Brasilien-Wahl: China als "Elefant im Raum"

In Brasilien schickt sich Jair Bolsonaro nach den Umfragen an, nächster Präsident zu werden. Er wird der «Trump Brasiliens» genannt.
Der Ex-Militär (rechtskonservative Sozial-Liberale Partei (PSL) verunglimpft Frauen, Schwarze und Schwule, liebäugelt mit der Militärdiktatur und will hart gegen Verbrecher vorgehen. Er hat angedroht, im Falle eines Wahlsieges ebenso wie die USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszusteigen. Mit deren Konfrontationskurs gegen China dürfte es allerdings schwierig werden. Allein im vergangenen Jahr investierten chinesische Konzerne insgesamt rund 20 Milliarden Dollar in Brasilien.
Richard Lapper, britischer Journalist und Südamerika-Experte:
„In vielen Aspekten ähnelt die Bewegung hinter Bolsonaro der, die Donald Trump ins Weiße Haus gebracht hat. Ich meine, Bolsonaro wird versuchen, sich bei den Amerikanern lieb Kind zu machen. Das
Problem Brasiliens ist aber die extreme Abhängigkeit von den wirtschaftlichen Beziehungen zu China."
LULAS LANGER SCHATTEN
Bolsonaros Gegenkandidat in der Stichwahl, Fernando Haddad, hat ein schweres Paket zu tragen. Seine linke Arbeiterpartei (PT) steht für die größteSchmiergeldaffäre in der Geschichte Lateinamerikas, sein politischer Ziehvater Luiz Inácio Lula da Silva sitzt wegen Korruption im Gefängnis.
Zwar surfte Haddad auf der Lula-Welle bequem durch die erste Wahlrunde, dann aber wurde sein Mentor zur Bürde. Nachdem sich die Stimmung immer mehr gegen Lula und die korruptionsverseuchte PT richtete, versuchte der 55-Jährige, sich von seinem Vorbild zu emanzipieren.
WIRTSCHAFT
Brasiliens Bruttoinlandsprodukt BIP war 2015 (2011: 2.613; 2015: 1.799 Milliarden US-Dollar) nach einem Boom drastisch eingebrochen und hat seither das alte Niveau nicht wieder erreicht (2017: 2.055 Milliarden US-Dollar).
Hohe Wachstumsraten und solider Beschäftigungszuwachs erhöhten bis vor wenigen Jahren signifikant das globale wirtschaftspolitische Interesse an Brasilien. Dank der Explosion der weltweiten Rohstoffpreise, steigender Löhne und eines verbesserten Zugangs zu Verbraucherkrediten konnte das BIP kräftig expandieren.
Als sich vor wenigen Jahren jedoch das Ende des Wirtschaftsbooms angesichts sinkender Rohstoffpreise, steigender Verschuldung des Privatsektors und sehr niedriger Produktivität ankündigte, versuchte die Regierung, durch höhere Staatsausgaben und Subventionen das Wirtschaftswachstum künstlich hochzuhalten – mit dem Ergebnis eines dramatischen Haushaltslochs (Budgetdefizit bei ca. 10 %) und eines zunehmend erodierenden Vertrauens von Unternehmern, Investoren und Konsumenten. Brasilien erlitt eine schwere Rezession.