Newsletter Newsletters Events Veranstaltungen Podcasts Videos Africanews
Loader
Finden Sie uns
Werbung

Vergewaltigungsvideo im Internet schockiert Portugal - EU-Maßnahmen gefragt

Die Demonstration für härtete Maßnahmen gegen Sexualstraftaten im Internet am vergangenen Samstag in Lissabon
Die Demonstration für härtete Maßnahmen gegen Sexualstraftaten im Internet am vergangenen Samstag in Lissabon Copyright  Euronews
Copyright Euronews
Von Joana Mourão Carvalho & Euronews
Zuerst veröffentlicht am
Diesen Artikel teilen Kommentare
Diesen Artikel teilen Close Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopieren Copy to clipboard Copied

Die Verbreitung eines mutmaßlichen Vergewaltigungsvideos durch drei portugiesische Influencer im Internet und die Zunahme solcher Sexualdelikte in den "sozialen" Netzwerken sorgt derzeit in Portugal für Aufruhr. Portugiesische Europa-Abgeordnete fordern Gegenmaßnahmen auf EU-Ebene.

WERBUNG

Der Fall einer Vergewaltigung in Loures, im Bezirk Lissabon, hat das Land schockiert. Drei junge "Influencer" sollen sich bei der Vergewaltigung eines 16-jährigen Mädchens gefilmt und das Video in den sozialen Netzwerken veröffentlicht haben.

Die Bilder wurden von 32.000 Menschen angesehen, ohne dass eine einzige Anzeige erstattet wurde. Die drei Verdächtigen im Alter von 17 bis 19 Jahren wurden verhaftet, später aber vom Gericht wieder freigelassen, wobei sie in regelmäßigen Abständen bei den Behörden vorstellig werden müssen und keinen Kontakt zum Opfer aufnehmen dürfen.

Hunderte Menschen demonstrierten am vergangenen Samstag vor dem Parlament in Lissabon, trugen Plakate mit der Botschaft "Vergewaltigung wird nicht gefilmt, sie wird verurteilt" und forderten härtere Gegenmaßnahmen.

"Die Strafen sind für solch schwere Fälle zu milde. Und in diesem speziellen Fall, wo es Influencer sind, die ihre Plattformen mit vielen Followern haben, hätte ich es zumindest fair gefunden, wenn deren Konten gesperrt worden wären, solange die Untersuchung läuft", klagt eine Demonstrantin aus der Gruppe von sieben Frauen, die spontan den Protest organisierten, gegenüber Euronews.

"Die Vergewaltigungen werden immer systematischer, und das Gesetz unternimmt nichts. Es ist eine Bewährungsstrafe. Und diese Kinder haben etwas Schlimmes getan, es ist ein Verbrechen, und Frauen müssen zumindest geschützt werden", meint auch ein anderer Demonstrant, Vater von zwei Töchtern.

Vertreter einiger politischer Parteien, die an der Demonstration teilnahmen, sprachen sich dafür aus, dass Vergewaltigung als öffentliches Vergehen eingestuft werden sollte, und dass soziale Medienplattformen für die Verbreitung solcher Inhalte verantwortlich gemacht werden sollten.

"Männlicher Chauvinismus existiert, das Problem ist, dass männliche Chauvinisten zu Internet-Propheten gemacht werden und eine ganze Generation kontaminieren", so die Koordinatorin des Linken Blocks, Mariana Mortágua. "Wir brauchen Regeln für soziale Netzwerke und müssen die Plattformen für das, was dort passiert, verantwortlich machen."

Die Abgeordnete der Partei Livre, Isabel Mendes Lopes, weist darauf hin, dass die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern "strukturell" sei, aber "die Netzwerke haben die Narrative verstärkt, die bekämpft werden müssen", und erinnert daran, dass "die Familien sich oft nicht einmal der Gewalt bewusst sind", der ihre Söhne und Töchter ausgesetzt sind.

Inês Sousa Real, Abgeordnete der PAN, fordert ebenfalls stärkere Mechanismen zur Anzeige und zum Schutz der Opfer sowie die Einführung von Selbstverteidigungsmaßnahmen in den Schulunterricht.

Betroffene gründen Organisation zur Unterstützung von Opfern

Auch Inês Marinho sah, wie ein intimes Video von ihr im sozialen Netzwerk Telegram veröffentlicht wurde. Angesichts dieser Verletzung der Privatsphäre und ähnlicher Fälle beschloss sie, die Bewegung "Don't Share" zu gründen, aus der 2021 ein Verein zur Unterstützung von Opfern sexueller Gewalt durch Bilder hervorging.

"Ich denke, dass durch all diese Gruppen, die intime Inhalte teilen, durch all diese Menschen, die offen und gewalttätig gegen Frauen sprechen, dieses Verbrechen bereits trivialisiert und normalisiert wird und die Menschen desensibilisiert sind", so die 27-Jährige gegenüber Euronews.

Inês Marinho ist auch der Meinung, dass "die Angreifer sich ungestraft fühlen, besonders wenn es um Online-Verbrechen geht", da sie hinter einem Bildschirm geschützt sind.

