Was Brexit-Befürworter und -Gegner eint: Sie bekommen nicht, was sie wollen

Was Brexit-Befürworter und -Gegner eint: Sie bekommen nicht, was sie wollen
Von Bryan Carter
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Ein Euronews-Reporter fragte Leute in Großbritannien, was sie heute über den Brexit denken.

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2016 hat Großbritannien per Referendum für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Seitdem feilschen die EU und der Inselstaat um den Brexit. Welches Handelsabkommen werden die Europäische Union und das Vereinigte Königreich schließen? Kurz vor der Debatte über den Brexit-Deal erhöhte das britische Unterhaus den Druck auf Premierministerin Theresa May. Und aus Sicht des zuständigen Gutachters am Europäischen Gerichtshof könnte Großbritannien noch vom Brexit zurücktreten. Ein euronews-Reporter sprach mit Menschen an der Grenze zwischen England und Wales.

Euronews-Reporter Bryan Carter: "Seit zwei Jahren ist der Brexit ein Brennpunkt der europäischen Politik. Für Nichtbriten wie mich wirkt das Ganze ziemlich verwirrend, chaotisch, fast wie ein Fehler. Aber sehen die Leute hier das genauso? Ich bin an der Grenze zwischen England einerseits und Wales andererseits, um mit den Leuten zu sprechen, um zu hören, was sie wirklich über den Brexit denken."

Ich mache mich auf den Weg in die nächstgelegene Stadt.

Euronews: "Wir fahren jetzt Richtung Chester. Das ist eine Stadt mit etwa 100.000 Einwohnern, sie liegt ganz in der Nähe der Grenze zu Wales. Die Einwohner stimmten 2016 für den Austritt aus der EU, es war allerdings ein sehr knappes Ergebnis: 50,7 stimmten für den Austritt, die anderen stimmten für den Verbleib in der EU. Wir werden versuchen, Leute von beiden Seiten zu finden."

Brexit-Befürworter halten Skepsis für Angstmacherei

Jacky hat einen Stand auf dem traditionellen Weihnachtsmarkt von Chester. Sie stimmte vor zwei Jahren für den EU-Austritt und ist immer noch davon überzeugt, dass es die richtige Wahl war.

Euronews: "Warum haben Sie für den EU-Austritt gestimmt?"

Jacky: "Weil ich die Politiker nicht mag, ich mag die nicht gewählten Leute nicht, die uns sagen, was wir dürfen und was nicht, mit wem wir handeln können und mit wem nicht. Wir geben ihnen nur Geld, wir schmeißen ihnen das Geld hinterher und ich glaube nicht, dass wir bekommen, wofür wir bezahlt haben."

Auch der Standbesitzer nebenan bereut nicht, für den Brexit gestimmt zu haben.

Euronews: "Glauben Sie immer noch, dass es die richtige Wahl war?"

Standbesitzer: "Viele Briten glauben das, sonst hätten sie nicht dafür gestimmt. Ja, ich bin dafür."

Euronews: "Sie bereuen es nicht?"

Standbesitzer: "Nein, ich glaube, die Wirtschaft wird wachsen."

Euronews: "Die 'Bank of England' sagt etwas anderes, sie sagt, die Wirtschaft wird darunter leiden."

Standbesitzer: "Das ist nur Angstmacherei."

"Remainers" halten nicht viel von dem Brexit-Deal

Euronews: "Bisher waren alle Leute, mit denen ich gesprochen habe, für den Brexit. Es interessiert sie nicht wirklich, wie demnächst in Westminster abgestimmt wird. Und alle sind der Meinung, dass es Großbritannien nach dem Austritt aus der EU besser gehen wird. Aber ich bin immer noch auf der Suche nach Menschen, die für den Verbleib in der EU gestimmt haben."

Ich fahre an einen Ort, an dem ich laut Hinweisen "Remainers" finden werde. In dem Saal wird Linientanz geprobt. Die Leute geben mir gern Auskunft.

Euronews: "Darf ich Sie alle hier bitten, Ihre Hand zu heben, wenn Sie für den Brexit gestimmt haben. Und diejenigen, die ihre Hand gehoben haben, wer von Ihnen glaubt immer noch, dass es die richtige Wahl war?"

Euronews: "Also Sie haben dafür gestimmt, in der EU zu bleiben. Aber sie respektieren die Entscheidung der Mehrheit für den Brexit, ungeachtet des Verlaufs der Verhandlungen?"

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Frau: "Ja."

Euronews: "Trotz allem, was passiert ist?"

Frau: "Ja."

Euronews: "Glauben Sie, es ist ein guter Deal?"

Frau: "Nein, aber wir haben keine Wahl, wir müssen es akzeptieren."

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Die Meinungen sind festgefahren

Unter diesen Linientänzern hat niemand, mit dem ich sprach, seine Meinung geändert - egal wie hart der Brexit wird. Die Abspaltung Großbritanniens von der EU hat das Land in vieler Hinsicht gespalten. Und es sind die Jüngeren, so wie die Schwimmlehrerin Charlotte, die sich die meisten Sorgen um die Zukunft machen:

"Die Importquoten werden nicht sehr gut sein. Es werden Arbeitsplätze verloren gehen, die Arbeitslosigkeit wird in die Höhe schnellen. Es wird keinen Handel geben. Ich glaube einfach nicht, dass es viele positive Aspekte dabei gibt. Außer der Tatsache, dass wir dann ein unabhängiges Land sein werden."

Schimpfen über den Brexit ist auf allen Seiten ein Volkssport

Wales stimmte wie England für den Austritt aus der EU. Wie ist die Stimmung bei den Walisern? Sind sie der Meinung, dass der Brexit in die richtige Richtung geht? Die Uneinigkeit über den Brexit scheint am Abend bei einem Bier in der Kneipe auf beiden Seiten der Grenze ein Volkssport zu sein.

Mann in der Kneipe: "Das große Thema war die Einwanderung. Nicht, dass ich gegen Immigranten bin, aber es waren einfach zu viele. Dadurch gingen die Löhne runter und die Menschen in diesem Land wurden ärmer. Ich war für den Brexit. Und jetzt hat Theresa May diesen Deal ausgehandelt, aber es ist ein Kompromiss."

Anderer Mann: "Jetzt fangen die Leute an, sich Gedanken zu machen. Was wurde uns versprochen? Der Nationale Gesundheitsdienst (NHS) sollte weitere 300 Millionen pro Woche bekommen. Unsinn! Ist nie passiert! Und wird auch nie passieren!

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Die Brexit-Befürworter an diesem Tisch scheinen zu akzeptieren, dass es einen vorübergehenden wirtschaftlichen Einbruch geben wird. Aber auf lange Sicht ist der Brexit für sie immer noch der richtige Weg.

Frau: "Meiner Meinung nach wird der Anfang schwierig."

Erster Mann: "Sobald wir draußen sind, wird es in den nächsten Jahren wirklich schwierig werden, aber dann werden wir uns meiner Meinung nach berappeln und genauso handlungsfähig sein, wie wir es waren, bevor wir in der Europäischen Union waren."

In den zwei Jahren seit dem Referendum haben sich Befürworter und Gegner des Brexits nicht angenähert. Sie sind uneins, abgesehen von dem Gefühl, dass der ausgehandelte Brexit-Deal nicht das ist, was sie wollten.

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