Bahnchefin Evelyn Palla hatte vor kurzem den größten Konzernumbau seit Jahren angekündigt. Jetzt muss Sigrid Nikutta ihren Posten als CEO der DB Cargo-Sparte verlassen.
"Wir drehen den Konzern auf links" hatte die neue Bahnchefin Evelyn Palla kurz nach ihrem Amtsantritt angekündigt. "Ich überprüfe jeden Job auf den Mehrwert für unsere Kunden. Die Verwaltung muss dem Eisenbahner dienen."
Jetzt muss, nach übereinstimmenden Medienberichten, die DB Cargo-Chefin Nikutta ihren Posten verlassen.
Erst vor kurzem hatte ein von der Bahn in Auftrag gegebenes Gutachten Nikuttas Sanierungskonzept als "unzureichend" kritisiert. Das Konzept sei "nicht objektiv geeignet, eine nachhaltige Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit der DB Cargo AG mit überwiegender Wahrscheinlichkeit sicherzustellen", heißt es in dem Gutachten. Und: "Einige Annahmen in der Planung sehr optimistisch und im momentanen Markt- und Wettbewerbsumfeld wahrscheinlich nicht erreichbar."
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte Nikutta vor einer Woche sogar zum Rücktritt aufgefordert. Sie habe in fast sechs Jahren keine Lösung für die Frachtsparte gefunden, hieß es. "Nikuttas Bilanz ist verheerend – über 3,1 Milliarden Euro Minus seit ihrem Amtsantritt sprechen für sich“, schrieb die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG Mitte Oktober in einem Brief an Bahnchefin Palla. "Was sie Transformation nennt, ist in Wahrheit ein kopfloses Abwickeln."
DB Cargo befindet sich seit längerer Zeit in einer Krise und verzeichnet seit Jahren erhebliche Verluste. Bisher wurden diese Defizite vom Bahn-Konzern ausgeglichen, was die EU-Kommission mittlerweile untersagt hat. Daher muss DB Cargo ab 2026 wieder profitabel wirtschaften.
Der Marktanteil der DB Cargo ist in den vergangenen Jahren stetig gesunken und lag im Jahr 2023 laut aktuellsten Zahlen der Bundesnetzagentur nur noch bei rund 44 Prozent.
Nikutta hatte massiven Stellenabbau geplant
Nikutta war lange im Bahnsektor tätig. Bereits 1996 begann sie ihre Karriere bei der Deutschen Bahn. Nach fast zehn Jahren an der Spitze der Berliner Verkehrsbetriebe (2010–2020) kehrte sie Anfang 2020 als Vorstandsvorsitzende von DB Cargo zum Konzern zurück.
Sie verfolgte in ihrem Sanierungskurs zuletzt eine Strategie, die auf Stellenabbau und den Verkauf von Fahrzeugen setzte. Nach Angaben der Frankfurter Allgemeiner Zeitung sah ihr Plan vor, die Zahl der Beschäftigten bei DB Cargo in den kommenden Jahren auf rund 10.000 zu senken – gegenüber knapp 17.000 Mitarbeitern Ende 2024. Zudem sollten zahlreiche Werkstätten geschlossen werden. Anstelle eigener Fahrzeuge sollten künftig vermehrt Lokomotiven angemietet werden.
Die Abberufung der Managerin bedarf noch der Zustimmung des Aufsichtsrats, was aber voraussichtlich eine Förmlichkeit sein wird. Medienberichten zufolge ist für den 30. Oktober eine Sondersitzung des Gremiums geplant.
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll auf der Aufsichtsratssitzung an diesem Tag nicht nur Nikuttas Abberufung beschließen, es soll auch unmittelbar eine Nachfolgeregelung getroffen werden.
Geplant ist demnach nicht nur die Ernennung eines neuen Vorstandsvorsitzenden, sondern auch die Bestellung eines externen, vorübergehend eingesetzten "Chief Restructuring Officer" (CRO). Dieser soll sich ausschließlich der Restrukturierung und Sanierung des Unternehmens widmen.