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Terror im Namen "Free Palestine": Droht die Gefahr auch in Deutschland?

Zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft wurden in Washington im Mai brutal ermordet.
Zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft wurden in Washington im Mai brutal ermordet. Copyright  Jose Luis Magana/AP
Copyright Jose Luis Magana/AP
Von Zara Riffler & Dongoh McCabe
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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In Washington wurde ein Anschlag auf israelische Diplomaten verübt. Der Täter rief die Parole „Free Palestine“. Die Terrorexpertin Susanne Schröter meint gegenüber Euronews, Deutschland müsse mit "Nachahmertaten" rechnen. Auch Grünen-Politiker Volker Beck warnt: "Das kann auch hier passieren".

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Am 21. Mai wurden in Washington vor dem jüdischen Museum zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft brutal ermordet. Der Täter Elias Rodriguez schoss insgesamt 21 Mal auf Sarah Milgrim und Yaron Lischinsky, der teils in Deutschland aufwuchs. Der Deutsch-Israeli und die Amerikanerin waren ein Liebespaar – sie wollten heiraten, hatten ihre ganze Zukunft noch vor sich.

Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, sagt zu Euronews: "Alle beschreiben Yaron als freundlich, herzlich und als jemand, der sich um das Schicksal der Palästinenser gesorgt hat. Er kam in Washington von einer Veranstaltung, bei der es um die Verbesserung der humanitären Hilfe in Gaza ging."

Das junge Paar Sarah Milgrim und Yaron Lischinsky wurden Opfer eines antisemitischen Anschlags in Washington.
Das junge Paar Sarah Milgrim und Yaron Lischinsky wurden Opfer eines antisemitischen Anschlags in Washington. Embassy of Israel in the US/AP

Noch bei seiner Verhaftung skandierte der Täter „Free Palestine“ und hatte ein Pali-Tuch dabei. Schnell wurde publik: Er hatte Verbindungen zu linksextremen, pro-palästinensischen Gruppen. Auf seiner Playlist fand man islamistische Musik.

Deutsche Sicherheitsbehörden fragen sich nun: Wie groß ist die Gefahr, dass solch ein Terror auch hier passiert?

Droht Terror unter der Parole "Free Palestine" auch in Deutschland?

Nach dem antisemitischen Anschlag wurden in Berlin an der Humboldt-Universität Plakate aufgehängt, die den Mord an Yaron mit Hamas-Symbolen feierten und folglich zu weiteren Morden an Juden aufriefen.

Die Behörden sind schon seit dem Hamas-Massaker auf Israel – dem  7. Oktober 2023 – alarmiert. Regelmäßig in Deutschland demonstrieren Tausende auf den Straßen - sehr viele friedlich. Doch andere lassen die Proteste zunehmend gewaltsam eskalieren.

Dieses Plakat mit dem roten Hamas-Dreieck wurde nach dem Anschlag an Yaron Lischinsky an der Humboldt-Universität verteilt.
Dieses Plakat mit dem roten Hamas-Dreieck wurde nach dem Anschlag an Yaron Lischinsky an der Humboldt-Universität verteilt. Quelle: X.com/Hanna Veiler

"Allianz zwischen Linksextremen und Islamisten"

Der Verfassungsschutz Berlin warnt in seinem neusten Bericht vor einem gefährlichen "Bündnis" zwischen linksextremen Gruppen und der islamistischen Szene. Der Kern setze sich aus "dem Spektrum des auslandsbezogenen Extremismus, der islamistischen und Teilen der linksextremistischen Szene" zusammen. Zudem spricht die Behörde derweil von einem "propalästinensisch säkularem Extremismus".

Zugleich betonte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD), es sei wichtig, dass ein friedlicher Protest für den Gazastreifen weiterhin ermöglicht werden. Die katastrophale Hungerkrise in Gaza würde den Konflikt auch auf deutschen Straßen weiter verschärfen.

Terrorexpertin Susanne Schröter im Gespräch mit Euronews
Terrorexpertin Susanne Schröter im Gespräch mit Euronews Euronews Berlin

Die Extremismus-Expertin Susanne Schröter sagt im Interview mit Euronews: "Wir sehen seit dem 7. Oktober, dass sich die pro-palästinensische stark radikalisiert – dass es zu neuen Allianzen gekommen ist. Zwischen Islamisten, zwischen säkularen anti-israelischen Kräften aus dem arabischen Raum oder mit Migrationshintergrund und deutschen Postkolonialisten."

Diese drei Gruppen würden sich aktuell "miteinander radikalisieren und immer gewalttätiger" werden, meint Schröter.

Volker Beck: "Das kann auch hier passieren"

Vor dieser Gefahr warnt auch der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Volker Beck. Das Leben für Juden in der Hauptstadt habe sich spürbar verändert. Antisemitismus ist wieder allgegenwärtig. Euronews traf den Grünen-Politiker im Brennpunktviertel Berlin-Neukölln.

"Das kann auch hier passieren. Es gibt hier auf den Straßen schon ein sich radikalisierendes Potenzial. Nicht jedem, dem das Herz wegen Gaza zerreißt, gehört dazu, aber es gibt einen harten Kern, der gewaltbereit ist, der Terror rechtfertigt und verherrlicht", sagt Beck.

Volker Beck (Grüne) im Gespräch mit Euronews.
Volker Beck (Grüne) im Gespräch mit Euronews. Euronews Berlin

Die Antisemitismusstelle RIAS zählt mittlerweile allein in Berlin doppelt so viele Vorfälle wie im Vorjahr. 44 Prozent (1101) hätten einen Bezug zum Überfall der Hamas auf den Staat Israel, bei denen über 1800 Menschen bestialisch ermordet wurden. 208 Proteste mit antisemitischen Parolen wurden registriert.

