Kobachidse erklärt, er sei zu Gespräche mit allen Beteiligten bereit, einschließlich der EU. Er wolle die gewalttätigen Massenproteste, die Georgien seit fast einem Jahr erschüttern, hinter sich lassen.
Der georgische Ministerpräsident Irakli Kobachidse beschuldigt die Opposition, seine Regierung stürzen zu wollen. Am Sonntag versprach er, weiter hart gegen Andersdenkende durchzugreifen, nur wenige Stunden nachdem die Regierungspartei einen erdrutschartigen Sieg bei den Kommunalwahlen errungen hatte.
Zehntausende Menschen protestierten am Wahltag in der georgischen Hauptstadt Tiflis gegen die repressive Politik der Regierung und gegen das, was sie als stetiges Abdriften Georgiens in den russischen Orbit betrachten.
Die Demonstranten stießen auf heftigen Widerstand. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. Sie versuchte damit, die Menschenmengen daran zu hindern, in den Präsidentenpalast einzudringen.
Kobachidses Partei Georgischer Traum hatte bei den Kommunalwahlen am Samstag in allen Gemeinden des südkaukasischen Landes den Sieg errungen. Die beiden größten Oppositionsblöcke boykottierten die Wahlen und weigerten sich, an ihnen teilzunehmen, da sie die amtierende Regierung als "illegitim" ansehen.
Dutzende Demonstranten wurden am Wochenende bei einem großen Polizeieinsatz festgenommen. Die Demonstranten forderten den Rücktritt von Kobachidse, eine Hinwendung zu Europa sowie eine politische Abkopplung von Russland.
Seit November letzten Jahres finden in dem Schwarzmeerland regelmäßig Proteste statt. Damals hatte der georgische Regierungschef die EU-Beitrittsgespräche ausgesetzt und das, obwohl der Beitritt ein in der Verfassung des Landes verankertes Ziel ist.
Bei einer Pressekonferenz am Sonntag bezeichnete Kobachidse die Proteste als Höhepunkt monatelanger Versuche, seine Regierung zu stürzen.
Wiederholt hatten georgische Staatsangestellte versucht, die Proteste als koordinierte, aus dem Ausland finanzierte Aktionen darzustellen. Dabei verwiesen sie häufig auf Erklärungen europäischer Beamter, die die Bewegung unterstützen.
Der georgische Ministerpräsident wies diese Rhetorik zurück und versprach, "ausländische Agenten vollständig zu neutralisieren", während er EU-Beamte und Diplomaten beschuldigte, sich in die Innenpolitik des Landes einzumischen, indem sie die Proteste gegen ihn unterstützten.
Kobachidse erklärte auch, dass er bereit sei, zum Wohle des Landes in den Dialog zu treten. Er wolle das Kapitel der Proteste hinter sich lassen.
"Ich bin bereit, alles zu vergessen, die Beziehungen neu zu ordnen und mit einer weißen Weste zu beginnen. ... Wir sind bereit für Freundschaft und Beziehungen mit allen", sagte er.
In einer Online-Erklärung vom Sonntag teilte der diplomatische Dienst der EU mit, dass die EU "die Desinformation über die Rolle der EU in Georgien entschieden zurückweist und verurteilt".
Weiter heißt es, dass die repressive Politik der Partei Georgischer Traum "die Möglichkeit, wettbewerbsfähige Wahlen abzuhalten, drastisch reduziert" habe. Die Erklärung wurde von der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas sowie der EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos unterzeichnet.
"Wir fordern die Freilassung aller willkürlich Inhaftierten. Wir rufen zu Ruhe und Zurückhaltung in der Zeit nach den Wahlen auf und fordern die Behörden auf, die Rechte der Bürger auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung zu wahren", heißt es in der Erklärung.
"Ein konstruktiver und inklusiver Dialog, der alle politischen Akteure und die Zivilgesellschaft einbezieht, ist unerlässlich, und wir rufen alle Seiten auf, auf Gewalt zu verzichten."
Mehr als 50 internationale und lokale Gruppen hatten sich zur Beobachtung der Kommunalwahlen am Samstag angemeldet. Doch keine der großen internationalen Beobachtergruppen, die die letzte Kommunalwahl im Jahr 2021 beobachtet hatten, war dieses Mal anwesend – darunter Delegationen des Europäischen Parlaments, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sowie großer US-amerikanischer Nichtregierungsorganisationen.