Die Demokratie verschlechtert sich weltweit

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Von Johannes Pleschberger
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Besonders Osteuropas Demokratien bekamen im vergangenen Jahr schlechte Noten von The Economist. Deutschland, Österreich und die Schweiz, hingegen, schafften es unter die Top 15 der "besten" Demokratien.

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Die jüngste Ausgabe des Democracy Index 2017 des britischen Magazins The Economist verzeichnete die schlechtesten Demokratieresultate weltweit seit 2010. Zudem hat im vergangenen Jahr keine Einzige der Weltregionen eine Verbesserung ihres Durchschnittswertes verzeichnet. Ein zentraler Faktor für die Verschlechterung: Die Polarisierung von Wählerschaft und Gesellschaft.

In der ganzen Welt, so der Bericht, befindet sich die Demokratie in einer Phase der Verschlechterung, besonders seit Ausbruch der Wirtschaftskrise. Insgesamt 89 Länder verzeichneten einen Rückgang ihrer Gesamtbewertung gegenüber einer Verbesserung in 27 Ländern. Die ausgeprägtesten Rückschritte gab es in Europa: Im Osten des Kontinents gibt es keine einzige "volle Demokratie", ein trauriger Rekord, der mit dem Nahen Osten und Nordafrika geteilt wird.

Schweiz, Deutschland und Österreich unter den 15 "besten" Demokratien

Jedes Land wird in eine dieser vier Kategorien eingeteilt: Volle Demokratien (19), fehlerhafte Demokratien (57), hybride Regime (39) und autoritäre Regime (52). 50,7% der Weltbevölkerung lebt unter einem hybriden oder autoritären Regime.

Nur die Top-19-Positionen werden von idealen, vollen Demokratien besetzt. Darunter: die Schweiz (Platz 7), Deutschland (Platz 10) und Österreich (Platz 12). Norwegen mit 9,87 Punkten liegt an erster Stelle, Nordkorea mit 1,08 Punkten auf dem letzten Platz der kompletten Liste. Der Bericht macht eine Momentaufnahme des Gesundheitszustandes der Demokratie in der Welt und analysiert 165 unabhängige Staaten und 2 Territorien. Die Bewertung basiert auf fünf Kategorien und 60 Gesamtindikatoren:

  • Wahlprozesse und Pluralismus,
  • Freiheiten der Zivilbevölkerug,
  • das Funktionieren der Regierung,
  • politische Mitsprache und
  • politische Kultur.

Seit 2016 hat sich in keiner Region die Durchschnittsnote verbessert, und die Wählerschaft ist zunehmend polarisiert. Insbesondere die Meinungsfreiheit und die Medienfreiheit "stehen vor neuen Herausforderungen durch staatliche und nichtstaatliche Institutionen". Außerdem: Nur 11% der Weltbevölkerung haben Zugang zu wirklich kostenlosen Informationen. Unter diesem Gesichtspunkt schlägt niemand in der Welt Australien, Kanada und Dänemark. Russland und Weißrussland und ´werden übrigens als autoritäre Regime geführt.

Der spanische Fall

2017 verzeichneten die stärksten Rückgänge in der Rubrik "Westeuropa" die Länder Malta (-0,24), Spanien (-0,22), Türkei (-0,16) und Frankreich (-0,12). Spaniens Punktzahl liegt mit 8,08 knapp über der Schwelle für eine "volle Demokratie". Allerdings hatte der Versuch vonseiten der Zentralregierung, Kataloniens illegale Volksabstimmung über die Unabhängigkeit zu stoppen zusammen mit der repressiven Behandlung der Pro-Unabhängigkeitspolitiker Auswirkungen auf die Bewertung: Spanien ist in Gefahr, eine "fehlerhafte Demokratie" zu werden. Nach einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung durch das Regionalparlament, hat die Zentralregierung vorübergehend die katalanische Selbstbestimmung ausgesetzt. Mehrere unabhängige Führer wurden in Untersuchungshaft genommen und stehen vor schwerwiegenden Vorwürfen, die bis zu 30 Jahre Gefängnis bedeuten könnten.

Zunahme der Polarisierung zwischen politischer Klasse und entfremdeten Wählern

In seinem Buch The Retreat of Western Liberalism meint Edward Luce, der Kern der westlichen demokratischen Krise sei, dass "unsere Gesellschaften zwischen dem Willen des Volkes und der Regierung von Experten gespalten sind": die Tyrannei der Mehrheit gegen den Club der eigennützigen Insider. Großbritannien gegen Brüssel, West Virginia gegen Washington. Daraus folge, dass die Wahl von Trump und der Austritt Großbritanniens aus der EU eine Bestätigung des Volkswillens sind.

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