"Es sind einfach insgesamt zu viele Einzelfälle. Für jüdisches Leben, das habe ich nie so erlebt, dass so viele drüber nachdenken, darüber sprechen: Kann man hier noch bleiben – in 10 Jahren? Wo kann man überhaupt noch hingehen?", sagt Beck auf der Sonnenallee.

Beck warnt davor, dass man das Thema Antisemitismus allein auf eine Gruppe beschränkt. "In allen großen Städten ist es ein Problem. Und zwar nicht nur in der Sonnenallee, sondern auch auf dem flachen Land in Brandenburg. Islamisten, Linksextremisten und Rechtsextremisten sind gleichermaßen eine Gefährdung für jüdisches Leben".

"Man hat zu lange mit Islamisten süßen Tee getrunken"

Die Terrorgefahr ist in Deutschland aktuell hoch. Der Berliner Verfassungsschutz erklärte vor einer Woche, der islamistische Terror sei die größte Gefahr. Das Personenpotenzial sei gestiegen – auf 2440 Islamisten.

In den letzten Jahren ereigneten sich immer wieder islamistische Anschläge, darunter in Mannheim, Solingen und München. Grünen-Politiker Beck sagt, die neue Regierung müsse nun endlich die problematischen Moscheen im Land ins Visier nehmen.

Sonnenallee Berlin-Neukölln: Grünen-Politiker Volker Beck spricht mit Euronews-Journalistin Zara Riffler über die Terrorgefahr in Deutschland.
Sonnenallee Berlin-Neukölln: Grünen-Politiker Volker Beck spricht mit Euronews-Journalistin Zara Riffler über die Terrorgefahr in Deutschland. Euronews Berlin

"Weil man hat viel zu lange von Seiten der Politik, die reaktionären antidemokratischen Moscheeverbände, die aus dem Ausland gesteuert werden, als Partner angesehen hat", so Beck.

Obwohl man wusste, dass hinter bestimmten Moscheeverbänden Islamisten stecken, habe man mit ihnen als "Partner" zusammengearbeitet. "Man dachte, wenn man genügend süßen Tee miteinander trinkt, dass es dann schon besser wird. Die Politik der Deeskalation war eine Illusion."

Auch die Ampel-Regierung, darunter seine eigene Partei, hätten diese Fehler weiter begangen. Vorne weg: Ex-Innenministerin Nancy Faeser (SPD). "Unter der letzten Innenministerin wurde Expertenkreis 'Politischer Islam' aufgelöst, ohne dass es seinen Abschlussbericht schreiben konnte, weil das politisch nicht gewünscht war."

Die als extremistisch eingestufte Moschee IZH wurde erst im Jahr 2024 verboten.
Die als extremistisch eingestufte Moschee IZH wurde erst im Jahr 2024 verboten. Daniel Bockwoldt/(c) Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Beck fordert, man müsse "gegen diese Gruppen mit Repressionen rechtsstaatlich aber energisch vorgehen". "Die islamischen Organisationen, die problematisch sind, fände man nicht mal alle im Verfassungsschutzbericht. "Die DITIB finden sie nur unter dem Thema 'Spionageabwehr', aber gar nicht unter dem Thema Islamismus."

Erst im Februar 2025 hatte ein Syrer in Berlin am Holocaust-Mahnmal einen Mann mit einem Messer angegriffen. Laut Bundesanwaltschaft steckte dahinter ein antisemitisches Motiv. Der Beschuldigte habe aus einer radikal-islamistischen und antisemitischen Überzeugung heraus gehandelt. Der Täter würde die Ideologie der Miliz Islamischer Staat (IS) teilen.

"Einzeltaten sind aus dem Ausland gesteuert"

In diesem von Ex-Innenministerin Faeser abgesetzten Expertenkreis saß Deutschlands führende Islamismus-Kennerin: Susanne Schröter. Sie warnt heute: Was wie eine spontane Einzeltat aussieht, kann in Wahrheit viele Hintertäter haben.

Im Februar 2025 wurde von einem Islamisten am Holocaust-Mahnmal in Berlin eine Messerattacke verübt.
Im Februar 2025 wurde von einem Islamisten am Holocaust-Mahnmal in Berlin eine Messerattacke verübt. Ebrahim Noroozi/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.

Schröter: "Es zeichnet sich sehr klar ab, dass die Hamas und radikale palästinensische Organisationen gut in Europa und in Deutschland vernetzt sind und Einfluss auf die Universitäten nehmen. Vieles, was hier als 'spontan' rüber kommt, ist im Ausland organisiert." Bei diesen islamistischen Netzwerken spiele die Hamas eine wichtige Rolle.

Terrorexpertin meint, Deutschland müsse mit Anschlägen rechnen

Für die Frankfurter Professorin Susanne Schröter ist klar: "Es ist durchaus zu befürchten, dass es Nachahmertaten gibt."

Man müsse damit rechnen, dass Personen den vielen Aufrufen "sogenannten Widerstand zu leisten – welche es in der islamistischen Szene bis hin zu islamischen Gelehrten gibt – folgen".

Könnte der Anschlag in Washington zu Nachahmertaten führen?
Könnte der Anschlag in Washington zu Nachahmertaten führen? Rod Lamkey/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.

Schröter: "Wir müssen wirklich befürchten, dass das Gewaltpotenzial zunimmt. Dass es auch zu Angriffen auf Juden kommt." Die Terrorexpertin warnt, man müsse "sehr genau aufpassen, dass wir es nicht mit einer neuen terroristischen Qualität" zu tun bekommen.

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