Ende letzten Jahres deckte das portugiesische Magazin NiT einen portugiesischen Telegram-Kanal auf, in dem 70.000 Männer intime Bilder von Frauen ohne deren Zustimmung austauschten und anschauten.

Soziale Netzwerke beliebter Schauplatz für Pornografie mit Minderjährigen

Der immer frühere Zugang junger Menschen zum Internet hat den Zugang zu pornografischen und gewalttätigen Inhalten erleichtert. Dies belegt auch der jüngste Jahresbericht zur inneren Sicherheit (RASI), aus dem hervorgeht, dass es WhatsApp-Gruppen gibt, die von Kindern zwischen 10 und 13 Jahren gegründet wurden und in denen multimediale Inhalte mit pornografischen und gewalttätigen Inhalten geteilt werden.

"Wenn sie pornografische Bilder sehen, verzerren sie das Wesen der Sexualität und nehmen daher Konzepte oder Verhaltensweisen an, die für ein normales Leben mit einem Partner oder einer Familie völlig ungeeignet sind. Und dies überschattet oft das Verhalten, das sie für die Art und Weise halten, wie sie mit anderen in Beziehung treten", erklärt Melanie Tavares, Psychologin und Koordinatorin des Instituto de Apoio à Criança, gegenüber Euronews.

Nach Angaben des RASI überwiegen bei der Analyse der Jugendkriminalität Verbrechen sexueller Natur, insbesondere der sexuelle Missbrauch von Kindern durch minderjährige Straftäter.

Das portugiesische System der inneren Sicherheit weist auch auf das Verbrechen der Kinderpornografie hin, das über Anwendungen wie Discord oder WhatsApp begangen wird, "die zum Austausch sexueller und pornografischer Dateien verwendet werden".

Einem Bericht des Zentrums für vermisste und ausgebeutete Kinder zufolge ist schätzungsweise jedes achte Kind weltweit Opfer irgendeiner Form von sexueller Gewalt im Internet oder im wirklichen Leben, in Europa ist es jedes fünfte Kind.

Konservativere Schätzungen gehen außerdem davon aus, dass zwischen 2021 und 2023 fast 200 Millionen Inhalte, Bilder oder Videos, die ein sexuell missbrauchtes Kind zeigen, im Internet verbreitet werden. Das sind drei Inhalte, die innerhalb von zwei Jahren jede Sekunde online verbreitet werden.

Portugiesische Abgeordnete wenden sich an die EU-Kommission

Der Fall der mutmaßlichen Vergewaltigung in Loures ist auch in Brüssel Thema geworden. Die sozialdemokratische Europaabgeordnete Ana Catarina Mendes wandte sich am Dienstag an die Europäische Kommission wegen der "beunruhigenden Ereignisse" der Veröffentlichung des Vergewaltigungsvideos und der Weitergabe von nicht einvernehmlichen Intimfotos in Portugal und forderte Maßnahmen der EU.

In der vergangenen Woche hatte die portugiesische Tageszeitung Jornal de Notícias aufgedeckt, dass Fotos und Videos von mehreren Studenten der Technischen Fakultät der Universität Porto (FEUP) ohne Zustimmung aufgenommen und in einer WhatsApp-Gruppe geteilt wurden, angeblich von Mitgliedern der Studentenvereinigung.

"Die jüngste Verbreitung eines Videos, das die angebliche Vergewaltigung einer Minderjährigen durch drei junge Männer in Portugal zeigt, ist sehr besorgniserregend. Ebenso wurden an einer Universität Fotos verbreitet, die unter den Röcken von Frauen aufgenommen wurden. Diese schrecklichen Taten verletzen nicht nur die Grundrechte, sondern werfen auch ernste Fragen über die Online-Sicherheit und den Schutz von Menschen, insbesondere von Frauen, im digitalen Raum auf", schreibt Mendes in einem Brief, der von der portugiesischen sozialistischen Delegation unterzeichnet und am Dienstag an die EU-Exekutive geschickt wurde.

Ana Catarina Mendes fragt im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz über digitale Dienste, das große Online-Plattformen reguliert, auch, wie "die Kommission sicherstellen wird, dass soziale Medienplattformen schädliche Inhalte schnell entfernen", zum Beispiel durch Geldstrafen für diese Unternehmen. "Welche Maßnahmen ergreift die Kommission, um das erneute Hochladen des Videos oder seine Verbreitung zu verhindern?" und "welche Schritte wird die Kommission unternehmen, um sicherzustellen, dass soziale Medienplattformen ihren Verpflichtungen nachkommen, die Verbreitung von nicht-einvernehmlichem Material zu verhindern?"

Nicht teilen, melden

Die Verbreitung von sexuellen Videos ohne Zustimmung ist eine Straftat. Euronews hat einige Plattformen und Kontakte zusammengestellt, bei denen solche Fälle gemeldet werden können:

Zu den Barrierefreiheitskürzeln springen
Diesen Artikel teilen Kommentare

Zum selben Thema

EU einigt sich auf erstes Gesetz zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Aber Vergewaltigung ist nicht enthalten

Nazi-Symbole und Kinderpornografie in deutschen Polizei-Chats gefunden

Schüler und Pornografie - Island ist alarmiert