Liebling der Medien oder Hoffnungsträger: Emmanuel Macron (39)

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Von Kirsten Ripper
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In Lyon sind mehr als 16.000 Menschen zum Wahlkampf-Auftritt von Emmanuel Macron gekommen. Die Pressetribüne ist brechend voll. Nur 8.000 Leute passen in die Veranstaltungshalle, – die anderen können sich die Rede draußen auf einer Leinwand anschauen oder im Fernsehen.
Emmanuel Macron (39) war zwei Jahre lang Wirtschaftsminister des sozialistischen Präsidenten François Hollande. Doch dann hat der Absolvent der ENA – der Kaderschmide der französischen Eliten – für seine Kandidatur eine eigene Bewegung mit dem Namen “En Marche” gegründet. So umgeht Macron die interne Abstimmung der sozialistischen Partei. Einige werfen Macron vor, er habe nie eine Wahl gewonnen. Andere Politiker der sozialistischen Partei wie der Bürgermeister von Lyon Gérard Collomb haben sich auf die Seite des Politikneulings gestellt – nicht erst seit er in den Umfragen aufgeholt hat.
Emmanuel Macron ist eine Art “Wunderkind”, er hat als Bankier gearbeitet, hat Philosophie und Politik studiert und spielt hervorragend Klavier.

Verheiratet ist der Mann mit dem Look des idealen Schwiegersohns seit 2007 mit seiner ehemaligen Französischlehrerin. Die Eltern schickten den 16-jährigen Sohn weg von Amiens, um die Liebe zur 24 Jahre älteren Brigitte Trogneux zu beenden. Inzwischen kümmert sich Macron mit um die Enkel seine Frau, die aus ihrer vorherigen Ehe drei Kinder hat.

Die Ämter in seiner Bewegung will Macron paritätisch mit Frauen und Männern besetzen. Seine Leitworte sind die der französischen Republik, denen Macron wieder Leben einhauchen will: liberté, égalité, fraternité – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
Zur Freiheit gehöre es auch, dass sich jeder in Frankreich sicher fühle, sagt Macron. Besonders am Herzen liegen ihm aber die Gleichheit wie der Kampf gegen jede Form von Diskriminierung und die Brüderlichkeit, von der er glaubt, dass die anderen Politiker sie haben welken lassen.

Die politischen Gegner erwähnt Emmanuel Macron am Rande. Der Sieger der internen Abstimmung der Sozialisten Benoît Hamon fordert ein universelles Grundeinkommen. Macron sagt, die Leute, die von der Krise gebeutelt seien, verlangten kein Grundeinkommen, es gebe bereits die Sozialhilfe, sie wollten Jobs und eine angemessene Bezahlung. Macron will das französische Arbeitsrecht lockern, die Arbeitgeber-Abgaben für niedrige Lohnstufen senken.
Von den Politskandalen profitiere nur der Front National, sagt Macron. Dabei repräsentiere der FN nicht das Volk, sondern nur sich selbst – vom Vater bis zur Tochter.

Emmanuel Macron bekennt sich – wie der Hoffnungsträger der SPD in Deutschland Martin Schulz – ohne wenn und aber zur EU. Er wünscht sich ein zuverlässigeres Frankreich, eines, das den Kindern keine Schulden überlässt und das in Europa zu seinen Zusagen steht. Die Grenzen seien die Grenzen Europas. Macron will keine Mauern und sieht in Angela Merkel in dieser Hinsicht ein Vorbild.

Die politischen Grenzen von rechts und links will Emmanuel Macron überwinden. Man mûsse nicht links sein, um die letzte Rede zu Europa von François Mitterrand zu befürworten. Und man müsse nicht rechts sein, um hinter Jacques Chiracs Rede zum Vel d’Hiv zu stehen, in der sich der damalige Präsident 1995 zur Schuld der Franzosen für die Deportation tausender Juden in die Todeslager der Nazis bekannt hatte.

“Macron Président” – sein Publikum in Lyon hat Emmanuel Macron mit seiner Rede überzeugt. Wieviele Franzosen tatsächlich von Macron überzeugt sind, ist in Zeiten unsicherer Umfragen schwer abzuschätzen. Seine Gegner meinen, Macron habe seinen Erfolg vor allem der elitären Pariser Presse zu verdanken, die viel mehr über ihn als über die anderen Kandidaten berichtet hätten. Der Wahlkampf in Frankreich ist spannend wie lange nicht mehr.

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