Brasilien: Streit um 88 Prozent-Abholzungszahl

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Brasiliens Präsident Bolsonaro knöpft sich Regenwaldstatistiker vor und droht mit Entlassungen. Streit um Abholzungszahlen für das Amazonasgebiet.

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Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat gedroht, führende Mitarbeiter des mit der Überwachung des Regenwaldes betrauten staatlichen Institutes INPE zu entlassen.

Bolsonaro und sein Umweltminister Ricardo Salles werfen dem Institut vor, falsche Zahlen zur Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes veröffentlicht zu haben. "So ein Bericht, der nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt, kann Brasilien großen Schaden zufügen", erklärte der Präsident auf einer Pressekonferenz.

Regenwaldstatistiker unter Beschuss

Zwischenfrage eines Journalisten: "Werden Sie Direktoren des Instituts austauschen?"

Die Antwort Jair Bolsonaros ließ nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig: "Wenn sie das ihnen entgegengebrachte Vertrauen missbraucht haben sollten, werden sie alle gefeuert, falls möglich. Für weisungsgebundene Angestellte der Regierung gibt es keine Entschuldigung, derartig bedeutende, für Brasilien wichtige Daten zu veröffentlichen, ganz egal ob es um einen Minister geht oder um einen gewöhnlichen Beamten."

88 Prozent mehr Abholzung

Laut Regenwald-Institut ist die Abholzung des brasilianischen Regenwaldes im Juni um 88 Prozent gestiegen. Diese Zahl hatte zu weltweiten Protesten geführt. Jetzt bemüht sich Bolsonaro darum, die Arbeit der Statistiker zu diskreditieren. Doch auch innerhalb der Behörde gibt es offenbar Unstimmigkeiten hinsichtlich der verwendeten Methode und Auswertung des Zahlenmaterials.

Bei der öffentlichen Statistikerschelte geht es nicht um einen innerbrasilianischen Behördenstreit, sondern um eine Polemik, die rund um den Globus aufmerksam beobachtet wird. Das Amazonasgebiet ist zur Erhaltung des Weltklimas von absoluter Wichtigkeit.

Bolsonaro unter Druck

Der rechtsgerichtete und als Klimaskeptiker bekannte Bolsonaro hat klar gemacht, dass die wirtschaftliche Entwicklung großer Gebiete, die heute noch ganz oder teilweise von Regenwald bedeckt sind, Vorrang haben solle vor Wald- und Umweltschutz.

An der Spitze des INPE steht hingegen ein erklärter Kritiker Bolsonaros. Da die Zahlen des Regenwaldüberwachungsinstitutes international mit Interesse verfolgt werden, steht Bolsonaro unter Druck. Bei Treffen mit anderen Staats- und Regierungschefs wird ihm regelmäßig zu Verstehen gegeben, dass sich die internationale Staatengemeinschaft wegen der immer schnelleren Abholzung des brasilianischen Regenwaldes Sorgen macht, da dies das Weltklima und damit das Überleben der Menschheit gefährden könnte.

Auswirkungen auf Mercosur-Debatte

Diese Debatte spielt auch in Europa eine Rolle, da die Europäische Union ein Freihandelsabkommen mit den sogenannten Mercosur-Staaten Mittel- und Südamerikas schließen möchte, auch Brasilien gehört zur Gruppe der Vertragsstaaten.

Europäische Umweltschützer befürchten, dass die durch das Mercosur-Abkommen ermöglichte Einfuhrvereinfachung brasilianischen Rindfleisches dazu führen könnte, dass in Brasilien künftig noch schneller Axt an den Regenwald gelegt wird.

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