Israel hat am Samstag die sterblichen Überreste von 15 Palästinensern in den Gazastreifen zurückgebracht, einen Tag nachdem militante Hamas-Kämpfer die sterblichen Überreste einer Geisel an Israel zurückgegeben hatten.
Israel und die Hamas haben am Samstag den jüngsten Austausch von sterblichen Überresten abgeschlossen: Der Leichnam einer Geisel wurde nach Israel überführt, während 15 palästinensische Leichen nach Gaza zurückgebracht wurden, wie Behörden des Gebiets mitteilten.
Bei der Geisel handelt es sich um Lior Rudaeff, wie das Büro des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu erklärte. Die Initiative "Forum der Geiseln und vermissten Familien" teilte mit, dass Rudaeff in Argentinien geboren wurde.
Die Austausche sind ein zentraler Bestandteil der ersten Phase der Waffenruhe, die vorsieht, dass die Hamas alle sterblichen Überreste der Geiseln so schnell wie möglich übergibt. Für jede zurückgeführte israelische Geisel gibt Israel die Überreste von 15 Palästinensern frei.
Unterdessen teilte das von der Hamas geführte Gesundheitsministerium in Gaza mit, dass während der israelischen Offensive im Gazastreifen 69.169 Palästinenser getötet worden seien. Die Angaben des Ministeriums unterscheiden nicht zwischen zivilen Opfern und Kämpfern.
Der jüngste Anstieg der Opferzahlen ist darauf zurückzuführen, dass seit Beginn der Waffenruhe am 10. Oktober weitere Leichen aus den Trümmern in Gaza geborgen wurden. Zugleich seien zuvor nicht identifizierte Körper nun zugeordnet worden, so das Ministerium weiter. Eine große Zahl von Palästinensern gelte weiterhin als vermisst.
Die Waffenruhe gilt offiziell weiterhin - auch wenn nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums seit ihrem Beginn bereits 241 Menschen in Gaza getötet wurden. Ziel der Vereinbarung ist es, den bisher verheerendsten Krieg zwischen Israel und der Hamas zu beenden.
Nach israelischen Angaben haben Soldaten am Samstag zwei bewaffnete Männer getötet, die sich israelischen Truppen näherten - einen im Norden, einen im Süden des Gazastreifens.
Der Krieg hatte am 7. Oktober 2023 begonnen, als Hamas-Kämpfer Südisrael angriffen, dabei rund 1.200 Menschen töteten und 251 Geiseln nahmen.
Siedlergewalt im Westjordanland nimmt weiter zu
Palästinensische Gesundheitsbehörden teilten mit, dass elf Menschen bei einem Angriff israelischer Siedler im Westjordanland verletzt wurden, darunter Journalisten, Sanitäter, internationale Aktivisten und Landwirte. Die Gewalt durch Siedler hat während der diesjährigen Olivenernte ein neues Ausmaß erreicht.
Das humanitäre Büro der Vereinten Nationen (UN OCHA) berichtete, dass es im Oktober mehr Angriffe israelischer Siedler auf Palästinenser und deren Eigentum im Westjordanland gegeben habe als in jedem anderen Monat, seit das Büro 2006 mit der Erfassung solcher Vorfälle begann. Insgesamt seien mehr als 260 Angriffe registriert worden - im Durchschnitt acht pro Tag.
Aktivisten und Sanitäter seien in großer Zahl zur diesjährigen Olivenernte gekommen, um palästinensische Landwirte dabei zu unterstützen, ihre Felder sicher zu erreichen.
Ein in palästinensischen Medien verbreitetes Video zeigte das Innere eines Krankenhauses im Westjordanland, in das die Verletzten – blutig und bandagiert – nach dem Angriff auf die Stadt Beita am Samstag gebracht wurden.
Der langjährige Aktivist Jonathan Pollak sagte der Associated Press, er habe gerade Oliven geerntet, als Dutzende maskierte israelische Siedler, bewaffnet mit Knüppeln, auf sie losgingen, sie verfolgten und mit Steinen bewarfen.
Pollak berichtete, er habe gesehen, wie fünf Siedler eine Journalistin und ihren Sicherheitsbegleiter attackierten. Sie hätten auf sie eingeschlagen und ihren Helm eingedellt. Pollak selbst sei am Kopf getroffen und ins Krankenhaus gebracht worden.
„Das ist ein Muster, das wir jeden Tag sehen“, sagte Pollak. „Das ist nur ein Finger in der eisernen Faust der israelischen Politik, die darauf abzielt, Palästinenser ethnisch von ihrem Land zu vertreiben.“
Eine offizielle Reaktion Israels lag zunächst nicht vor.
Menschenrechtsorganisationen berichten, dass Festnahmen nach Siedlerangriffen selten und Anklagen noch seltener seien. Laut der israelischen Zeitung Haaretz wurden 2022, gestützt auf Daten der israelischen Polizei, nur in 3,8 Prozent der Fälle von Siedlergewalt Anklagen erhoben. Die meisten Verfahren wurden ohne weitere Maßnahmen eingestellt.