Leben in Ketten: Psychisch Kranke in Indonesien im HRW-Bericht

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Sie leben in Ketten gelegt in Nervenheilanstalten, werden sexuell missbraucht, sind oft bis auf die Knochen abgemagert oder werden von ihren Familien

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Sie leben in Ketten gelegt in Nervenheilanstalten, werden sexuell missbraucht, sind oft bis auf die Knochen abgemagert oder werden von ihren Familien weggesperrt: Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schildert in einem gerade veröffentlichten Bericht, wie psychisch kranke oder geistig behinderte Menschen in Indonesien oft leben müssen. Demnach wurden dort etwa 57.000 geistig beeinträchtigte Menschen mindestens einmal in ihrem Leben in überfüllten Räumen oder schmutzigen Schuppen gefesselt oder eingesperrt. Obwohl es der Organisation zufolge seit 1977 offiziell verboten ist, Kranke in Ketten zu legen, wird vermutet, dass circa 18.000 Personen derzeit in Fesseln leben.

Dieses Foto wurde laut HRW in der Anstalt Bina Lestari in Brebes auf der Insel Java aufgenommen. Die Fussfessel bietet kaum Bewegungsfreiheit. Der Mann muss im selben Raum essen, schlafen und seine Notdurft verrichten.

HRW zufolge gibt es in Indonesien für 250 Millionene Menschen nur 48 Einrichtungen für geistig beeinträchtigte Menschen. Auf einen Psychiater oder eine Psychiaterin kommen 300.000 bis 400.000 Menschen. In den Städten gebe es für Familien mit kranken Angehörigen keine Unterstützung. Zudem wüssten viele nur wenig über derlei Beeinträchtigungen und es herrsche viel Aberglauben. Es wird davon ausgegangen, dass Betroffene verflucht sind oder ihr Zustand eine Strafe für Sünden ist. Im schlimmsten Fall, den HRW laut eigener Aussage dokumentiert hat, wurde eine Frau 15 Jahre lang von ihrer Familie gefangen gehalten. Weil sie an der Ernte der Nachbarn öfter Schaden angerichtet hatte, hat der Vater beschlossen, sie wegzusperren. Um zu verhindern, dass sie ausbricht, banden ihre Eltern ihre Arme auf dem Rücken zusammen. Sie lebte in einem abgedunkelten Raum. Um zu essen, musste sie sich hinknien und mit dem Kopf auf den Boden herunterbeugen.

HRW hat laut eigenen Angaben 72 Erwachsene und Kinder interviewt, die psychische und soziale Einschränkungen haben. Zudem wurden zehn Angehörige, Pflegerinnen und Pfleger, Experten, Anstaltsleiterinnen, Regierungsangehörige und Anwälte befragt. Die Organisation besuchte 16 Einrichtungen auf den Inseln Java und Sumatra. 175 Fälle von Menschen, die derzeit eingesperrt oder gefesselt sind, wurden dokumentiert.

Fotos: Andrea Star Reese für Human Rights Watch

Kompletter Bericht mit Fotos

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