Angespannte Beziehungen zwischen Brüssel und Moskau

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Zum Abschluss des EU-Russland-Gipfeltreffens in Brüssel hieß es, die Beratungen seien offen und freimütig gewesen. Das bedeutet nichts anders, als dass es große Meinungsunterschiede gab. Das sehr kurze Treffen, das bereits im vergangenen Dezember stattfinden sollte, war wegen des Streits um die Ukraine verschoben worden. Die Entscheidung Kiews, auf ein Assoziierungsabkommen mit Brüssel zu verzichten und sich stattdessen erneut Moskau zuzuwenden, hatte in der Ukraine Proteste ausgelöst. Viele junge Menschen sind proeuropäisch eingestellt und wollen eine andere Regierung als die des Präsidenten Viktor Janukowitsch. Russlands Präsident Wladimir Putin setzte die Ukraine unter Druck und ließ sich die neuen Beziehungen zu Kiew einiges kosten.

Ein Gespräch über die Eiszeit zwischen der EU und Moskau.

euronews:
Rosa Balfour, Europa-Expertin der Brüsseler Denkfabrik Zentrum für europäische Politik, herzlich willkommen. Wie beurteilen Sie dieses ungewöhnlich kurze EU-Russland-Gipfeltreffen? Was sagt es über die Qualität der Beziehungen aus?

Rosa Balfour:
Um die bilateralen Beziehungen ist es zur Zeit nicht gut bestellt. Zuallererst muss daran erinnert werden, dass das Gipfeltreffen für den vergangenen Dezember geplant war, wegen der Ereignisse in der Ukraine jedoch verschoben wurde. Zweitens wurde das Treffen, das ursprünglich eineinhalb Tage dauern sollte, auf eineinhalb Stunden und ein gemeinsames Essen gekürzt. Die Führung der EU wollte Putin damit eine Botschaft vermitteln. Sie macht das Mißbehagen an dem Vorgehen Russlands in Osteuropa deutlich.

euronews:
Was kann getan werden, um die Lage in der Ukraine zu beruhigen? Arbeiten die EU und Russland zusammen oder konkurrieren sie um die Ukraine?

Rosa Balfour:
Sowohl die EU als auch Russland behaupten, sie könnten zusammenarbeiten und eine Freihandelszone einrichten, die von Lissabon bis Wladiwostok reicht. In der Praxis jedoch handelt es sich um einen Wettkampf. Die EU und Russland könnten eine positivere Rolle spielen, sie könnten im Sinne einer Lösung der Krise in der Ukraine auf die verschiedenen Konfliktparteien einwirken. Doch auf beiden Seiten muss dazu der gute Wille vorhanden sein.

euronews:
Denkt Putin, dass er bereits der Sieger ist, weil er die Ukraine mit umgerechnet 15 Milliarden Dollar unterstützt, was die EU nicht konnte?

Rosa Balfour:
Die russische Wirtschaft stützt sich auf Energieträger. Es gibt Anzeichen dafür, dass auf längere Sicht einer solchen Wirtschaft die Nachhaltigkeit fehlt. Janukowitsch denkt selbstverständlich an die Wahl 2015 und an kurzfristige finanzielle Hilfen aus Moskau. Doch es ist unklar, ob er diese Hilfen in ein, zwei Jahren tatsächlich bekommt.

euronews:
Teil des Abkommens zwischen der EU und Russland ist die Modernisierung. Werden die beiden Partner dieses Potential nach der Überwindung der derzeitigen Schwierigkeiten nutzen?

Rosa Balfour:
In der Partnerschaft für Modernisierung wurden kaum Fortschritte erzielt. Wenn man heute auf Europa blickt, sieht man, dass der in der Vergangenheit starke Zuspruch, den Russland erhielt, sehr abgenommen hat. Um ehrlich zu sein, das ist zum Teil die Folge dessen, was Putin in Osteuropa getan hat. Hinzu kommt, dass einige der eher neutralen Staaten die Moskauer Haltung inzwischen satt haben. Ich gehe davon aus, dass die EU-Vertreter von Russland Fortschritte erwarten, bevor ein Angebot gemacht wird, wie es die Visa-Liberalisierung ist.

euronews:
Putin wünscht, dass die Führung der EU und andere Staats- und Regierungschefs zu den Olympischen Spielen nach Sotschi reisen…

Rosa Balfour:
Einer von zwei Staats- und Regierungschefs hat aus Protest gegen die Ereignisse in Russland abgesagt. Einige Politiker werden teilnehmen. Dieses Gipfeltreffen wurde nicht abgesagt, was bedeutet, dass die EU die Beziehungen zu Russland fortsetzen will. Es geht somit nicht um Vergeltung, vielmehr wird Mißbehagen deutlich. Dieses ist die Botschaft der EU, die auch für Sotschi gilt.

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