Lyon: Hauptstadt des Widerstands gegen die Nazi-Besetzung

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Lyon war während des Zweiten Weltkriegs das Zentrum des Widerstands gegen die Besetzung Frankreichs durch die Nazis. 1942 marschierten die deutschen

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Lyon war während des Zweiten Weltkriegs das Zentrum des Widerstands gegen die Besetzung Frankreichs durch die Nazis. 1942 marschierten die deutschen Truppen auch hier ein und Gestapo und Sicherheitsdienst machten sich an die Verfolgung von Juden und Widerstandskämpfern.

Die Verhöre fanden im Armeekrankenhaus in der Avenue Bethelot statt. Dort ist heute Lyons Widerstandsmuseum untergebracht.

Jean Nallit ist 1923 in Lyon geboren. Er war 18 Jahre alt, als er sich der Widerstandsgruppe Charette anschloss. Euronews sprach mit ihm während eines Besuchs des Widerstandsmuseums, um zu erfahren, wie es ihm während des Kriegs ergangen ist.
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“Die wichtigste Aufgabe der Widerstandsbewegungen war die Informationsbeschaffung und die Herstellung von gefälschten Papieren für Leute, die den Nazis entkommen mussten”, erzählt Jean Nallit. “Wir haben zwischen 25.000 und 30.000 Dokumente gefälscht.

Wer verhaftet wurde musste damit rechnen erschossen zu werden. Ich kam am 31. März 1944 in Haft und wurde sofort hierher gebracht, an diesen Ort.

Wir wurden gefoltert. Sie hielten meinen Kopf unter Wasser. Dann traten sie mich, damit ich wieder zu Bewusstsein kam. Sie schlugen mich auf den Hintern und die Oberschenkel. Ich konnte sechs Monate lang nicht sitzen.

Am 8. Mai wurde ich in einen Viehwaggon gesperrt. In jedem Waggon waren 120 Gefangene und als die Fahrt zuende war, waren etwa ein Dutzend von uns tot. Einige waren halb verrückt vor Durst, andere waren halb erstickt, weil es im Waggon nicht genug Luft gab. Ich hatte Glück, weil ich an die Tür gedrückt wurde und atmen konnte.

Der Zug brachte uns nach Buchenwald. Als wir angekommen waren, erhielt jeder eine Nummer. Damit war klar, dass wir keine Namen mehr hatten. Die Nummer mussten wir auf Deutsch sagen — 49839. Sie wurde uns eintätowiert und bleibt bis ans Lebensende.

Dann kamen wir in Quarantäne. Wir mussten uns in Zelten hinsetzen, die Beine spreizen und wir schliefen mit dem Kopf auf dem Rücken eines Mitgefangenen, der sich zwischen unsere Beine setzen musste.

Ich kam in den Steinbruch. 12 Stunden Steine klopfen. Wir durften nicht aufstehen oder mit anderen reden. Es wurde alles getan, um uns zu zerstören.

Als nächstes kam ich zur Qualitätskontrolle in einer Flugzeugfabrik. Das war übrigens nicht schlecht, weil ich es ihnen heimzahlen konnte. Ich habe nie begriffen, wie man verhaftete Widerstandskämpfer in einer Rüstungsfabrik einsetzen kann.

Ich wollte nicht arbeiten. Als ich dort ankam, sprach ich mit einem Häftling aus Belgien, der mich fragte: “Wirst du arbeiten?” Ich sagte: “Nein”. “Ich auch nicht.” “Wir werden gut miteinander klar kommen.”

Wir haben es dann so gemacht, dass wir die beschädigten Teile mit durchgehen ließen. Sabotage fand in jeder Phase der Produktion statt.

“Alle sollten umgebracht werden. Die Juden und alle anderen Lagerinsassen. Aber die russische Offensive kam näher. Die SS-Leute wollten nicht in russische oder amerikanische Gefangenschaft geraten, also ließen sie uns kreuz und quer durch Deutschland marschieren. Ich bin sicher, dass sie uns in der Ostsee ersäufen wollten. 900 Kilometer sind wir marschiert.

Am 8. Mai `45 wurde ich befreit. Am Ende des Gewaltmarsches wog ich 38 Kilogramm. Ich brauchte drei Jahre, um 50 Kilo zuzunehmen.”

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