3 Monate nach Aquarius-Rettung: Reward Okohs neues Leben

3 Monate nach Aquarius-Rettung: Reward Okohs neues Leben
Von Anelise Borges
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Reward Okoh ist vor drei Monaten als letzter von über 600 Schutzsuchenden von Bord des humanitären Schiffs "Aquarius" gegangen. Jetzt lebt er als Asylant in Bilbao. Euronews-Reporterin Anelise Borghes hat ihn dort erneut besucht - ein emotionales Wiedersehen.

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Mühsame Schritte auf dem Weg in ein neues Leben. Reward Okoh ist einer von 630 Insassen des privaten Rettungsschiffs Aquarius, das vor drei Monaten erst nach einer Irrfahrt über das Mittelmeer im spanischen Valencia anlegen durfte. Euronews-Reporterin Anelise Borges war die einzige Journalistin, die von Bord der Aquarius berichtete. Sie traf Reward Okoh drei Monate nach dem Landgang erneut in Valencia und der nordspanischen Stadt Bilbao.

 Am Hafen von Valencia schaut Reward Okoh auf die Kaianlage: "So wie der da oben stand ich auch da, als ich hier ankam. Dabei denke ich sofort an die Aquarius."

Anelise Borges: "Passiert Dir das öfter?"

Reward (nickend): "Es war der Beginn meines zweiten Lebens. Als wir jede Hoffnung verloren hatten, öffnete sich eine neue Tür. So etwas vergisst niemand."

Martyrium auf See

Rückblick: Umjubelt von der Besatzung, verlässt Reward Okoh als letzter der über 600 Schutzsuchenden die von SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen betriebene Aquarius. Das vorläufige Ende eines diplomatischen Streits, der mit der Sperrung italienischer Häfen für aus Seenot gerettete Migranten und Flüchtlinge begann. Auch Malta verweigerte der Aquarius die Anlandung.

Die Lage an Bord wurde vor allem für Frauen und Kinder immer strapaziöser, bis nach Tagen des Ausharrens die spanische Regierung einsprang und die Aufnahme in Valencia garantierte.

Transfer nach Bilbao

Nach der Ankunft auf dem europäischen Festland wird Reward in die baskische Stadt Bilbao überstellt, wo er Asyl beantragt. Während der Bearbeitung seines Gesuchs, die bis zu drei Jahre in Anspruch nehmen kann, werden Reward eine Unterkunft sowie Geld für Kleidung und Lebensmittel gestellt.

Außerdem bekommt der Nigerianer täglich drei Stunden Spanisch-Unterricht. Reward reicht das eigentlich nicht, er möchte gern aktiver werden. Freizeit beziehungsweise Leerlauf, so sagt er, sei sein ärgster Feind.

Reward:"Durch Herumsitzen und Nichtstun wird es langweilig. Außerdem kommen Erinnerungen hoch."

Anelise: "Was für Erinnerungen sind das?"

Reward: "An einen Freund, den ich im Gefängnis verloren habe. Er wurde festgenommen und starb später im Gefängnis."

Anelise: "In Libyen?"

Reward: " In Libyen."

Traumberuf Pilot

Viele Schutzsuchende auf der Aquarius haben seelische und körperliche Wunden unterschiedlichster Art davongetragen. Einige sind vor kriegerischen Konflikten oder Verfolgung geflohen. Andere vor Armut, Verelendung und Krankheiten. Jetzt sind sie gezwungen, sich mit einer neuen Realität auseinanderzusetzen, die oft weder ihren Vorstellungen noch ihren Hoffnungen entspricht.

Anelise:"Du hast von deinem Traum gesprochen, Pilot zu werden. Bist Du diesem Wunsch hier in Bilbao inzwischen ein kleines Bisschen nähergekommen?"

Reward: "Was soll ich sagen...dies ist der Anfang, ein erster Schritt. Hier gibt es mehr Möglichkeiten als in Afrika. Aber es kann sehr, sehr lange dauern. Vielleicht kann mein Traum wahr werden, aber ich weiß es nicht."

Die Aquarius ist erst am gestrigen Sonntag vom französischen Marseille erneut mit dem Ziel Libyen in See gestochen. Dort war das Schiff zur technischen Wartung. Es werde mindestens drei tage dauern, bis man die Such- und Rettungszone im zentralen Mittelmeer erreiche, erklärte Ärzte ohne Grenzen. Die Aquarius ist dann das einzige private Rettungsschiff, das noch in diesem Gebiet operiert. Sollte es zur Rettung von Menschen in Seenot kommmen, droht den Helfern an Bord eine ähnliche Hängepartie wie vor drei Monaten im Fall von Reward Okoh.

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