Verschmutzung der Meere: Mit dem Chiplabor direkt im Wasser den Umweltsündern auf der Spur

Verschmutzung der Meere: Mit dem Chiplabor direkt im Wasser den Umweltsündern auf der Spur
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Von Anne Devineaux mit Margitta Kirstaedter (dt. Fassung)
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Schwermetalle, Pestizide, Antibiotika, Öl – die Liste der Schadstoffe in den Ozeanen ist lang.

Schwermetalle, Pestizide, Antibiotika, Öl – die Liste der Schadstoffe in den Ozeanen ist lang. Die Verseuchung der Meere dürfte auch in Zukunft ein Topthema sein. Derzeit ist es aber noch schwierig und aufwendig, die schädlichen Substanzen wirksam nachzuweisen. Das europäische Braavoo-Forschungsprojekt will Abhilfe schaffen.

Messung im Wasser statt im Labor

Kernstück ist ein robotergesteuertes Boot, das automatisch Wasserproben sammelt, die dann sofort an Bord von Biosensoren in Echtzeit auf Schadstoffe untersucht werden. Beim Praxistest vor der sizilianischen Küste erklärt Umweltingenieur John Wallace den Vorteil: “Das Fantastische an diesem Boot ist der Biosensor. Bei dem Test, den wir gerade machen, werden Bakterien beobachtet, die auf Giftstoffe im Wasser reagieren. Normalerweise würden dafür Proben gesammelt und ins Labor geschickt werden, das bedeutet große Schiffe, viele Leute an Bord und viel Zeit im Labor. Mit diesem Gerät hingegen ist es eine Frage von Stunden, was sonst ein ganzes Team tagelang beschäftigt.”

Schnelle Reaktion auf Ölpest möglich

Nicht weit davon testen Wissenschaftler am Institut für Meeresumwelt in Messina die Biosensoren in einem Experimentalbecken. Ein Ölteppich wurde hier simuliert – eine der potenziellen Anwendungsmöglichkeiten der neuen Technologie. Auf eine Ölpest könnte so schneller reagiert und die Entseuchung unterstützt werden.

“Es gibt hier Sensoren, die spezifisch auf bestimmte Typen von Kohlenwasserstoffen reagieren, und die wir fünf Tage lang testen”, erläutert Mikrobiologin Renata Denaro. “In diesem Zeitraum werden wir auch eine Säuberungsaktion simulieren, die Teil des nationalen Katastrophenschutzplans ist. Dank dieser Biosensoren können wir sehr zeitig eine Frühwarnung herausgeben, und die Sensoren zeigen uns auch, welche Strategie nach der Ölbergung die passendste ist.”

Bakterien messen Verschmutzung

Die Forscher entwickeln sogenannte Lab-on-Chip-Module, winzige Chiplabore, mit drei Typen von Biosensoren: Algen, Bakterien oder Antikörpern. Die Biosensoren reagieren, indem sie Licht produzieren. Die Sensoren können für diverse Arten von Schadstoffen konfiguriert werden. “Hier haben wir verschiedene Bakterien in unterschiedlichen Kammern. Wenn wir eine Probe haben, und sie kann so klein sein wie ein Regentropfen, injizieren wir in diesen Chip die Probe. Wenn wir sehr viele Schwermetalle in der Probe haben, werden die mittleren Bakterien sehr viel Licht produzieren. Wenn wir nur sehr wenige Schwermetalle haben, werden sie nur sehr wenig Licht produzieren. Und so können wir die Schwere der Kontamination messen”, erklärt Mikrobiologe Vitali Maffenbeier das Prinzip. Lebende Organismen wie Bakterien könnten Informationen über den Zustand des Meeres geben, die konventionelle Analysen nicht liefern, bekräftigt Renata Denaro: “Chemische Analysen verschaffen uns keine nützliche Information darüber, wie ein lebender Organismus reagiert. Dank der Biosensoren können wir hingegen bestimmen, wie gefährlich ein Schadstoff wirklich sein kann, wie giftig er ist oder auch wie stark die Meeresumwelt generell belastet ist.”

Die Herausforderung ist, wirksame und auch kostengünstigere Technologien zu entwickeln, um das Ökosystem der Meere besser überwachen und schützen zu können.

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