Falschinformationen und Streit um den methanreduzierenden Futtermittelzusatz Bovaer haben vergangenes Jahr das Vereinigte Königreich beschäftigt und sind nun auch in Dänemark angekommen.
In Dänemark machen in sozialen Medien Posts die Runde, in denen behauptet wird, Kühe würden durch den Futtermittelzusatz Bovaer schwer krank oder sogar sterben.
In diesen Videos sollen Milchbauern Bovaer als „Gift“ bezeichnen. Sie sagen, ihre Kühe würden nach der Fütterung zusammenbrechen, Durchfall bekommen, weniger Milch geben, unfruchtbar werden oder sterben. Manche behaupten sogar, dadurch werde auch die menschliche Lebensmittelversorgung vergiftet.
Einige Nutzer berichten, dass ihre Tiere gesünder seien, seit sie Bovaer nicht mehr verwenden, und rufen zu einem weltweiten Boykott auf.
Auch wenn viele dieser Behauptungen übertrieben wirken oder an Verschwörungen erinnern, werden sie in einer Phase veröffentlicht, in der dänische Milchbauern tatsächlich Sorgen um die Gesundheit ihrer Tiere äußern. Die Behörden des Landes untersuchen diese Fälle inzwischen.
Bovaer soll die Methanemissionen von Kühen verringern, indem es ein Enzym im Verdauungssystem hemmt. Es kann die Emissionen von Milchkühen um bis zu 30 % senken.
Die europäische Landwirtschaft verursacht den größten Teil des Methans in der EU, vor allem durch den Verdauungsprozess von Rindern. Das zeigen Daten der Europäischen Umweltagentur.
Bovaer ist bei richtiger Anwendung sicher
Lebensmittelsicherheitsbehörden und unabhängige Fachleute betonen, dass Bovaer für Kühe sicher ist und keine Gefahr für Menschen darstellt, die Milch oder Fleisch dieser Tiere konsumieren.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stellte 2021 fest, dass Bovaer in der empfohlenen Menge für Milchkühe sicher und wirksam ist. Nur das reine Produkt kann die Haut reizen oder beim Einatmen gefährlich sein. Ob es für andere Tierarten sicher ist, ist noch unklar.
Die britische Food Standards Agency (FSA) erklärte 2024, dass Kühe Bovaer abbauen, sodass es nicht in Milch oder Fleisch gelangt. 3-NOP, der Wirkstoff, wurde umfassend geprüft und ist bei zugelassener Dosierung unbedenklich.
Die FSA betonte außerdem, dass Bovaer keine Krebsgefahr darstellt und dass über 58 Studien keinen Grund zur Sorge ergeben haben – selbst bei der doppelten empfohlenen Menge.
Hintergrund dieser Erklärung war ein Bovaer-Test in Kooperation mit dem Unternehmen Arla. In sozialen Medien wurde daraufhin Panik verbreitet; manche Nutzer schütteten aus Protest Milch weg oder verbreiteten falsche Gerüchte über angebliche Beteiligungen von Bill Gates.
Fachleute für Tierernährung bestätigen die Sicherheit des Zusatzstoffes, weisen aber darauf hin, dass Warnhinweise sich auf das reine, konzentrierte Pulver beziehen, das nur mit Schutzkleidung gehandhabt werden soll. Landwirte verwenden jedoch kein reines Bovaer, sondern ein verdünntes Produkt.
Der Hersteller DSM-Firmenich sagt, dass Bovaer seit über 15 Jahren erforscht wird und keine Hinweise auf gesundheitliche Schäden bei Kühen vorliegen. In Ländern, in denen es eingesetzt wird, seien keine Probleme bekannt – außer den Meldungen aus Dänemark.
In Dänemark wurde Bovaer in den ersten neun Monaten des Jahres von rund 400 Milchviehhaltern ohne gemeldete gesundheitliche Probleme eingesetzt, so der Hersteller.
Dänemark untersucht die gemeldeten Fälle
Dänemark hat Anfang 2025 die Verwendung methanreduzierender Futtermittel verpflichtend gemacht, um die Landwirtschaft klimafreundlicher zu machen.
Nachdem rund 350 von 1.600 Landwirten Erkrankungen oder Todesfälle gemeldet hatten, begannen staatliche Stellen und Forschungseinrichtungen, diese Hinweise ernsthaft zu untersuchen.
DSM-Firmenich arbeitet mit den Behörden zusammen. Untersucht wird unter anderem, ob Bovaer oder andere Faktoren – wie eine Änderung des restlichen Futters – die Probleme verursachen könnten. Manche Betriebe hatten zur gleichen Zeit neue Maissilage eingesetzt.
Forscher der Universität Aarhus berichten, dass sie in ihren eigenen umfangreichen Untersuchungen nie Symptome gesehen haben, wie sie in einigen Beiträgen behauptet werden.
Auch andere Experten kommen zu diesem Ergebnis. Studien zeigen teilweise eine etwas geringere Futteraufnahme oder Milchleistung, vor allem bei höheren Dosierungen von 3-NOP. Schwere Probleme wie Mastitis, Schwäche oder Todesfälle wurden jedoch nie festgestellt.
Eine große Studie im Journal of Dairy Science fand sogar eine gleichbleibende Futteraufnahme und teilweise höhere Milchleistung.
Bovaer wird bereits in mehreren europäischen Ländern eingesetzt, oft seit Jahren, ohne dass dort Probleme bekannt sind. Deshalb wirkt die Situation in Dänemark ungewöhnlich und ist wissenschaftlich bisher nicht erklärbar.