Das erste Jahr des Pontifikats von Papst Franziskus

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Ein Jahr nach seiner Wahl beeindruckt Papst Franziskus noch immer vor allem durch seinen Stil.
Die Kommuniskationsform der katholischen Kirche hat sich geändert – hat sich auch Grundlegendes verändert? News + schaut auf die 12 ersten Monate des aktuellen Kirchenoberhauptes.

Monsignore Philippe Barbarin, der Erzbischof von Lyon, ist die oberste Autorität für alle Katholiken Frankreichs. Er hat an der Wahl von Papst Franziskus teilgenommen. Welche Bilanz zieht er nach einem Jahr ?

Monseigneur Philippe Barbarin
Als er gewählt war, da wussten wir, dass er für Veränderung steht, denn er kommt aus Lateinamerika, aus der ´neuen Welt´. Dort leben derzeit 40 Prozent aller Katholiken. Folglich ist es normal, einen Papst von dort zu haben.

Fabien FARGE, Euronews :
Erkennen Sie in seinem seiner Art zu kommunizieren die Persönlichkeit von Papst Franziskus?

Monseigneur Philippe Barbarin :
Da ist zuerst das einfache Leben. Er sagte:” Wozu muss es ein Mercedes sein, wenn der Papst ein Auto braucht? Ein Auto ist für mich ein Gebrauchsgegenstand, es muss nicht schön sein. Es ist besser, die Dinge einfach zu gestalten.”

Fabien FARGE, Euronews :
Soweit zu Äußerlichkeiten. Ist es vorstellbar, dass Papst Franziskus auch die Sprache der Kirche von Grund auf verändert?

Monseigneur Philippe Barbarin :
Nicht bei den Dogmen. Nicht bei den Sakramenten. Wir haben nur den einen Gott, den einen Glauben, die eine Taufe. Gelegentlich wird uns das vorgeworfen. Wir werden als Formalisten bezeichnet.
Darauf sage ich: Nein, schaut euch Papst Benedikt an. Der ist so. Und Papst Franziskus ist vollkommen anders. Und Papst Johannis Paul war noch anders. Was bedeutet “grundsätzlich”? Es bedeutet, dass Jesus der Retter der Welt ist! Es bedeutet, das Evangelium erleuchtet alle Nationen.

Fabien FARGE, Euronews :
Kann man bereits konkret bestimmte Reformen benennen?

Monseigneur Philippe Barbarin :
Nein. Weil man momentan nur seine Entschlossenheit sieht. Er hat erst wenige Entscheidungen gefällt.
Er hat sich einen Staatssekretär erwählt, der 25 Jahre jünger ist. Dieser Parolin kennt sich gut in den Außenbeziehungen aus. Und dann sind da die Wirtschaftsangelegenheiten. Sein Ziel ist, die Finanzen sollen transparenter werden. Mit den Finanzen ist es immer schwierig. Seit es das Geld gibt, gibt es auch immer Hände, die danach greifen. Egal wo.

Fabien FARGE, Euronews :
Da sind die in dieser Kirche so zahlreichen Kinderschänder-Affären. Die Vereinten Nationen haben mit dem Finger auf den Vatikan gezeigt. Wie bewerten Sie das sensible Problem? Wie wichtig muss man die Pädophilie-Vorwurf nehmen?

Monseigneur Philippe Barbarin :
Zu mir hat einmal ein Schulinspektor gesagt: “Ich wünschte, das staatliche Schulsystem wäre ebenso klar verfaßt wie die Kirche.” Denn auch dort gibt es viele solche Fälle. In der Kirche sind die eine Katastrophe!
Sind sind überall eine Katastrophe! Vielleicht hallt der Skandal im Falle der Kirche viel lauter wider. Weil diese Leute die Moral, die Heiligkeit Gottes predigen und selber das Gegenteil tun. Das zählt viel schwerer. Darauf muss man schnell reagieren. Für mich ist schon ein einziger Fall eine Abscheulichkeit. Ich finde es gut, dass darüber gesprochen wird und dass diese Dinge energisch bekämpft werden.
Es ist gut für uns, dass die Vereinten Nationen mit solchem Zorn reagieren! Denn das verlangt von uns, denn Kampf mit der Klarheit der Päpste Johannis Paul, Benedikt und nun Franziskus weiter zu führen. Da gibt es gar keinen Zweifel. Ich wünschte wirklich, auch andere würden das so handhaben, weil diese Geißel nicht nur die Kirche befallen hat sondern die ganze Gesellschaft.

Fabien FARGE, Euronews :
Beruhen die in Papst Franziskus gesetzten Hoffnungen auf dem Erbe seiner beiden Vorgänger ?

Monseigneur Philippe Barbarin :
Ja, wenn Sie so wollen. Ein alter Katholik sagte mir kurz nach der Wahl:” Johannis Paul war der Papst der Hoffnung. Benedikt der Papst des Glaubens, der uns den Glauben neu gelehrt hat, der dem Glauben in all seiner Feinheit gedient hat. Und jetzt haben wir den Papst der Liebe.”
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Christian Terras ist Chefredakteur der Monatsschrift “Golias”, die publiziert kritische Analysen zu religiösen, allgemein-gesellschaftlichen und internationalen Themen. Zum ersten Jahr des Pontifikats von Papst Franziskus sagt er:

Es ist ein Stil, der eine spürbare Veränderung bringt. Dafür wurde er gewählt, denke ich, für seine starke Art. Jorge Bergoglio wurde gewählt, um das so stark beschädigte Ansehen der Kirche wieder herzustellen. Nach dem Ende des Pontifikats von Papst Benedikt XVI , der mit seinen ehrenvollen Rücktriit zu deren Gesunden geführt hat, was ein Verdienst von Papst Benedikt ist.

Und wie steht Papst Franziskus zu den aktuellen Themen wie Abtreibung und Homosexuellen-Ehe, die in Frankreich “Ehe für alle” genannt wird?

Christian Terras
Er wird nicht so handeln wie seine Vorgänger. Er wird nicht einfach nur aus Rom eine Botschaft nach Spanien und Frankreich schicken in Sachen Ehe für alle und Abtreibung. Er wird nicht sagen:: “ Das ist nicht gut “ . Er lässt die lokalen Bischofskonferenzen ihre Arbeit machen, damit sie mit dieser Politik klarkommen, in der jetzt ein Schlagabtausch stattfindet. In Frankreich ist das wohl auch eine Art Abrechnung mit der Regierung Ayrault-Holland. In Sachen Abtreibung gehen Anhänger verschiedener Strömungen bis hin zu Fundamentalisten auf die Straße, die mit der ehemaligen sozialistischen Regierung in Spanien abrechnen wollen, die die Abtreibung in Spanien befürwortet hatte. Da ist viel taktisches Verhalten im Spiel. Dieser Papst wird nicht zu Homosexuellen sagen:
“Das ist gegen die Natur “. Er wird sagen: “Wer bin ich, dass ich mich zum Richter aufschwingen könnte?” Es wird auch nicht aus Rom der Satz kommen: “Ich bin gegen die Ehe für alle. “
Auch nicht: “Die Regierung Ayrault-Holland täte gut daran, zu den zivilisatorischen und kulturellen Grundlagen zurück zu kehren, auf die das christliche Europa gegründet ist.” So ist er nicht, das ist nicht seine Sprache.

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