Die 24-jährige Zoë Kressler tritt als Zoë Më für die Schweiz in ihrer Heimatsstadt Basel an. Im Interview erzählt sie, wieso sie gerne in verschiedenen Sprachen Musik macht, wie sie ihre Zuhörer auf eine Reise mitnehmen möchte und was von ihrem Auftritt bleiben soll.
Euronews: Zoë, du trittst in deiner Heimatstadt Basel für die Schweiz im Finale des ESC an. Im Fußball spricht man oft von einem gewissen Heimvorteil, den man in solchen Situationen hat. Würdest du dich da anschließen – oder empfindest du die Heimkulisse eher als zusätzlichen Druck?
Zoë: Ich hoffe definitiv, dass das Heimpublikum ganz klar mitsingt und mich sehr unterstützen wird. Allgemein mache ich mir nicht so sehr Druck, weil ich es als große Chance sehe, überhaupt teilnehmen zu dürfen - in der Schweiz, für die Schweiz. Das ist eine große Ehre.
Euronews: Der Grund, wieso der Wettbewerb überhaupt in Basel stattfindet, ist ja bekannt: Nemo hat im Vorjahr den Sieg nach Hause geholt. Du trittst also in große Fußstapfen.
Zoë: Ich habe zwar schon sehr oft gehört, dass es einen "Gastgeberfluch" geben soll, aber ich hatte von Anfang an einen Song mit einer Botschaft, die mir sehr wichtig ist.
Es gibt sehr viel Negativität in der Welt. Wir müssen wieder ein bisschen näher zueinander kommen. Die Botschaft meines Songs ist: Kommt doch auf eine Reise mit mir mit, wo ihr sehen könnt, dass Blumen schöner sind, wenn man sie gießt, anstatt sie zu schneiden.
Weil ich einen Song mit so einer Message habe, die mir wichtig ist, ist mein Ziel von Anfang an gewesen, zum einen die Herzen der Leute zu gewinnen. Und im besten Fall möglichst viele dazu zu animieren, dass sie selbst auch auf eine Reise gehen und diese Botschaft vielleicht ein kleines bisschen in die Welt tragen.
Euronews: Du schreibst schon Songs, seitdem du zehn Jahre alt bist. Wie hat dich dein musikalischer Werdegang auf diesen Moment vorbereitet?
Zoë: Das Gute ist, dass ich mich in all den Jahren sehr als Mensch, als Person, aber auch als Künstlerin gefunden habe. Das ist meiner Meinung nach wichtig, wenn man an so einen großen Event teilnimmt.
Euronews: Wie ist denn dein Song "Voyage", mit dem du antrittst, eigentlich entstanden?
Zoë: Das ist eine ganz lustige Geschichte. Eigentlich war ich gerade in Schottland, um ein Praktikum zu machen, in einer Publishing-Firma für Dance Music. Die Firma war bei einer Weihnachtsbaum-Farm, da waren nur Weihnachtsbäume und Schleifchen und sonst niemand und nichts.
Das war so eine friedliche Stimmung. Also habe ich in dieser friedlichen Stimmung eben daran gedacht: Die Welt ist doch eigentlich schön, wenn man einfach sein kann, ohne irgendwie Negativität von außen.
In dieser friedlichen Stimmung ist die Idee für "Voyage" entstanden. Zuerst habe ich den Song allein am Klavier ein bisschen vorgeschrieben und dann hat es eine Session mit einem Produzenten aus der Schweiz und einer Songwriterin gegeben. So hat die Reise angefangen.
Euronews: Im Song geht es ja um Menschlichkeit, um Verletzlichkeit im Angesicht von Negativität. Was hat dich zu dieser Botschaft gebracht?
Zoë: Ich schreibe Geschichten auf, die meiner Meinung nach erzählt werden müssen und denen man ein Gehör verschaffen muss. Gerade beim ESC, wo es eine so riesige Bühne gibt, habe ich mir gedacht, muss die Welt genau das gerade hören.
Teilweise geht der Respekt untereinander ein bisschen verloren geht. Und im besten Fall kann ich meine Weltsicht mit 160 Millionen Leuten teilen und ein paar dazu bewegen, dass sie lieber Liebe in die Welt tragen anstatt Hass.
Euronews: Was sollen die Zuhörer bei deinem Song fühlen?
Zoë: Ich würde mir wünschen, dass die Leute "Voyage" hören, zum Beispiel im Finale des ESC, und das es sich für sie anfühlt, als ob sie auf einen Knopf drücken würden und kurz für drei Minuten in eine andere Welt kommen können, wo sie sich sicher und geborgen fühlen, wie bei einer Umarmung. Sodass man dann nach drei Minuten tief einatmet und sagt: Jetzt bin ich wieder bereit für den Stress der echten Welt.
Euronews: Eurovision ist ja nicht nur eine große, sondern auch eine multikulturelle Bühne. Du vertrittst du die Schweiz also auch in kultureller Hinsicht. Gibt es eine Botschaft über dein Heimatland, die du vermitteln möchtest?
Zoë: Meine Muttersprache ist Deutsch, ich habe Französisch in Fribourg gelernt, dem Kanton, wo ich wohne. Es war schon so eine Art Geschenk, das man mir gemacht hat, eine neue Sprache lernen zu können. Diese Mehrsprachigkeit, mit der man in der Schweiz leben kann, ist etwas, was ich ganz Europa zeigen kann.
Euronews: Wenn die Leute ein paar Jahre in ein paar Jahren auf deinen Auftritt zurückschauen, an was soll sich das Publikum erinnern?
Zoë: Es wäre schön, wenn sich das Publikum an die Performance erinnert und sagt: "Das war ein Kunstwerk und etwas ganz Spezielles."
Egal was dann am Schluss der Rang ist, den der Song erreicht. Es ist eine Reise, auf die ich die Leute einlade. Es wäre wirklich wunderbar, wenn sie diese Botschaft, die ich in die Welt schicke, weitertragen.
Das Gespräch führte Mathias Huber.