drittel der Seevögel und zwölf Prozent der Meeressäuger hatten zum Zeitpunkt ihres Todes Plastik im Verdauungstrakt. Jedes fünfte erfasste Tier hatte Plastik verschluckt, oft unterschiedliche Arten davon.
Gummi und harte Plastik sind für Seevögel besonders tödlich. Meeressäuger sind stärker durch weiches Plastik und Fanggeräte gefährdet. Schildkröten sterben durch beides, weiches und hartes Plastik.
Laut Studie reichen für Seevögel wie Atlantik-Papageitaucher weniger als drei Zuckerwürfel Plastik, um mit 90 Prozent Wahrscheinlichkeit tödlich zu wirken. Bei Meeresschildkröten wie der Unechten Karettschildkröte (Loggerhead) führen etwas mehr als zwei Baseballs an Plastik zu einer 90-prozentigen Todeswahrscheinlichkeit.
Für Meeressäuger wie Schweinswale gilt: Eine Menge Plastik in der Größe eines Fußballs bedeutet eine 90-prozentige Todeswahrscheinlichkeit.
Plastikmüll im Meer als „existenzielle Bedrohung“
„Diese Forschung führt deutlich vor Augen, wie sehr Plastik im Meer die Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten existenziell bedroht“, sagt Nicholas Mallos, Vizepräsident des Ocean-Conservancy-Programms Ending Ocean Plastics und Mitautor der Studie.
„Das Fressen von Plastik ist nur eine von vielen Gefahren der Plastikverschmutzungskrise. Noch gefährlicher wird es, wenn man Verheddern und die ständige Gefahr giftiger Chemikalien bedenkt, die aus Plastik austreten.“
Wie viel Plastik ist im Meer?
Schätzungen zufolge gelangen jedes Jahr mehr als 11 Millionen Tonnen Plastik ins Meer. Der Großteil davon sind Einwegprodukte.
Das entspricht mehr als einer Müllwagenladung Plastik, die jede Minute im Meer landet.
Seit 1986 führt Ocean Conservancy jedes Jahr eine große Küstenreinigung durch. Dabei haben mehr als 19 Millionen Freiwillige über eine Million Kilogramm Müll aus Stränden und Wasserwegen entfernt.
„Regierungen weltweit ringen mit Antworten auf die Plastikverschmutzung und suchen wissenschaftlich fundierte Zielwerte für ihre Politik“, sagt Dr. Chelsea Rochman, Hauptautorin der Studie.
„Diese Arbeit schafft eine wichtige Grundlage. So können Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger Risikoschwellen besser verstehen und die Biodiversität wirksamer schützen.“