Wäre ein Militärschlag in Syrien vertretbar?

Wäre ein Militärschlag in Syrien vertretbar?
Von Euronews
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Frage von Bruno aus Paris:
Gibt es beim heutigen Stand der Dinge eine legale Basis für eine militärische Intervention in Syrien?

Antwort von Théodore Christakis, Professor der Rechtswissenschaft an der Universität Grenoble:
“Es gibt aktuell keine legale Basis für eine Militärintervention in Syrien. Ein solcher Militärschlag wäre ganz klar ein Angriff der Grundprinzipien des internationalen Rechts.
Gemäß der UN-Charta müssen Staaten auf jegliche Gewaltanwendung innerhalb der internationalen Beziehungen verzichten. Es gibt lediglich zwei Ausnahmen: Einmal den Verteidigungsfall – darauf können sich aber die Vereinigten Staaten und Frankreich nicht beziehen, weil sie nicht angegriffen worden sind. Und wenn der UNO-Sicherheitsrat eine Gewaltanwendung autorisiert. Das ist aber auch nicht der Fall, zumindest nicht im Moment.
Am 29. August 2013 hat das britische Parlament eine Mitteilung herausgegeben, der zufolge ein Militärschlag unter bestimmten Bedingungen zur humanitären Intervention und zum Schutz der Bevölkerung legal wäre.
Es gibt keinen internationalen Vertrag, der eine Gewaltanwendung auf dieser Basis zulässt. Die Praxis ist sehr klar: Staaten waren immer mit überwältigender Mehrheit gegen solche Regeln, die humanitäre Interventionen ohne Zustimmung des Sicherheitsrates erlauben.
Dafür gibt es einen einfachen Grund: Staaten fürchten einen Missbrauch, da das humanitäre Argument in der Vergangenheit mehrfach für imperialistische Einmischungen benutzt wurde.
Frankreich hat das Prinzip, das die Anwendung von Gewalt verbietet, immer verteidigt. Vor zehn Jahren hat sich Frankreich gegen die Intervention im Irak ohne Zustimmung des Sicherheitsrates gestellt.
Bei anderen Militärinterventionen wie in der Elfenbeinküste, in Libyen oder Mali, hat sich Frankreich immer auf juristisch korrekte Argumente gestützt.
Syrien ohne die Zustimmung des Sicherheitsrates zu bombardieren wäre ein großer und gefährlicher Wandel in der französischen Politik.
Das franko-amerikanische Argument, dem zufolge ein Verstoß gegen internationales Recht, wie der Einsatz von Chemiewaffen durch das syrische Regime, mit einem Militärschlag bestraft werden muss, ist nicht haltbar. Auf die Verletzung von internationalem Recht darf man nicht mit noch schlimmeren Rechtsverletzungen reagieren.
Stattdessen müssten Frankreich und die Vereinigten Staaten eher die Diplomatie mobilisieren, um ernsthaft nach einer Lösung für den schrecklichen Konflikt in Syrien zu suchen.”

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