Afghanistan: "Die Bemühungen der vergangenen 12 Jahre waren nicht umsonst"

Afghanistan: "Die Bemühungen der vergangenen 12 Jahre waren nicht umsonst"
Von Euronews
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
WERBUNG

Vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Afghanistan an diesem Samstag haben die Taliban erneut mit Anschlägen gedroht. Wir sprachen mit dem afghanischen Innenminister Omar Daudzai über die Beziehungen zu den USA und seinen Plan, mehr Frauen zu Polizisten auszubilden.

euronews, Maria Sarsalari:
“Die erste Runde der Präsidentenwahl wurde erfolgreich abgehalten. Dies ist vor allem dem Innenministerium zu verdanken, das für Sicherheit zuständig war. Rechnen Sie damit, dass die zweite Runde genauso gut abläuft? Was für Maßnahmen wurden diesmal ergriffen?”

Mohammad Omar Daudzai:
“Die erste Runde der Wahl war ein großer Erfolg für alle Menschen in Afghanistan und insbesondere für die afghanischen Sicherheitskräfte, die heldenhaft für Ordnung und Sicherheit während der Abstimmung gesorgt haben. Es war auch ein Sieg für die internationale Gemeinschaft. Die Wahl hat der internationalen Gemeinschaft gezeigt, dass die Bemühungen der vergangenen zwölf Jahre nicht umsonst waren. Wir haben bei der ersten Runde Erfahrungen gesammelt, die uns hoffentlich dabei helfen werden, die zweite Runde der Wahl zu sichern und in einer guten Atmosphäre zu organisieren.”

euronews:
“Es war die Rede davon, mehr Wahlbüros zu öffnen, um die Probleme, die bei der ersten Runde auftauchten, zu vermeiden. Wurden diesbezüglich Maßnahmen ergriffen?”

Mohammad Omar Daudzai:
“Nun, der Wahlkommission zufolge wird es genauso viele Wahlbüros geben, wie bei der ersten Runde, doch die Anzahl der Wahlkabinen wurde erhöht. Die Sicherheitsmaßnahmen werden mehr oder weniger die gleichen sein, es werden nur mehr Polizisten am Eingang der Wahlbüros im Einsatz sein, um Sicherheit zu garantieren.”

euronews:
“Bleiben wir bei der Polizei, Ihnen ist die Ausbildung der afghanischen Polizei sehr wichtig, wie kommt es voran?”

Mohammad Omar Daudzai:
“Um zu ihrer Hauptaufgabe zurückzukehren, die Aufklärung und das Verhindern von Verbrechen, müssen unsere Polizisten ausgebildet werden. Dieses Training findet hier in Afghanistan und im Ausland statt. Wir haben eine Polizeiakademie und Trainingszentren sowie eine Generalstabsakademie. In Kabul gibt es ein Trainingszentrum und bald wird die erste Polizeiakademie für Frauen mit der Hilfe von Europol in der Provinz Bamiyan eröffnet werden.”

euronews:
“Tausende Frauen wurden eingestellt, um bei der Sicherung der Wahl zu helfen. Gibt es einen klaren Willen, die Präsenz der Frauen zu verstärken oder geht diese Initiative nur vom Innenministerium aus?”

Mohammad Omar Daudzai:
“Eine meiner drei Prioritäten der vergangenen acht Monate war es, die Anzahl der Frauen in den verschiedenen Abteilungen des Ministeriums zu erhöhen. Der Polizeikommandant des ersten Distrikts in Kabul ist zum Beispiel zum ersten Mal eine Frau. Auch der stellvertretende Kommandant der Flughafen-Sicherheit ist eine Frau.”

euronews:
“An den Grenzen im Osten Afghanistans gibt es immer wieder Raketenangriffe von der pakistanischen Seite. Vor allem die afghanische Provinz Kunar ist betroffen. Die afghanischen Behörden haben diese Angriffe aufs schärfste verurteilt. Was ist da los?”

Mohammad Omar Daudzai:
“Nun, ein Grund für diese Angriffe ist, dass die trilateralen Gespräche zwischen Afghanistan, Pakistan und der Nato dieses Jahr enden werden. Pakistan möchte sie durch einen bilateralen Prozess ersetzen. Es ist möglich, dass mit diesen Angriffen Druck auf Afghanistan ausgeübt werden soll, um bei den Verhandlungen die besseren Karten zu haben, doch das ist nicht richtig. Wir wollen keinerlei Spannungen. Wir wollen in Frieden leben und uns mit unseren Nachbarn versöhnen. Wir erwarten von ihnen, dass Sie uns ebenfalls entgegenkommen.”

euronews:
“Warum hat Afghanistan die Unterzeichnung des Sicherheitspakts mit den USA verzögert? Was war der Grund?”

Mohammad Omar Daudzai:
“Den USA ist es nicht gelungen, genügend Druck auf Pakistan auszuüben, um die Anführer der Taliban an den Verhandlungstisch zu bringen. Aus diesem Grund hat der afghanische Präsident gesagt, dass der nächste Präsident den Pakt unterschreiben solle. Doch die Wahl rückte näher und beide Kandidaten versprachen, dass sie, falls sie gewählt werden, das Abkommen noch in ihrer ersten Woche im Amt unterschreiben werden. Ich bin mir also sicher, dass die USA, der Westen und Europa sich diesbezüglich keine Sorgen machen müssen.”

euronews:
“Eine Enthüllung von Wikileaks war, dass alle Telefongespräche der Menschen in Afghanisten von den USA abgehört wurden. Die afghanische Regierung war darüber wenig erfreut. Haben sie von den US-Behörden eine offizielle Antwort bekommen?”

Mohammd Omar Daudzai:
“Die US-Amerikaner werden uns sicherlich mitteilen, was sie zu sagen haben. Doch die Menschen in Afghanistan waren sehr enttäuscht darüber, dass alle ihre Telefongespräche abgehört wurden. Dies ist eine Verletzung der afghanischen Verfassung.”

euronews:
“Dreiviertel des Opiums weltweit kommt aus Afghanistan und das bereitet der internationalen Gemeinschaft Sorge. Was wurde getan, um diesen zum Teil globalen Handel zu ersetzen? Gibt es Hoffnung?”

Mohammd Omar Daudzai:
“Der Fakt, dass wir Opium anbauen, ist für das afghanische Volk wirklich eine große Last. Terrorismus und Opiumhandel arbeiten Hand in Hand. Die Einnahmen gehen direkt an die Taliban, die sich so bereichern. Es ist eine wichtige Geldquelle für den Terrorismus. Wir glauben, dass dieses Problem gelöst wird, wenn in Afghanistan Frieden einkehrt, wenn wir einen landesweiten und dauerhaften Frieden haben.”

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

20 Jahre Haft: Zwei afghanische Guatanamo-Häftlinge kommen frei

Wieder schweres Erdbeben in Afghanistan: Erneut Provinz Herat betroffen

Mindestens 2.400 Tote: Prekäre Lage im Nordwesten Afghanistans