Albtraum Syrien: Flüchtlinge und ihre Traumata

Albtraum Syrien: Flüchtlinge und ihre Traumata
Von Valérie Gauriat mit Andrea Buring
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Ein Krankenhaus, das Kriegstraumata heilen will Die psychosoziale Einrichtung des Niguarda Krankenhauses liegt in einer ruhigen Straße von Mailand

Ein Krankenhaus, das Kriegstraumata heilen will

Die psychosoziale Einrichtung des Niguarda Krankenhauses liegt in einer ruhigen Straße von Mailand.

Dort gibt es auch eine interkulturelle Abteilung, die mit fast 300 Flüchtlingen und Asylsuchenden arbeitet. Unter ihnen ist Jawan. Er ist Kurde. Jawan floh vor 15 Jahren aus Syrien. Seine Familie, die in einem türkischen Flüchtlingslager lebt, hat er bisher nur einmal gesehen. Er selbst lebt in einem Flüchtlingsheim in Mailand und hofft, eines Tages Arbeit zu finden. Der Syrer bedauert, “ich fühle mich hier wie lebendig begraben. Ich habe Heimweh und vermisse meine Mutter. Ich muss Geduld haben. Über Europa mache ich mir jedenfalls keine Illusionen mehr.”

Was ihn rettet, sei die Hilfe, die er in der psychosozialen Einrichtung bekommt, meint Jawan. Eine Hilfe, die ganz auf die Bedürfnisse der ausländischen Patienten abgestimmt ist, denn Psychiater und Psychologen arbeiten mit kulturellen Mediatoren zusammen.

Yohannes, one of cultural mediator, tells us his story https://t.co/CyeRxp17D4

— EMERGENCY (@emergency_ong) 6. April 2016

Kulturelle Mediation

Istarlin Abdulle Yusuf zählt auch zu den klutrellen Mediatoren. An diesem Tag trifft sie eine junge Somalierin, die in libyschen Gefängnissen missbraucht und gefoltert wurde, bevor sie vor dem Konflikt in ihrem Land nach Europa floh. Mediatoren übersetzen nicht nur, sie vermitteln auch zwischen Patienten und Psychologen, damit ein Vertrauensverhältnis entsteht. “Sobald wir da sind, fühlen sie sich besser und beginnen schließlich, über ihre Probleme zu reden,” meint Istarlin.

Das erleichtert es den italienischen Ärzten, eine Diagnose zu stellen. Die Mediatoren arbeiten zusammen mit Psychiatern, Psychologen und Sozialarbeitern, um alle Facetten eines Patienten zu erfassen. Sie unterstützen die ausländischen Patienten auch bei Behördengängen, damit diese sich besser in die italienische Gesellschaft integrieren.

Der Leiter der psychosozialen Abteilung des Niguarda Krankenhauses Carlo Pagani räumt ein, “wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz. Egal, ob die Patienten eine mentale oder physische Krankheit haben. Wir müssen ihnen auch im Alltag unter die Arme greifen, denn oft haben sie keine soziale Unterstüzung.”

Sind die Sorgen des Alltags im Griff, kann wiederum die therapeutische Hilfe besser greifen. Diese funktioniert auf verschiedenen Ebenen. Bei diesem Workshop sollen Emotionen freigesetzt werden, die häufig nur schwer in Worte zu fassen sind. Kunsttherapeutin Eleonora Bolla freut sich, “als sie zum ersten Mal herkamen, waren sie depressiv. Sie zeichneten Bilder in schwarz und weiß. Dann fingen sie allmählich an, bunt zu malen.”

Heilungschancen

Krieg, Folter, Vergewaltigung, Armut. Die Traumata, die die Patienten in ihrer Heimat, auf ihrer Flucht oder in den schweren Lebensverhältnissen in Europa durchmachen, sind vielschichtig. Eine Heilung ist langwierig, aber nicht unmöglich. Pagani meint, “die Leute sind sehr belastbar und haben die stark ausgeprägte Fähigkeit, Krisen zu bewältigen, da sie viel durchgemacht haben. Schwierig zu sagen, wann sie völlig geheilt sind. Bei manchen dauert es ein Leben lang.”

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